Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Atlan 09 - Illochim 03 - Der Traum des Navigators

Atlan 09 - Illochim 03 - Der Traum des Navigators

Titel: Atlan 09 - Illochim 03 - Der Traum des Navigators Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Schäfer
Vom Netzwerk:
antwortete der Arzt bedrückt. »Der Junge hält sich tapfer, aber ich sage Ihnen offen und ehrlich wie es ist: Wenn nicht ein Wunder geschieht, wird er die Woche nicht überleben. Sofern ich mit den bescheidenen Mitteln, die mir zur Verfügung stehen, überhaupt eine halbwegs brauchbare Diagnose stellen kann, würde ich sagen, dass der Pilz so gut wie alle lebenswichtigen Organe befallen hat. Er bildet mikroskopisch kleine Fäden aus, die sich durch das Gewebe schieben und dabei Sporen freisetzen. Ich kann zudem nicht ausschließen, dass sich die kleinen Biester über die Luft verbreiten und möchte deshalb noch einmal nachdrücklich empfehlen, die Kranken zu isolieren. Andernfalls riskieren wir eine Epidemie oder doch zumindest eine beschleunigte Ausbreitung der Infektion.«
    »Isolation«, seufzte Adrian. »Sie wissen, was das bedeuten würde, Doc. Das Kollektiv wäre damit endgültig zerstört.«
    »Ist es das nicht längst, Ad?«, warf Elvia daHuck ein. »Wenn Maurice tatsächlich stirbt, dann werden die anderen Infizierten zu Aussätzigen. Die Gruppe wird sie als Gefahr einstufen und früher oder später entsprechend handeln. Der Doc hat recht. Wir dürfen nicht länger warten.«
    »Und was schlägst du vor?«, fragte Adrian gereizt. »Soll ich Maurice und die anderen einfach zurücklassen? Soll ich ihnen sagen, dass es mir leid tut, aber dass ich keine andere Wahl habe, als sie dem Wohl der Allgemeinheit zu opfern?«
    »Niemand macht dir einen Vorwurf«, erwiderte Elvia gefasst. »Aber du bist immer noch der Kommandant. Die Leute hören auf dich. Wenn einer diese Entscheidung treffen kann, dann bist du es.«
    Adrian Deubtar presste die Lippen zusammen. Wie so oft sprach Elvia auch die unbequemen Wahrheiten aus. Bislang hatte er noch gehofft, dass sich die Pilzinfektion von allein erledigte, dass die natürlichen Abwehrkräfte von O’Bannon und den anderen ausreichten, um der Krankheit Herr zu werden. Diese Hoffnung war spätestens mit dem ersten Toten endgültig zerstört.
    »Wie sieht es bei den Vorräten aus, Lukas?«, fragte er.
    »Bei strenger Rationierung«, antwortete der Angesprochene, »reichen die Konzentrate noch sechs, maximal sieben Tage. Danach müssen wir von dem leben, was uns Interlude bietet, und das ist – wenn Sie mir die Bemerkung gestatten, Sir – nicht gerade viel.«
    »Monique«, wandte sich Adrian an die Chefwissenschaftlerin. »Hält deine Gruppe so lange durch?«
    »Hat sie eine andere Wahl? Es sind nicht der Hunger, die Kälte und die Erschöpfung, die den Leuten den Mut nehmen. Es ist diese verfluchte Eintönigkeit. Sie marschieren Tag für Tag durch die ewig gleiche Felswüste und haben dabei mehr und mehr das Gefühl, dass sich daran nichts ändern wird. Es gibt kein Ziel, keine Hoffnung, keinen Garten Eden, den man in Besitz nehmen könnte, wie weit er auch immer entfernt sein mag. Sie verlieren den Glauben.«
    Eine halbe Stunde später beendete Adrian die Besprechung. Während sich die Teilnehmer nach und nach zerstreuten, um die Vorbereitungen für die Nacht zu treffen, blieb Elvia sitzen, bis alle anderen gegangen waren. Verstohlen musterte er die zierliche Pilotin. Täuschte er sich, oder wies ihr Bauch bereits eine schwache Wölbung auf? Nein, er musste sich irren; dazu war es noch zu früh.
    Nach einer Weile kam Elvia zu ihm herüber, ließ sich neben ihm zu Boden sinken und legte die Arme um ihn. Er zog sie zu sich heran, legte seinen Kopf an den ihren.
    »Weißt du noch?«, hörte er Elvias leise Stimme direkt neben seinem Ohr. »Das Tamoas in Atlan Village? Dort hast du bei unserem ersten gemeinsamen Abend versucht, mich mit Managara betrunken zu machen.«
    »Du verdrehst die Tatsachen«, erwiderte Adrian und brachte tatsächlich ein Lächeln zustande.
    »Du hast einen Cocktail nach dem anderen bestellt, um mit dem Kellner zu flirten, und warst beleidigt, weil der dich ignoriert hat.«
    »Ich hatte schon immer eine Schwäche für Arkoniden.«
    »Warum hast du dann mich genommen?«, fragte der Kommandant.
    »Weil du mich nicht ignorierst hast.«
    »War das der einzige Grund?«
    »Einer von vielen«, flüsterte Elvia und küsste ihn. Als sich ihre Lippen wieder voneinander lösten, stieß sie ein kurzes Kichern aus und kratzte sich an der Nase.
    Er schüttelte den Kopf. »Was?«
    »Die Enthaarungscreme verliert langsam ihre Wirkung«, entgegnete Elvia. »Du bekommst einen Bart.«
    »Daran wirst du dich wohl gewöhnen müssen«, sagte er.

 
    Kapitel 9
     
     
    4. Mai

Weitere Kostenlose Bücher