Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
einen tapferen Auftritt inszenieren konnten. Cerdic war diesen riesigen Pferden in der Schlacht noch nie begegnet, und ihr Anblick ließ ihn lange genug innehalten, um Sagramor, Agricola und Cuneglas auf der Hügelkuppe einen Schildwall zusammenstellen zu lassen. Allerdings einen gefährlich kleinen Wall, denn die meisten von uns waren zu sehr damit beschäftigt, Aelles Krieger zu verfolgen oder sein Lager auf der Suche nach Eßbarem zu durchwühlen.
Wir auf der niedrigen Hügelkuppe machten uns zur Schlacht bereit, und die drohte gefährlich zu werden, denn unser hastig zusammengetrommelter Schildwall war wesentlich kleiner als Cerdics Schlachtreihe. Zu jenem Zeitpunkt wußten wir natürlich noch nicht, daß es sich um Cerdics Heer handelte, sondern vermuteten, daß es sich bei diesen neuen Sachsen um Aelles Verstärkung handelte, die zu spät zur Schlacht kam. Das Feldzeichen, das sie mit sich trugen – ein rot bemalter Wolfsschädel, an dem die gegerbte Haut eines Toten hing –, sagte uns nichts. Cerdics Banner bestand eigentlich aus zwei Pferdeschweifen, die kreuzweise an einem
Oberschenkelknochen auf einer Stange befestigt waren; doch seine Zauberer hatten dieses neue Symbol für ihn erdacht, das uns vorübergehend verwirrte. Weitere Männer, die nach der Verfolgung von Aelles besiegtem Restheer zurückkehrten, verstärkten unseren Wall, während Arthur seine Reiter auf den Hügel zurückführte. Auf Llamrei trabte er unsere Reihen ab, und ich erinnere mich, daß sein weißer Mantel voll Blutflecken und -streifen war. »Sie werden sterben wie die anderen!«
ermutigte er uns, als er, den blutigen Excalibur in der Hand, an unserem Wall entlangritt. »Sie werden sterben wie die anderen.«
Doch dann teilte sich diese neue sächsische Streitmacht, genau wie es Aelles Heer getan hatte, um ihre Führer durchzulassen, die nun auf uns zukamen. Drei von ihnen gingen zu Fuß, sechs dagegen kamen zu Pferde und zügelten ihre Tiere, um mit den anderen drei Schritt zu halten. Einer der Männer zu Fuß trug das grausige Wolfsschädelfeldzeichen, dann hob einer der Reiter ein zweites Banner, und ein verblüfftes Aufkeuchen ging durch unsere Reihen. Daraufhin riß Arthur sein Pferd herum und starrte entgeistert auf die sich nähernden Männer.
Denn dieses neue Banner zeigte einen Seeadler mit einem Fisch in den Klauen: Lancelots Feldzeichen. Und jetzt sah ich auch, daß Lancelot selbst zu den sechs Reitern gehörte. Er war prächtig gekleidet in seine weißemaillierte Rüstung und den Schwanenhelm. Neben ihm ritten Arthurs Zwillingssöhne Amhar und Loholt, ihnen folgten Dinas und Lavaine in ihren Druidengewändern. Ade, Lancelots rothaarige Geliebte, trug das Banner des silurischen Königs.
Sagramor war zu mir getreten und schaute mich an, um sich zu vergewissern, daß ich dasselbe sah wie er. Dann spie er verächtlich auf die Heide. »Ist Malla in Sicherheit?« fragte ich ihn.
»In Sicherheit und unverletzt«, gab er zurück, erfreut darüber, daß ich gefragt hatte. Er wandte sich zu dem näher kommenden Lancelot um. »Versteht Ihr, was da passiert?«
»Nein.« Das tat keiner von uns.
Arthur steckte Excalibur in die Scheide und wandte sich an mich. »Derfel!« rief er, weil er mich als Dolmetscher brauchte, und winkte die anderen Anführer zu sich. Lancelot löste sich aus der herannahenden Delegation und spornte sein Pferd freudig erregt unseren Hang empor.
»Verbündete!« hörte ich Lancelot rufen. Dann winkte er den Sachsen zu. »Verbündete!« rief er abermals und zügelte sein Pferd direkt neben Arthur.
Arthur schwieg. Er saß still auf seinem Pferd, während Lancelot Mühe hatte, seinen mächtigen Rappen zu bändigen.
»Verbündete!« sagte Lancelot ein drittes Mal. »Es ist Cerdic!«
setzte er erregt hinzu und deutete auf den Sachsenkönig, der gemächlich auf uns zugeschritten kam.
»Was habt Ihr getan?« fragte Arthur ruhig.
»Ich habe Euch Verbündete gebracht!« verkündete Lancelot munter. Sein Blick fiel auf mich. »Cerdic hat einen eigenen Dolmetscher«, sagte er wegwerfend.
»Derfel bleibt!« fuhr Arthur unvermittelt und mit furchtbarem Zorn in der Stimme auf. Dann fiel ihm ein, daß
Lancelot ein König war, und er seufzte. »Was habt Ihr getan, Lord König?« fragte er abermals.
Dinas, der mit den anderen Reitern vorausgeritten kam, war töricht genug, an Lancelots Stelle zu antworten. »Wir haben Frieden geschlossen, Lord!« sagte er mit seiner dunklen Stimme.
»Fort!« brüllte Arthur.
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