Ausgeloescht
sein erstes Opfer war. Die Schauplätze der Entführungen sind auf das Opfer ausgerichtet, nicht auf den Täter. Und die Orte, an denen er die Frauen ablegte, wurden nach Wirkung ausgesucht, nicht nach Bequemlichkeit.«
Earl tippt anerkennend an einen nicht vorhandenen Hut. »Korrekt, Agentin Barrett. Berücksichtigen Sie noch, dass er unseres Wissens in drei unterschiedlichen Staaten operiert.« Er zuckt mit den Schultern. »Das macht die Dinge ein bisschen schwierig.«
»Was können Sie uns sagen?«, frage ich.
»Erstens: Er stammt wahrscheinlich von der Westküste. Ich vermute, aus Südkalifornien.« »Wieso?«
»Die Opfer, von denen wir wissen, kommen aus Los Angeles, Oregon und Nevada. Das ist ein weites Gebiet, aber in gewisser Weise noch immer eine Komfortzone. Deshalb sage ich Westküste. An Südkalifornien denke ich wegen des Opfers in Nevada. Ein Täter, der in Oregon lebt, wird weniger wahrscheinlich bis nach Vegas auf die Jagd gehen, als jemand, der entweder in Los Angeles wohnt oder dort aufgewachsen ist.«
»Das leuchtet ein«, gibt James zu.
Cooper ignoriert ihn. »Sie sagten, das Hauptmotiv des Täters sei vermutlich finanzieller Natur. Da stimme ich Ihnen zu. Warum aber dann hier wohnen, wo Immobilien so teuer sind? Billiger wohnt man im mittleren Westen, in den Südstaaten oder in einigen Gegenden im Osten. Er sagt sich wahrscheinlich, dass er hier bleibt, weil er hier viele mögliche Opfer vorfindet - und das stimmt. Aber ich glaube, er ist deshalb noch hier, weil ihm die Gegend vertraut ist.«
»Das verstehe ich«, sage ich. Allmählich erwärme ich mich für seine Argumentation.
»Aus den Fundorten der Opfer können wir weitere Schlüsse ziehen. Sowohl hier als auch in Oregon hat er die Opfer in der Nähe der Polizei abgesetzt. Eines sogar auf den Stufen eines Polizeireviers. In Vegas hat er das Opfer in einer Nebenstraße versteckt. Das deutet darauf hin, dass er sich in Kalifornien und Oregon wohler fühlt als in Nevada.«
»Was bedeutet, dass er dort mehr Zeit verbringt. Wir sollten unsere Bemühungen also auf diese beiden Staaten konzentrieren, richtig?«, frage ich.
Cooper nickt. »Allerdings. Dort wird er am berechenbarsten sein. In Gegenden außerhalb seiner Komfortzone muss er sich stärker vom Profil entfernen.«
»Aber wenn das so ist«, fragt Callie, »ist es nicht auch am wahrscheinlichsten, dass er dann einen Fehler begeht?«
»Das sollte man meinen, aber es stimmt nicht. In unvertrauter Umgebung wird er vorsichtiger sein, während er in den Komfortzonen entspannter ist, wenn auch nur um eine Winzigkeit.«
»Was noch?«, fragt James. Sein Interesse ist geweckt.
»Allem, was nun kommt, möchte ich selbstverständlich ein >meiner Meinung nach< voranstellen. Ich würde sagen, dass Sie Wohngebiete in der Vorstadt außer Acht lassen können. Sie sind zu klein, die Leute leben zu dicht gedrängt. Die Nachbarn wollen einen kennen und wissen, was man treibt. Ich habe an die Wälder von Oregon gedacht und an die Wüste von Nevada, aber beides verworfen. Ich stimme dem Gedanken zu, dass er seine Opfer im Auge behalten möchte, wenn er unterwegs ist, und das erfordert, dass er zumindest am Stadtrand lebt, wo eine Breitband-Internetverbindung zur Verfügung steht.« Er wirft einen kurzen Blick in seine Notizen. »Industriegebiete wären eine gute Möglichkeit, weil die Leute dort meist nicht so genau hinschauen. Man ist schließlich nicht Eigentümer eines Industriegrundstücks, wie man Eigentümer seines Wohnhauses ist, und deshalb ist man weniger aufmerksam. Außerdem könnte der Gesuchte alles, was er braucht, im Namen einer Firma mieten oder kaufen, was seine persönlichen Daten hinter einer weiteren Schutzschicht verbirgt. Ich habe auch an Lagerhäuser gedacht, glaube letztlich aber doch nicht, dass er sich dafür entscheiden würde. Lagerhäuser befinden sich zwar an relativ abgelegenen Stellen, was ihm entgegenkäme, andererseits kann es gut sein, dass Lagerhäuser Einbrecher anziehen oder Obdachlose, die einen Unterschlupf suchen.« »Also irgendetwas dazwischen«, sagt James.
Cooper nickt. »Genau. Diese Nebenstraßen abseits der Einkaufsmeilen und Hauptschlagadern der Städte, wo die Gewerbeparks stehen und dergleichen, würden ihm die benötigte Abgeschiedenheit verschaffen - und er wäre dennoch in Rufweite der Straßen und Freeways, die er seinem Entführungsmuster zufolge braucht. Die Opfer, von denen wir wissen, hat er aus städtischen Umgebungen entführt. So etwas
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