Asche und Phönix
Elodie, schob die Ränder unter ihren Körper und packte sie bis zum Hals darin ein.
Ash schloss die Zimmertür von innen, trat neben Parker und schob einen Arm um seine Taille. Elodie weinte leise, Flavien redete flüsternd auf sie ein. Er hätte die Sprache der Sukkubi und Inkubi benutzen können, aber er redete Französisch.
Ash konnte Parker ansehen, dass er mit sich rang. »Tut mir leid«, sagte er schließlich. »Wirklich.«
Flavien flüsterte Elodie wieder etwas zu, sie antwortete leise, zog die Nase hoch und hob eine Hand, um sich Tränen aus den Augen zu wischen. Blinzelnd sah sie zu Parker und Ash herüber.
»Er lebt in …«, begann sie, stockte, weil ihre Stimme so krächzte, und versuchte es noch einmal. »Er lebt auf Cap Ferrat …«
Ash hatte keine Ahnung, ob das gleich um die Ecke oder in Französisch-Guayana lag, aber sie konnte spüren, wie sich Parkers Oberkörper spannte. Hoffentlich ein gutes Zeichen.
»Wir brauchen seinen Namen«, sagte er. »Nineangels wahren Namen … oder den, den er heute benutzt.«
»Levi.« Elodies blondes Haar hing ihr nass und strähnig ins Gesicht, ihre Augen waren kaum zu sehen. »Kenneth Levi.«
Parker sah zu Ash herüber, als hätte ihr dieser Name irgendetwas sagen müssen. Dann blickte er zurück zu dem Sukkubus. » Der Kenneth Levi?«
»Haut jetzt ab«, sagte Flavien, ohne sich zu ihnen umzudrehen. Er rieb Elodies Rücken unter der Decke trocken und küsste ihr Gesicht. »Verschwindet einfach. Ihr habt doch, was ihr wolltet.«
Ash löste sich von Parker und nahm ihn bei der Hand. »Komm«, sagte sie leise.
Der Kleiderschrank stand noch immer offen. In den Fächern lagen Elodies Sachen, sorgfältig gebügelt und gefaltet. Ashs Batikbluse war durchnässt und mit der schleimigen Substanz besudelt. Noch einmal sah sie kurz zu dem Mädchen hinüber.
»Darf ich?«, fragte sie und deutete auf einen Stapel T-Shirts.
Elodie zuckte gleichgültig mit den Schultern. Ash zog sich die Bluse über den Kopf, nahm wahllos das oberste Stück vom Stapel und schlüpfte hinein. Es war ein enges schwarzes Top und passte wie angegossen. Ihre Bluse warf sie in den Papierkorb.
»Danke. Dafür und für den Namen.«
Auch Parker schien etwas sagen zu wollen, schwieg dann aber lieber. Ash verspürte eine tiefe Scham. Sie hatten Elodie in einem Augenblick erlebt, der mehr als nur intim gewesen war. Das Mädchen, der Sukkubus, war entblößter und nackter gewesen, als ein Mensch es je sein konnte.
»Gehen wir.« Sanft zog sie Parker zum Ausgang.
Auf dem Korridor schlossen sie die Tür hinter sich. Sie sprachen kein Wort, bis sie das Hotel verlassen hatten.
50.
Libatique sieht zu, wie Royden den Wagen in einem Felsspalt verschwinden lässt. Der weiße Rolls-Royce scheint zu stocken wie ein lebendes Wesen, das nicht begreifen kann, warum es derart würdelos entsorgt wird; dann aber rollt er über die Kante und donnert in die Tiefe. Eine Staubwolke erhebt sich hinter dem roten Gestein, danach herrscht Ruhe.
Royden kehrt zu Libatique zurück. Sein Haar ist schmutzig und verklebt. Er riecht schon wenige Stunden nach seinem Tod schlechter als Guignol nach mehreren Wochen. Die Macht, die ihn am Leben hält, verlangsamt den Verfall, aber sie erzieht ihn nicht zu Reinlichkeit. Libatique setzt darauf, dass sie den Jungen bald finden werden und er seinen Diener beseitigen kann. Bis dahin muss er mit der Gesellschaft dieses Wüstlings leben. An der nächsten Tankstelle wird er einige Duftspender besorgen, außerdem Erfrischungstücher, damit Royden sich die Überreste des Blinden vom Gesicht wischen kann.
Allerdings hat er auch seine guten Seiten. Immerhin hat er ihnen einen neuen, unauffälligeren Wagen besorgt – einen schwarzen Bentley, geräumig und schnell genug für ihre Zwecke. Er steht unten an der Küstenstraße auf einem Parkplatz, nur ein Stück den Weg hinunter. Die Leiche des Besitzers liegt im Kofferraum neben der Ladung, die Royden aus dem Rolls-Royce in das neue Fahrzeug hinüberschaffen musste. Sie werden den Toten bald loswerden, aber nicht hier. Zu viele Privathubschrauber an dieser Küste.
Der neue Wagen ist nötig geworden, weil die Limousine in der Nähe der Cale-Villa gesehen wurde. Eine Gruppe Kindergartenkinder mit ihrer Betreuerin hat den Rolls-Royce an einer Ampel bewundert. Vielleicht hätte Libatique dieses Dorf, Plan-de-la-Tour, ebenfalls dem Erdboden gleichmachen sollen. Aber er kann nicht die ganze Welt verwüsten, nur um seine Spuren zu
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