Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
können, warfen sie Felle, Rüstungen und Waffen von sich. Aelle versuchte noch einen Moment lang, sie aufzuhalten, dann mußte er einsehen, daß es aussichtslos war. Er warf sein Bärenfell ab, schloß sich seinen fliehenden Männern an und entkam gerade noch zwischen den Bäumen, bevor unsere leichten Reiter ihn erreichten.
    Ich blieb bei den Verwundeten und Toten. Verletzte Hunde jaulten vor Schmerz. Culhwch hinkte mit blutendem Oberschenkel herum, doch da er nicht tödlich verwundet war, ignorierte ich ihn und kniete neben Cavan nieder. Ich hatte ihn noch nie weinen sehen, doch diese Schmerzen waren zu gräßlich, denn das Schwert des Sachsenhäuptlings war ihm mitten durch den Bauch gedrungen. Ich hielt seine Hand, wischte ihm die Tränen ab und erklärte ihm, er habe seinen Feind mit einem Gegenstoß niedergestreckt. Ob das zutraf, wußte ich nicht, und es war mir auch gleichgültig; ich wollte nur, daß Cavan es glaubte, deswegen versicherte ich ihm, er werde die Schwerterbrücke mit einem fünften Zacken an seinem Schild überqueren. »Du wirst der erste von uns sein, der in der Anderwelt eintrifft«, sagte ich, »deswegen bitte ich dich, uns einen Platz freizuhalten.«
    »Das werde ich, Lord.«
    »Und wir werden dir nachfolgen.«
    Um einen Schrei zu unterdrücken, biß er die Zähne zusammen und bog den Rücken durch. Ich legte ihm den rechten Arm um den Hals und preßte meine Wange an die seine. Ich weinte. »Sag denen in der Anderwelt«, flüsterte ich ihm ins Ohr, »daß Derfel Cadarn dich als einen tapferen Mann grüßt.«
    »Der Kessel«, keuchte er. »Ich hätte …«
    »Nein«, fiel ich ihm ins Wort, »nein!« Dann stieß er einen wimmernden Laut aus und starb.
    Ich blieb neben seinem Leichnam sitzen und wiegte mich wegen der Schmerzen in meiner Schulter und der Trauer in meiner Seele unablässig vor und zurück. Tränen rannen mir über die Wangen. Issa, der neben mir stand, wußte nicht, was er sagen sollte, also sagte er nichts. »Er wollte immer zum Sterben nach Hause zurückkehren«, sagte ich, »nach Irland.«
    Und nach dieser Schlacht, dachte ich, hätte er das mit hohen Ehren und großem Reichtum tun können.
    »Lord«, sagte Issa zu mir.
    Ich dachte, er versuche mich zu trösten, aber ich wollte keinen Trost: Der Tod eines tapferen Mannes hat unsere Tränen verdient. Deswegen ignorierte ich Issa und hielt Cavans Leichnam im Arm, während seine Seele ihre letzte Reise zur Schwerterbrücke hinter Cruachans Höhle antrat.
    »Lord!« wiederholte Issa, und irgend etwas in seinem Ton veranlaßte mich aufzublicken.
    Wie ich sah, deutete er nach London, doch als ich mich in jene Richtung wandte, konnte ich nichts erkennen, weil mir vor Tränen alles vor den Augen verschwamm. Wütend wischte ich sie ab.
    Da entdeckte ich, daß ein weiteres Heer auf dem Schlachtfeld erschienen war. Ein weiteres pelzverhülltes Heer unter Feldzeichen von Schädeln und Stierhörnern. Ein weiteres Heer mit Hunden und Äxten. Eine weitere sächsische Horde. Cerdic war gekommen.

    S päter wurde mir klar, daß all diese Listen, die wir erdacht hatten, damit Aelle uns angriff, und all das gute Essen, das wir verbrannt hatten, um ihn zum Angriff herauszufordern, verschwendet gewesen waren, denn der Bretwalda mußte gewußt haben, daß Cerdic kommen würde und daß er nicht kam, um gegen uns, sondern um gegen seinen sächsischen Mitkonkurrenten zu kämpfen. Tatsächlich hatte Cerdic den Wunsch, sich uns anzuschließen, und Aelle hatte erkannt, daß
    seine beste Chance, die vereinigten Heere zu überleben, darin bestand, zuerst Arthur zu schlagen und sich anschließend mit Cerdic zu befassen.
    Aelle verlor das Spiel. Arthurs Reiter besiegten ihn. Cerdic erschien zu spät, um in den Kampf einzugreifen, obwohl der verräterische Cerdic wenigstens einen Moment lang versucht gewesen sein muß, Arthur anzugreifen. Eine kurze, schnelle Attacke hätte uns niedergeworfen, ein Feldzug von einer Woche hätte Aelles auseinandergetriebenes Heer mit Sicherheit vernichtet, und dann wäre Cerdic Herrscher über das ganze südliche Britannien gewesen. Cerdic muß sich versucht gefühlt haben, aber er zögerte. Er hatte weniger als dreihundert Mann –
    genug, um alles zu überwältigen, was an Britanniern auf dem niedrigen Heidehügel übrig war -; doch Arthurs Silberhorn schmetterte immer und immer wieder, und diese Hornrufe genügten, um so viele der schweren, bewaffneten Reiter aus dem Wald herbeizurufen, daß sie an Cerdics Nordflanke

Weitere Kostenlose Bücher