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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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nicht, daß er anderen immer gern etwas vorgespielt hat, und in jenen Jahren hat er uns den alten, sterbenden Mann vorgespielt. Darunter aber, wo niemand es sah, lauerte jene Macht, die ihn niemals verließ. Allerdings wurde er wirklich alt und mußte mit seiner Macht haushalten. Er wartete auf die Zeit, da der Kessel aus seinem Versteck geholt werden würde. Er wußte, daß er seine Macht dann brauchen würde; aber bis dahin genügte es ihm, daß Nimue die Flamme hütete.«
    »Und was geschah?« wollte Igraine aufgeregt wissen. Ich wickelte den Ärmel meiner Kutte um den Stumpf meines Handgelenks. »Wenn Gott mich leben läßt, Lady, werde ich es Euch erzählen«, sagte ich und weigerte mich, mehr hören zu lassen. Bei der Erinnerung an jene letzte blindwütige Demonstration von Merlins Macht in Britannien war ich den Tränen nahe, doch dieser Augenblick greift meiner Erzählung weit, weit voraus. Weit über jene Zeit hinaus, in der sich Nimues Voraussage über Könige, die nach Cadarn kommen, bewahrheiten sollte.
    »Wenn Ihr es mir nicht erzählen wollt«, maulte Igraine,
    »werde ich Euch meine Neuigkeiten auch nicht erzählen.«
    »Ihr seid schwanger«, sagte ich, »und ich freue mich unendlich für Euch.«
    »Ihr seid ein Teufel, Derfel!« protestierte sie. »Ich wollte Euch überraschen!«
    »Ihr habt dafür gebetet, Lady, und ich habe für Euch gebetet
    – wie könnte Gott all unsere Gebete nicht erhören?«
    Sie schnitt eine Grimasse. »Gott hat Nwylle die Pocken geschickt, das hat er getan. Über und über war sie mit Flecken, Geschwüren und Eiter bedeckt – so schlimm, daß der König sie weggeschickt hat.«
    »Das freut mich für Euch.«
    Sie berührte ihren Bauch. »Ich hoffe nur, daß er einst herrschen wird, Derfel.«
    »Er?«
    »Er!« antwortete sie energisch.
    »Dann werde auch ich dafür beten«, erklärte ich fromm. Aber ob ich zu Sansums Gott oder zu den heidnischen Göttern Britanniens beten werde, weiß ich noch nicht. So viele Gebete wurden während meiner Lebenszeit gesprochen, so unzählig viele, und wohin hat mich das alles geführt? In dieses feuchte Refugium in den Hügeln, während unsere Feinde von früher in unseren uralten Hallen singen. Doch dieses Elend liegt ebenfalls noch weit voraus, und die Geschichte von Arthur ist noch längst nicht abgeschlossen. In gewisser Weise hat sie gerade erst begonnen, denn nun, nachdem er seinen glanzvollen Posten verlassen und die Macht Mordred übergeben hatte, kamen die Zeiten, da alle auf die Probe gestellt wurden, und wie sich herausstellte, war es vor allem er, der auf die Probe gestellt wurde: Arthur, mein Herr der Eide, mein harter Lord, und doch mein Freund bis in den Tod.

    Anfangs geschah gar nichts. Wir hielten den Atem an und machten uns auf das Schlimmste gefaßt, doch nichts geschah. Wir machten Heu, dann schnitten wir den Flachs und legten die faserigen Stengel in die Röstteiche, so daß unsere Dörfer noch wochenlang stanken. Wir ernteten die Roggen-, Gersten-und Weizenfelder ab, dann lauschten wir den Sklaven, die auf dem Dreschboden ihre Lieder sangen, oder den endlos sich drehenden Mahlsteinen. Das Erntestroh benutzten wir zur Reparatur der Reetdächer, so daß auf unseren Dächern eine Zeitlang viele goldene Flecken in der Spätsommersonne glänzten. Wir pflückten die Obstgärten leer, hackten das Feuerholz für den Winter und ernteten die Weidenruten für die Korbmacher. Wir aßen Brombeeren und Nüsse, räucherten die Bienen aus ihren Körben und preßten ihren Honig in Säckchen, die wir vor das Küchenfeuer hängten, wo wir in der Nacht vor Samhain Lebensmittel für die Toten hinterlegten. Die Sachsen blieben in Lloegyr, an unseren Gerichtshöfen wurde Recht gesprochen, Jungfrauen wurden vermählt, Kinder wurden geboren, und Kinder starben. Das schwindende Jahr brachte uns Nebel und Frost. Das Vieh wurde geschlachtet, und der Gestank der Röstteiche wich dem widerlichen Geruch der Gerbgruben. Das neu gewebte Leinen wurde in Fässern gebeucht, die mit Holzasche, Regenwasser und dem Urin gefüllt waren, den wir das Jahr über gesammelt hatten. Die Wintersteuern wurden gezahlt, und zur Wintersonnenwende schlachteten wir Mithrasjünger bei unserem alljährlichen Festmahl, mit dem wir die Sonne ehrten, einen Stier, während die Christen am selben Tag die Geburt Gottes feierten. Zu Imbolc, dem großen Fest der kalten Jahreszeit, speisten wir zweihundert Seelen in unserer Halle, sorgten dafür, daß auf dem Tisch drei Messer für

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