Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen
zusammen.«
Ziellose Reise
Rodrigo Jacques Alcala-Buquor kommt am 23. August 1943 in Texas zur Welt. San Antonio, seine Geburtsstadt, ist die siebtgrößte Stadt der USA und eine Einwanderermetropole. Rodrigos Eltern, Raoul und Anna Maria, waren aus Mexiko nach San Antonio gezogen, um ein besseres Leben in den USA zu finden. Als er geboren wird, haben die Eltern bereits die einjährige Tochter Marie Therese und den zweijährigen Sohn Raoul Jr. Mit ihnen zusammen lebt auch die Großmutter mütterlicherseits.
Seine Schwester Marie Christine wird vier Jahre nach ihm geboren. Die Eltern schicken Rodrigo in einen katholischen Kindergarten und eine katholische Grundschule. Kurzfristig zieht die Familie nach Mexiko, als er acht Jahre alt ist. Dies ist der letzte Wunsch seiner inzwischen kranken Großmutter, die vor ihrem Tod noch einmal in ihrer Heimat leben möchte. Im selben Jahr stirbt sie, doch die Familie bleibt für drei Jahre in Mexiko.
Als er elf Jahre alt ist, verlässt Rodrigos Vater die Familie. Seine Mutter zieht mit den Kindern zurück in die USA, diesmal nach Los Angeles in Kalifornien. Sie schickt ihren Sohn erneut auf eine katholische Schule und ein Jahr später auf eine private, katholische High School. In seinem letzten Schuljahr, als er siebzehn Jahre alt ist, lehnt es Rodrigo ab, weiter eine katholische Einrichtung zu besuchen. Daraufhin wechselt er auf eine öffentliche High School, wo er seinen Abschluss macht.
Im selben Jahr meldet sich Rodrigo – der sich inzwischen Rodney nennt – freiwillig für die US-Armee. Dort will er eigentlich Fallschirmjäger werden. Stattdessen wird ihm für die nächsten vier Jahre ein Bürojob zugeteilt. Als er neunzehn ist, stirbt sein Vater überraschend. Obwohl er seit acht Jahren von der Familie getrennt lebte, besuchen seine Kinder und seine Ex-Frau die Beerdigung. Ein Jahr später flieht Rodney vom Armeegelände und fährt fast fünftausend Kilometer per Anhalter, bis er vor dem Haus seiner Mutter steht. Daraufhin wird er ins Militärkrankenhaus eingeliefert, wo man einen Nervenzusammenbruch und eine schwere Antisoziale Persönlichkeitsstörung feststellt. Deshalb wird er aus medizinischen Gründen aus der Armee entlassen. Rodney zieht zu seiner Mutter nach Los Angeles.
Ein Albtraum in Hollywood
Mit einundzwanzig versucht Rodney sein Leben in Los Angeles neu auszurichten. Er zieht in ein Apartment auf der De Longpre Avenue in Hollywood – wo zur gleichen Zeit auch der bekannte Schriftsteller Charles Bukowski lebt. Ob die zwei sich jemals begegnen, ist unbekannt. Beide führen unstete, getriebene Leben, mitten in Hollywood, der »Stadt der Träume«. Rodneys weitere Geschichte ist jedoch so abenteuerlich, dass sie einem der Bücher Bukowskis entsprungen sein könnte.
Er schreibt sich an der »University of California« in Los Angeles ein und erlangt 1968 den »Bachelor der bildenden Künste«. Im September desselben Jahres – er ist fünfundzwanzig Jahre alt – spricht er die achtjährige Tali Shapiro auf dem berühmten Sunset Boulevard an, während sie unterwegs zur Schule ist. Sie lässt sich von ihm überreden, in sein Auto zu steigen und ihn in sein Apartment zu begleiten. Zufällig beobachtet dies ein Motorradfahrer, dem die Sache verdächtig vorkommt. Er verfolgt das Auto und sieht, wie Rodney mit dem Mädchen im Apartment verschwindet. Daraufhin benachrichtigt er die Polizei.
Der Polizeibeamte Chris Camacho erinnert sich noch viele Jahre später lebhaft an den Tag, als er Rodney Alcala begegnete:
»Ich klopfte an die Tür und sagte: ›Hier ist die Polizei. Öffnen Sie die Tür. Ich muss mit Ihnen reden.‹ An das Gesicht dieses Mannes an der Tür werde ich mich für immer erinnern. Ein sehr bösartiges Gesicht. Er sagte: ›Ich stand grad unter der Dusche. Muss mich nur kurz anziehen.‹ Ich erwiderte: ›O. k. Sie haben zehn Sekunden. Öffnen Sie die Tür. Ich muss mit Ihnen sprechen.‹ Dann trat ich die Tür ein. Was ich da erblickte, wird mich für immer verfolgen. Wir konnten sehen, dass auf dem Küchenboden ein Körper lag, in einer großen Blutlache. Sie war vergewaltigt worden und schien nicht mehr zu atmen. Ich dachte, sie sei tot. Wir alle dachten, sie sei tot.«
Auch dem Staatsanwalt Matt Murphy bleibt der Tatort für immer in Erinnerung: »Es gibt ja den Spruch: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Dieses Bild der kleinen Mädchenschuhe auf dem Boden und der Metallstange, mit der er versucht hat, sie zu ersticken. Diese Blutlache
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