Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
wüßten wir nicht, daß er mit seinen Pferden hier ist? Sag ihm, du Wurm, daß ich meinen Kopf heute nacht auf seinen Leichnam betten werde. Sag ihm, daß ich seine Gemahlin zu meiner Hure machen werde und daß sie, wenn ich mit ihr fertig bin, dem Vergnügen meiner Sklaven dienen wird. Und sag diesem schnauzbärtigen Narren« – er deutete auf Cuneglas – »daß dieser Ort von heute abend an Grab der Britannier genannt werden wird. Sag ihm«, fuhr er fort, »daß
ich ihm den Bart abschneiden und ein Spielzeug für die Katzen meiner Tochter daraus machen werde. Sag ihm, daß ich aus seinem Schädel eine Trinkschale machen und seinen Bauch meinen Hunden vorwerfen werde. Und sag diesem Dämonen da« – mit dem bärtigen Kinn zeigte er auf Sagramor – »daß
seine schwarze Seele heute in Thors Schrecken eingehen und sich auf ewig im Kreis der Schlangen winden wird. Und was den da angeht« – er blickte zu Agricola hinüber – »auf seinen Tod warte ich schon lange, und die Erinnerung daran wird mich in den bevorstehenden langen Nächten erheitern. Und sag diesem Schwächling« – er spie in Richtung Meurig aus – »daß
ich ihm die Eier abschneiden und ihn zu meinem Mundschenk machen werde. Sag es ihnen allen, du Wurm.«
»Er sagt nein«, erklärte ich Cuneglas.
»Aber er hat doch mehr gesagt als das!« beschwerte sich Meurig, der nur auf Grund seines Ranges anwesend war, voll Pedanterie.
»Das werdet Ihr nicht hören wollen«, sagte Sagramor müde.
»Jede Information ist wichtig«, protestierte Meurig.
»Was reden die da, du Wurm?« fragte mich Aelle, seinen eigenen Dolmetscher ignorierend.
»Sie besprechen, wer von ihnen das Vergnügen haben wird, Euch zu töten, Lord König«, antwortete ich.
Aelle spie aus. »Sag Merlin« – der Sachsenkönig warf dem Druiden einen Blick zu – »daß ich ihn nicht beleidigt habe.«
»Das weiß er bereits, Lord König«, sagte ich, »denn er spricht Eure Sprache.« Die Sachsen fürchteten Merlin und wollten ihn selbst jetzt nicht verärgern. Die beiden sächsischen Zauberer zischten ihm ihre Flüche zu, aber das war ihre Aufgabe, und Merlin scherte sich nicht darum. Ebensowenig schien er sich für die Besprechung zu interessieren, denn er starrte erhaben in die Ferne, obwohl er Aelle nach seinem Kompliment ein Lächeln zuteil werden ließ.
Ein paar Herzschläge lang starrte Aelle mich an. Schließlich fragte er mich: »Wie heißt dein Stamm?«
»Die Dumnonier, Lord König.«
»Davor, du Dummkopf! Deine Geburt!«
»Euer Volk, Lord«, sagte ich. »Aelles Volk.«
»Dein Vater?« wollte er wissen.
»Ich habe ihn nicht gekannt, Lord. Meine Mutter wurde von Uther gefangengenommen, als ich noch in ihrem Bauch war.«
»Und ihr Name?«
Sekundenlang mußte ich überlegen. »Erce, Lord König.«
Endlich fiel mir ihr Name ein.
Als er diesen Namen hörte, lächelte Aelle. »Ein guter sächsischer Name! Erce, Göttin der Erde und unser aller Mutter. Wie geht es deiner Erce?«
»Seit ich ein Kind war, habe ich sie nicht mehr gesehen, Lord, aber ich hörte, daß sie noch leben soll.«
Nachdenklich starrte er mich an. Meurig verlangte ungeduldig zu wissen, was wir da sprachen, beruhigte sich aber schließlich, als er von niemandem beachtet wurde. »Es ist nicht gut, wenn ein Mann seine Mutter ignoriert«, sagte Aelle schließlich. »Wie heißt du?«
»Derfel, Lord König.«
Er spie auf mein Kettenhemd. »Dann solltest du dich schämen, Derfel, deine Mutter zu ignorieren. Würdest du heute auf unserer Seite kämpfen? Für das Volk deiner Mutter?«
Ich lächelte. »Nein, Lord König, aber Ihr ehrt mich sehr.«
»Möge dein Tod leicht werden, Derfel. Aber sag diesem Dreck dort« – mit dem Kopf deutete er auf die vier bewaffneten Heerführer – »daß ich kommen werde, um ihre Herzen zu verschlingen.« Ein letztes Mal spie er aus, dann machte er kehrt und schritt zu seinen Männern zurück.
»Also, was hat er gesagt?« wollte Meurig wissen.
»Er hat mit mir über meine Mutter gesprochen, Lord Prinz«, antwortete ich. »Und mich an meine Sünden erinnert.« Gott helfe mir, aber an jenem Tag war mir Aelle sympathisch.
Wir gewannen die Schlacht.
Igraine wird wollen, daß ich Näheres erzähle. Sie wünscht sich große Helden, und die gab es, aber es waren auch Feiglinge dabei, und dann gab es Männer, die vor Angst ihre Hosen beschmutzten, aber trotzdem im Schildwall standhielten. Es gab Männer, die nicht töteten, sondern sich nur verzweifelt verteidigten, und
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