Auf den Wogen des Glücks
seiner kühnen Berechnung, seinem ausgeprägten Stolz und seinen niederen Sexualinstinkten! Er hatte vorhin alles andere als erfreut über die Eheschließung gewirkt. Als Hassan den Raum gestürmt hatte, hatte Nicholas ausgesehen, als wäre er zu einem Akt des Wahnsinns bereit gewesen. Wie stark musste seine Selbstbeherrschung gewesen sein, dass er nichts gesagt oder getan hatte, um mit ihm über eine mögliche Milderung seiner Strafe zu verhandeln. Etwas befohlen zu bekommen war so wider seine Natur. Genau wie Flehen. Er musste anderweitige Pläne verfolgen, die mit allergrößter Sicherheit vorsahen, sie auf das nächste nach England segelnde Schiff zu setzen und sie so schnell wie möglich loszuwerden. Einst hatte er ihr erzählt, dass er während seines ganzen Lebens alles in seiner Macht Stehende getan hatte, um sich nicht mit Jungfrauen einlassen zu müssen. Wie dumm war sie nur gewesen, ernsthaft zu glauben, bei ihr würde er eine Ausnahme machen. Leidenschaftliche Küsse hin oder her.
Ein Kratzen an der Tür. Dominique drehte sich geschwind um, lehnte sich gegen die Kommode, an der sie sich mit beiden Händen hinter ihrem Rücken festhielt und versuchte, einen klaren Kopf zu behalten. Was würde er mit ihr anstellen? Ihr die Unglaublichkeit der Situation vorhalten? Sie aus dem Zimmer werfen? Sie aufs Bett nötigen?
Eine zierliche Dienerin stand im Türrahmen.
Dominique fühlte sich töricht, schließlich kratzten nur Dienerinnen und Katzen an Türen. Hawksmoor wäre hereingepoltert.
»Ta-eh-la«, begrüßte das Mädchen sie mit gesenktem Haupt, während sie noch immer jenseits der Schwelle stand. Ihre Hände hatte sie tief in ihren schwarzen Gewändern vergraben. Wie eigenartig. Dominique hatte dieses Mädchen bisher noch nie gesehen. Es gehörte nicht zu dem Schwärm Dienerinnen, die sich bisher um sie gekümmert hatten, war noch sehr jung, aber schon von ausgesprochener Schönheit. Anders als bei den anderen Mädchen, wurde ihr Gesicht von einem Schleier verhüllt.
Sie eilte zu Dominique und hielt ihr einen gefalteten Zettel hin.
»Was hat das zu bedeuten?« Dominique nahm den Zettel, faltete ihn auf und ging näher zum Kerzenleuchter, der auf der Kommode stand. Sie hielt die Nachricht in das Licht der Kerzen und las:
Wenn du das Katzenauge finden möchtest, dann schließ dich ohne Umschweife der kleinen Almas an. Sag niemandem, dass du gehst. Solltest du nicht allein kommen, wäre alles umsonst.
Dominique schaute das Mädchen fragend an. »In-tee Almas?« Das Mädchen nickte. Dominique kniff die Lippen zusammen und durchforstete ihr Gedächtnis nach den passenden Vokabeln in Arabisch, entschied sich dann aber für ein einziges Wort. »Meen ?« Sie wedelte mit der Nachricht vor dem Gesicht des Mädchens hin und her und sagte langsam: »Wer? Wer schickt mir diese Zeilen. Meen?«
Das Mädchen blinzelte nur und sah aus, als wüsste sie in der Tat nichts über die Botschaft.
»Ich sehe schon, aus dir ist nichts herauszubringen, also bleibt mir wohl keine andere Wahl, als mit dir mitzugehen ...« Dominique atmete scharf aus, als Almas sie anblinzelte. »... obwohl die Umstände alles andere als einladend sind. Wenn ich des Nachts still und heimlich Botschaften übermittelt bekomme, dann hat das einen sehr Unheil verkündenden Beigeschmack. Ja, Hawksmoor würde sicher gerne von dieser Angelegenheit erfahren, und auch wenn ich momentan alles andere als erpicht auf ihn bin, sollte ich mich auf die Suche nach ihm machen. Yis-tan- nalyin-ti-Zir? Kannst du kurz warten?«
Almas schüttelte ganz deutlich ihren Kopf und griff nach dem Stück Papier. Dominique aber riss ihre Hand ruckartig nach hinten. »Nicht so schnell.« Sie biss sich wieder auf die Lippe. »Du bist also in Eile. Prima. Vielleicht bilde ich mir den finsteren Beigeschmack auch nur ein. Wenn ich es mir recht überlege, wird Hawksmoor entzückt darüber sein, dass ich ihn für ein paar Stunden in unserer Hochzeitsnacht allein lasse. Und wenn ich es schaffe, ihm wichtige Informationen über Ramzi zu liefern, wird er mir das ganze Ausmaß seiner Empörung darüber, dass er nun mein Ehemann ist, ersparen. Sehr angenehm. Lass uns gehen. Yal-la.«
Dominique nahm die restlichen Kleider vom Bett, stülpte sie sich über und griff nach der kleinen Juwelenkatze in ihrer Hosentasche. Erst als ihre Fingerspitzen sie berührten, ging sie in Richtung Tür. Almas aber packte sie beim Arm und schnalzte mit der Zunge. Das Mädchen drehte sich um und
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