Assassin's Creed: Der geheime Kreuzzug (German Edition)
gefesselt hatte, und wie jedermanns Aufmerksamkeit dort unten richtete sich auch die ihre auf die Stufen, die zur Kathedrale hinaufführten.
Er ließ Maria nicht aus den Augen, achtete aber darauf, dass ihn niemand auf dem Dach über dem Vorplatz entdeckte. Unten nahm Osman auf der Treppe Aufstellung, wobei er sich ein wenig links hielt, damit Platz für Armand Bouchart blieb, der auf die Stufen heraustrat.
Wie schon bei de Sable schien auch bei der Wahl von Bouchart sein stattliches Aussehen eine mindestens ebenso große Rolle gespielt zu haben wie seine Führungsqualitäten. Er trug volle Rüstung, doch schien sie ihm keine Last zu sein und ihn nicht in seinen Bewegungen zu behindern. Er war kahlköpfig, seine Stirn wölbte sich vor und beschattete seine Augen. Die eingesunkenen Wangen verliehen seinem Gesicht einen leichenhaften Ausdruck.
„Ein schmutziger Mord hat meinen Orden erschüttert“, rief er mit einer Stimme, die ihm die Aufmerksamkeit eines jeden Einzelnen auf dem Platz sicherte. „Der gute Rote Frederick … tot. Ihm, der Gott und dem Volk von Zypern ehrenhaft diente, soll mit der Klinge eines Mörders Tribut gezollt werden? Wer unter euch wird mir den ausliefern, der für diese ruchlose Tat verantwortlich ist?“
Kein Wort war aus der Menge zu vernehmen, nur das verlegene Scharren von Füßen und das Rascheln von Stoff. Altaïrs Blick wanderte von den versammelten Menschen zurück zu Bouchart, dessen Gesicht sich dunkel verfärbte.
„Feiglinge!“, brüllte er. „Ihr lasst mir keine andere Wahl, als diesen Mörder selbst aufzuscheuchen. Hiermit gewähre ich meinen Männern Immunität, bis diese Ermittlungen abgeschlossen sind.“
Altaïr sah, wie Osman unbehaglich auf der Stelle trat. Für gewöhnlich zeigte sein Gesicht einen amüsierten, verschmitzten Ausdruck. Jetzt allerdings schaute er besorgt drein, als er vortrat, um das Wort an den Ordensführer zu richten. „Bouchart … Die Bürger sind bereits beunruhigt. Vielleicht ist das keine so gute Idee.“
Bouchart wandte sich von seinem Wachhauptmann ab. Sein Gesicht verzog sich zuckend zu einer Grimasse furchtbarer Wut. Er war es nicht gewöhnt, dass man seine Befehle infrage stellte, das war offensichtlich. Aber ob er es als Ungehorsam auslegte oder nicht …
In einer einzigen Bewegung zog er sein Schwert und stieß es Osman in den Bauch.
Mit einem Aufschrei, der über den Platz hallte und jedermann erstarren ließ, klappte der Hauptmann zusammen und kippte zu Boden, die Hände auf den Bauch gepresst. Einen Moment lang krümmte er sich noch auf den Stufen, dann war er tot. Sein letzter rasselnder Atemzug klang überlaut in der von Entsetzen geprägten Stille, die wie eine erstickende Decke über der Menge lag. Altaïr zuckte zusammen, als hätte das Schwert ihn getroffen. Natürlich hatte er Osman nicht besonders gut gekannt. Aber soweit er ihn beurteilen konnte, hatte er ihn doch gemocht. Wieder war ein guter Mann einen sinnlosen Tod gestorben.
Bouchart griff nach unten und wischte seine Klinge am Arm von Osmans Tunika sauber. „Wenn noch jemand Einwände hat, fordere ich ihn auf vorzutreten.“
Der Leichnam des Hauptmanns regte sich leicht, einer der Arme glitt unter dem Leib hervor und die Stufen hinunter. Osmans blicklose Augen stierten in den Himmel hinauf.
Niemand hatte Einwände.
Dann erscholl plötzlich ein Ruf aus dem Munde Marias, die sich aus dem Griff ihrer beiden Bewacher befreit hatte und nun zur Treppe rannte, wo sie sich vor dem Führer der Templer auf die Knie warf.
„Armand Bouchart“, rief sie.
Bouchart lächelte zwar, als er sie erkannte. Aber es war kein Lächeln, wie man es sah, wenn sich zwei Freunde trafen. „Ah“, höhnte er, „eine alte Kollegin.“ Er schob das Schwert zurück in den Gürtel.
„Bouchart“, sagte Maria, „ein Assassine ist nach Zypern gekommen. Mir ist die Flucht gelungen, aber er kann nicht weit hinter mir sein.“
Altaïr verspürte einen Stich durchs Herz. Er hatte gehofft … Nein. Es war ein Fehler gewesen, den Gedanken auch nur in Worte zu kleiden. Sie war in erster Linie eine Templerin. Und das würde sie immer sein. Ihre Treue galt ihnen.
„Maria, ich staune!“, sagte Bouchart in munterem Ton. „Das wäre dann ja schon Eure zweite wundersame Flucht aus der Gefangenschaft der Assassinen, nicht? Einmal, als de Sable das Opfer sein sollte, und nun noch einmal, hier, auf meiner Insel.“
Altaïr sah, wie sich in Marias Miene Verständnislosigkeit mit Panik
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