Ausgerechnet den?
großen Unschuldsaugen an. »Ach du meine Güte. Der große böse Wolf hat mir die Tür eingerannt. Was hab ich jetzt schon wieder angestellt?«
»Sie haben gewonnen.«
»Au fein. Was war doch gleich der Gewinn?«
»Ronald.« Er biss die Zähne zusammen. »Ich habe beschlossen, Ihnen nicht länger im Weg zu stehen, wenn Sie ihn unbedingt wieder einstellen wollen.«
»Das ist ja wundervoll.«
»Da bin ich anderer Meinung.«
»Ron ist gar nicht so ein Inkompetenzling, wie Sie vielleicht glauben.«
»Er ist ‘n Würstchen.«
»Nun ja, und Sie sind ein Hot Dog, also sollten Sie gut miteinander auskommen.«
Er musterte sie böse und ließ dann die Augen mit einer ganz neuen Respektlosigkeit über sie hinwegschweifen.
»Ronald hat jedenfalls schnell genug rausgekriegt, wie man Sie in die Tasche steckt. Aber Sie sollten eins wissen: Clevere Geschäftsfrauen schlafen nicht mit ihren Untergebenen.«
Obwohl sie überhaupt nichts Falsches gemacht hatte, verletzte sie diese Bemerkung, und sie musste sich zwingen, ihm ein sinnliches Lächeln zu schenken. »Eifersüchtig, weil ich ihn und nicht Sie genommen habe?«
»Keineswegs. Ich hab bloß Angst, dass Sie sich als Nächstes an meine Spieler ranmachen.«
Sie ballte die Fäuste, doch bevor sie etwas sagen konnte, war er schon aus dem Zimmer gerauscht.
Ray Hardesty stand im Schatten der Bäume am Rand des Zyklonzauns und beobachtete, wie Dan Calebow wieder aufs Spielfeld kam. Ray musste gleich zur Arbeit, aber er machte keine Anstalten zu gehen. Hustend zündete er sich eine neue Zigarette an, nachdem er den Stummel der alten zu all den anderen Stummeln auf den Boden geworfen hatte, die bereits an der Stelle lagen, wo er stand.
Ein paar Stummel waren frisch, andere jedoch hatten sich bei den heftigen Herbststürmen, die in den letzten Tagen über die Gegend hinweggebraust waren, beinahe aufgelöst, sodass nur noch die aufgequollenen gelben Filter übrig waren.
Jeden Tag nahm er sich vor, nicht wieder hierher zu kommen, doch dann kam er trotzdem. Und jeden Tag fragte ihn seine Frau, wo er denn hinginge, und er sagte, in den Eisenwarenladen. Doch nie kam er mit irgendwelchem Werkzeug zurück. Aber sie fragte trotzdem weiter.
Mittlerweile machte ihn das so wild, dass er ihren Anblick kaum noch ertragen konnte.
Ray rieb sich mit der Hand übers stoppelige Kinn, doch er fühlte nichts, was ihn nicht überraschte. Seit dem Morgen, als die Polizei in ihr Haus gekommen war und ihnen gesagt hatte, das Ray Junior bei einem Autounfall ums Leben gekommen war, fühlte er keinen Unterschied mehr zwischen warm und kalt. Seine Frau behauptete, das würde vorübergehen, aber Ray wusste es besser. Genauso, wie er wusste, dass er seinem Sohn nie wieder beim Footballspielen würde zusehen können. Seit diesem Vormittag war er irgendwie durcheinander. Er konnte stundenlang fernsehen und doch erst am Ende merken, dass er die Lautstärke gar nicht hochgedreht hatte. Er schüttete sich Salz in den Kaffee und merkte es erst, nachdem er die Tasse schon fast ausgetrunken hatte.
Nichts stimmte mehr. Alle hatten ihn bewundert, als Ray Junior noch bei den
Stars
war. Seine Kollegen auf der Arbeit, seine Nachbarn, die Jungs in der Bar, alle hatten ihn mit Respekt behandelt. Und jetzt kassierte er nur noch mitleidige Blicke. Jetzt war er ein Niemand, und das war alles Calebows Schuld. Wenn Ray Junior sich nicht so wegen des Rausschmisses aufgeregt hätte, wäre er nie durch diese Leitplanke gerast. Bloß wegen Calebow konnte er, Ray Senior, den Kopf nicht mehr hochhalten.
Monatelang hatte ihm Ray Junior in den Ohren gelegen, wie Calebow es auf ihn abgesehen hatte, wie er ihn beschuldigte, zu viel zu trinken und so eine Art Drogensüchtiger zu sein, bloß weil er ein paar Steroide einwarf, wie jeder bei der NFL. Vielleicht war Ray Junior ja wirklich ein bisschen wild gewesen, aber gerade das hatte ihn ja zu einem so guten Spieler gemacht. Und er war, Teufel noch mal, kein verdammter Drogensüchtiger gewesen.
Haie Brewster, der frühere Trainer der
Stars,
hatte sich nie beschwert. Erst als Brewster gefeuert und Calebow angestellt worden war, hatte es mit dem ganzen Trouble angefangen.
Alle hatten immer gesagt, wie ähnlich er und sein Sohn einander sahen. Ray Junior hatte ebenfalls dieses unförmige Boxergesicht gehabt, mit der breiten, fleischigen Nase, den kleinen Augen und den buschigen Augenbrauen. Aber sein Sohn hatte nicht lange genug gelebt, um behäbig zu werden, so wie er, und er
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