Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi
sich zu uns, zeigt, was Schnelligkeit heißt.
Weiter, weiter, weiter. Wieder werden Teller bereitgestellt, der Herd ist viel zu klein, wieder wird angerichtet, jeder übernimmt einen Part. Billy ist mit den Kalbsrücken auf sautierten Pilzen noch nicht ganz zufrieden. Bei aller Hektik, schön muss es auch sein, was da aus der Küche geht. Mit der Lieferung sind auch zwei Gläser Pilzcreme gekommen. Sie kostet, kippt ein Glas in eine Schüssel, gießt Olivenöl darüber, gibt groben Pfeffer dazu, Zitronensaft, gemahlenen Kümmel, etwas vom knallgrünen Basilikumöl, rührt durch, riecht, nickt. Auf jeden der Teller kommt ein Esslöffel der Pilzmischung. Jetzt ist sie zufrieden und verschwindet gemeinsam mit der Servierbrigade nach draußen.
Mir fällt erst jetzt auf, dass ich heute noch nicht einmal Kaffee getrunken habe. Vesna kostet etwas von der übrig gebliebenen Pilzcreme und ist ganz begeistert. Ich lehne ab. Zuerst brauche ich Kaffee und Wasser, bevor ich etwas anderes zu mir nehmen kann.
Billy kommt zurück und ist so guter Laune wie schon lange nicht mehr.
»Wir kommen an!«, ruft sie. »Den Bürgermeistern schmeckt es!«
Die Portionen waren nicht eben klein, viel eher übertrieben großzügig. Dennoch bestellen einige noch nach. Wir sautieren erneut Steinpilze, geben die restliche von Billy aufgepeppte Pilzsauce in eine Glasschüssel und lassen auch die nach draußen bringen.
Dessert, Käse, der Bus mit sechsundvierzig beschwingten Bürgermeistern fährt wieder ab.
Ich lasse mich auf eine der hellen Holzbänke im Schankraum fallen und bin rundum zufrieden. Müde, erschöpft, aber auf eine gute Art, ähnlich wie früher nach einem Tag Schifffahren. Billy setzt sich neben mich. »Wie geht’s dem Daumen?«, fragt sie.
»Geht schon, nur ankommen sollte ich an der Wunde nicht. Als ich früher …«
Vesna, die zähe Vesna, unterbricht: »Irgendwie mir ist schlecht.«
»Es war ziemlich heiß in der Küche«, meint Billy, »selbst mir ist eine Spur flau im Magen.«
Vesna nickt und sieht wirklich sehr bleich um die Nase aus. »Macht mir normal nichts.«
Hitze halte ich offenbar besser aus. Ich bin allerdings auch viel später gekommen. Zu spät, um genau zu sein.
Wir räumen zusammen, füllen die Laden auf, bereiten alles für den Abend vor. Vesna geht es immer schlechter.
»Vielleicht bekommst du ein Kind?«, versuche ich zu scherzen.
»Unsinn. Das kriegt man nicht im Magen, ich habe Faust im Magen und Sterne vor den Augen.«
Auch Billy ist nun ernsthaft besorgt. »Was hast du gegessen?«
»Daheim nichts, bin ich früh los, weil Sie mich mitgenommen haben. Da Brot mit Butter. Kaffee natürlich. Was von der Pilzsauce. Ein paar Löffel.«
»Die war zum Glück mehr oder weniger fertig im Glas, da können keine Giftpilze darunter geraten sein. Das sind Profis. Obwohl …« Billy bittet Vesna, die Zunge herauszustrecken, dann sieht sie sich ihre Augen näher an. Sie räuspert sich, so, als ob ihr die Kehle mit einem Mal trocken geworden wäre. »Obwohl … Es sieht aus wie eine Vergiftung.«
»Muss ich vielleicht Milch trinken, das ist gut, sagt man«, stöhnt Vesna. Schweiß läuft ihr übers Gesicht.
»Nein«, widerspricht Billy, »muss man den Arzt holen, und zwar sofort.«
»Bin ich nicht angemeldet hier.«
»Weiß ich auch, aber ihr seid eben Freundinnen. Punkt.«
Billy ruft den Gemeindearzt an. »Er war schon einige Male bei uns essen«, erzählt sie mir, während seine Sprechstundenhilfe verbindet.
Es dauert keine zehn Minuten, und Dr. Vislotschil ist da. Er bestätigt Billys Verdacht. Es ist eine Vergiftung. Wir packen Vesna in sein Auto, er will ihr in der Ordination den Magen auspumpen. Danach wird man sehen, ob sie zur Beobachtung ins Krankenhaus muss. Ich verspreche, sofort nachzukommen. Billy und ich öffnen das zweite Glas der Pilzsauce, riechen daran. Zu kosten trauen wir uns nicht mehr.
Gleichzeitig wird uns klar, was es heißt, wenn sich dieser Verdacht bestätigt: Wir haben zwanzig Bürgermeister mit Pilzvergiftung. Nicht alle von ihnen sind so robust wie Vesna. Ich kenne eine hilfsbereite und kompetente Lebensmittelchemikerin. Sie hat mir damals geholfen, als es darum ging, so rasch wie möglich Fleischproben zu analysieren. Zum Glück ist sie im Labor, ja, wenn ich will, kann ich das Material sofort bringen.
Billy entschließt sich, die Bürgermeister vorsorglich zu warnen.
»Wenn unser Verdacht stimmt, ist ihnen jetzt ohnehin schon ziemlich übel«, gebe ich zu
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