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Auf dem Zeitstrom

Auf dem Zeitstrom

Titel: Auf dem Zeitstrom Kostenlos Bücher Online Lesen
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schrie plötzlich: »He, du – verschwinde! Wenn du nicht sofort einen Rückzieher machst, rufe ich Joe Miller! Und der erste andere Mann, der Sam aufzuhalten versucht, kriegt von mir höchstpersönlich eine Kugel zwischen die Augen!«
    Sam wandte sich um. Lothar hielt seine Pistole in der Hand. Ihre Mündung war auf John gerichtet, der nun deutlich blasser wurde. Er riß die Augen entsetzt auf. Sogar deren Iris schien heller zu werden.
    Erst später wünschte Sam sich, Lothar hätte in diesem Augenblick die Gelegenheit genutzt und geschossen. Auch wenn die einhundert Pistoleros John treu ergeben waren – sie hätten möglicherweise doch nicht das Feuer erwidert, wenn ihr Führer den ersten Schuß nicht überlebt hätte. Immerhin wurden sie von mehreren hundert Männern und Frauen umringt, die John nicht mochten und noch ganz unter dem Schock des Gemetzels standen. Vielleicht hätten sich Johns Männer zurückgehalten. Und selbst wenn sie es nicht getan hätten, hätte Sam noch die Chance gehabt, sich zu Boden zu werfen und ihren Kugeln zu entgehen. Aber es war müßig, darüber zu spekulieren.
    Und außerdem hatte es keinen Zweck, sich Selbstvorwürfe zu machen: Schließlich hatte er Lothar keine Anweisung dieser Art gegeben.
    Sam wurde klar, daß er jetzt ein Exempel statuieren mußte: Wenn er John so einfach davonkommen ließ, würde er nicht nur den Respekt der Leute verspielen, sondern auch sich selbst nicht mehr in die Augen blicken können. Ebenso gut konnte er die Konsulswürde gleich abgeben. Dann war es mit seinem Schiff auf alle Fälle aus.
    Langsam drehte Sam den Kopf, ohne John jedoch auch nur den kleinsten Moment aus seinem Blickwinkel zu verlieren. Er sah Livys helles Gesicht und ihre dunklen Augen. Sie sah aus, als stehe sie kurz davor, sich zu übergeben. Sam ignorierte sie und rief Cyrano de Bergerac, der sich – das gezogene Rapier in der Hand – in seiner unmittelbaren Nähe aufhielt.
    »Hauptmann de Bergerac!« rief er und deutete auf John. »Nehmen Sie den Mitkonsul fest!«
    Obwohl John eine Pistole in der Hand hielt, schien er es nicht zu wagen, die Mündung anzuheben.
    Mit milder Stimme sagte er: »Ich protestiere. Ich habe diesen Leuten befohlen, das Land sofort wieder zu verlassen, und sie weigerten sich. Ich warnte sie – und sie weigerten sich immer noch. Also ordnete ich an, sie zu erschießen. Was ist denn daran so tragisch? Morgen werden sie doch wieder am Leben sein.«
    Cyrano marschierte auf John zu, hielt an, salutierte und sagte: »Ihre Waffe, Sire.«
    Zaksksromb knurrte und hob seinen Knüppel.
    »Nein, Zak«, sagte John Lackland. »Aufgrund der Charta ist es möglich, daß ein Konsul den anderen festnehmen läßt, wenn er glaubt, daß dieser sich nicht der Charta gemäß verhalten hat. Ich werde nicht lange im Arrest sein.«
    Er gab Cyrano die Pistole mit dem Griff zuerst, dann legte er seinen Gürtel ab und händigte ihn ebenfalls aus. In den beiden Scheiden baumelten ein langes Messer und ein Kurzschwert.
    »Während der Rat über mein Schicksal beschließt, werde ich mich in meinen Palast zurückziehen«, verkündete er.
    »Was die Bestimmungen betrifft, muß der Rat innerhalb einer Stunde zusammentreten und nach einer weiteren seine Entscheidung bekannt geben, solange er nicht durch einen nationalen Notstand an der Ausübung seiner Tätigkeit gehindert wird.«
    Dann ging er. Cyrano folgte ihm. Johns Männer zögerten zunächst, dann schlossen sie auf einen brüllend ausgestoßenen Befehl Zaksksrombs auf und marschierten auf Johns Palast zu. Sam starrte ihnen nach. Er hatte größeren Widerstand erwartet. Plötzlich wurde ihm klar, daß John es darauf anlegte, ihn zu einer Entscheidung zu zwingen, wenn er es vermeiden wollte, sein Gesicht zu verlieren. Der Ex-König kannte ihn zu gut. Er war sicher, daß Sam kein Interesse daran hatte, eine Entscheidung zu treffen, die das Land in einen Bürgerkrieg stürzen konnte. Und den würde er bekommen, wenn er John von der Macht fernhielt. Adieu, mein Schiff.
    John überließ die Sache also ihm alleine. Er wollte es nicht auf eine Kraftprobe ankommen lassen, jedenfalls nicht jetzt. Im Moment war sein Blutdurst gestillt. Wenn die Ratsversammlung zusammentrat, würde das Ergebnis besagen, daß John innerhalb seiner Rechte gehandelt hatte. Moralisch natürlich nicht, obwohl seine Speichellecker auch darauf bestehen würden. Wie man die Sache auch drehte und wendete, die Chancisten würden am nächsten Tag wieder unter den Lebenden

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