Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
Mit seinem Zorn erschreckte und verwirrte er das Druidenpaar. Die beiden hatten Arthur immer nur als gelassenen, geduldigen, friedliebenden Menschen erlebt und niemals vermutet, daß er einen so heftigen Zorn in sich bergen könnte. Dieser Zorn war zwar nichts gegen die Wut, von der er im Lugg Vale besessen war, als der sterbende Gorfyddyd seine Guinevere als Hure bezeichnete, war aber dennoch fürchterlich. »Fort!« schrie er Tanaburs’ Enkel an.
»Dieses Treffen ist nur für Lords. Und ihr ebenfalls!« Damit zeigte er auf seine Söhne. »Fort!« Er wartete, bis sich sämtliche Gefolgsleute Lancelots zurückgezogen hatten, und wandte sich dann wieder dem Silurierkönig zu. »Was habt Ihr getan?«
fragte er zum dritten Mal in verbittertem Ton.
Lancelot erstarrte vor beleidigter Würde. »Ich habe Frieden geschlossen«, antwortete er scharf. »Ich habe verhindert, daß
Cerdic Euch angreift. Ich habe getan, was ich konnte, um Euch zu helfen.«
»Ihr habt etwas anderes getan«, sagte Arthur mit zorniger Stimme, aber so leise, daß niemand von Cerdics näher kommendem Gefolge ihn hören konnte. »Ihr habt Cerdics Schlacht geschlagen. Wir haben Aelle fast vollständig besiegt, und was bedeutet das für Cerdic? Es bedeutet, daß er doppelt so mächtig ist wie zuvor. Das bedeutet es! Die Götter mögen uns helfen!« Damit warf er Lancelot seine Zügel zu – eine unterschwellige Beleidigung –, sprang vom Rücken seines Pferdes, zog seinen blutbesudelten Mantel zurecht und trat den Sachsen hoheitsvoll gegenüber.
Ich begegnete Cerdic zum ersten Mal, aber obwohl ihn alle Barden als einen Teufel mit gespaltenen Hufen und dem Biß
einer Schlange hingestellt hatten, war er in Wirklichkeit ein kleiner, zierlicher Mann mit schütterem, blondem Haar, das er aus der Stirn gekämmt und im Nacken zum Knoten geschürzt trug. Er war sehr hellhäutig, hatte eine breite Stirn, eine scharfe Nase und ein schmales, glattrasiertes Kinn. Seine Lippen waren schmal und seine Augen blaß wie morgendunstiges Wasser. Aelle konnte man jedes Gefühl vom Gesicht ablesen, aber bei Cerdic war ich auf den ersten Blick überzeugt, daß seine Selbstbeherrschung es ihm nicht gestatten würde, seine Gedanken zu verraten. Er trug einen römischen Brustpanzer, eine enge, karierte Hose aus Wolle und einen Umhang aus Fuchspelz. Er wirkte sauber und adrett, und ohne das Gold an Hals und Handgelenken hätte ich ihn für einen Schreiber gehalten. Nur seine Augen paßten nicht zum Bild eines Beamten, denn diesen Augen entging nicht das geringste, während sie selbst nichts verrieten. »Ich bin Cerdic«, stellte er sich mit sanfter Stimme vor.
Arthur trat einen Schritt beiseite, damit Cuneglas sich vorstellen konnte, dann verlangte Meurig, ebenfalls an der Konferenz teilzunehmen. Cerdic warf einen Blick auf die beiden Männer, stufte sie als unwichtig ein und richtete den Blick wieder auf Arthur. »Ich bringe Euch ein Geschenk«, sagte er und streckte die Hand nach dem Häuptling aus, der ihn begleitete. Der Mann zog einen Dolch mit goldenem Griff hervor, den Cerdic Arthur überreichte.
»Dieses Geschenk«, übersetzte ich Arthurs Erwiderung,
»sollte unserem Lord König Cuneglas zukommen.«
Cerdic legte die blanke Klinge in seine Linke und schloß die Finger darum. Sein Blick ließ Arthurs keine Sekunde los, und als er die Hand wieder öffnete, befand sich Blut auf der Klinge.
»Dieses Geschenk ist für Arthur bestimmt«, erklärte er. Arthur nahm es an. Er war ungewohnt nervös.
Möglicherweise befürchtete er, daß der blutige Stahl irgendeinen Zauber barg oder daß ihn die Annahme des Geschenks zum Komplizen von Cerdics Ambitionen machte.
»Sagt dem König«, wies er mich an, »daß ich kein Geschenk für ihn habe.«
Cerdic lächelte. Es war ein frostiges Lächeln, und ich stellte mir vor, daß so wohl ein Wolf auf ein verirrtes Lamm wirken müsse. »Sagt Lord Arthur, daß er mir das Geschenk des Friedens gemacht hat«, forderte er mich auf.
»Aber angenommen, ich wähle den Krieg?« fragte Arthur trotzig. »Hier und jetzt?« Er deutete auf die Hügelkuppe, wo sich noch mehr von unseren Speerkämpfern versammelt hatten, so daß sich ihre Anzahl mit Cerdics jetzt zumindest messen konnte.
»Sagt ihm«, befahl mir Cerdic, »daß dies nicht alle meine Männer sind.« Er wies auf seinen Schildwall, dessen Männer uns beobachteten. »Und sagt ihm auch, daß König Lancelot mir in Arthurs Namen Frieden gebracht hat.«
Als ich Arthur dies erklärte,
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