Auswahl seiner Schriften
– Ha, wie schlau du wähntest durch Liebe mich zu fangen, die du doch Liebe nie empfandest! Wie theuer wohl liebtest du Gram, den du so an mir gerächt! So viel, wie ich auch, galt er dir! – Um Steine und Ringe lähmest du freie Männer und mordest ihre Frauen! Nicht mich, mein Weib doch räche ich jetzt an dir! Stirb!« (Er holt mit dem Hammer nach ihr aus.)
Bathilde (schreit im äußersten Entsetzen). »Dein Weib lebt!« (Wieland steht betroffen.) »Dich täuschten deine Sinne, da du sie todt wähntest!« –
Wieland . »Was lügst du?«
Bathilde . »Tödte mich! Aber glaube mir: sie lebt!«
Wieland . »Sie lebt? – Wo?«
Bathilde . »Auf meiner Heimfahrt blickte ich in jener Nacht über den Uferwald und gewahrte die Schwanenschwestern, wie sie in die Tiefe des Waldes sich senkten: zu Zwei waren sie und zu Drei erhuben sie sich wieder, um über Wald und Meer nach Westen zu fliegen.«
Wieland . »Nach ihrer Heimath! Sie fand das Gewand! Sie rettete sich – und mir jammervollem, lahmen Mann entschwand sie nun ewig! – Ach, was ward mir das bekannt! Nun geschah mir grausamer als je zuvor! Wäre ich blind geblieben, als Knecht hätte ich geschmiedet und endlich wohl die Kette geküßt, die mich band. Nun weiß ich, wer ich war, welch' seliger freier Mann! Nun weiß ich, daß das holdeste Weib mir lebt, und daß ich Elender nie sie erreichen, nie sie sehen werde! – Vergehe denn, du lahmer, hinkender Krüppel! Du Spott und Scheusal! Verlacht von Männern, verhöhnt von Weibern und Kindern! Vergehe! Dir blüht nur Spott, nie Rache, – nie Liebe!« (Er stürzt in furchtbarem Schmerze zusammen.)
Bathilde steht wie versteinert da; das menschliche Elend erkennt sie in furchtbarster Wahrheit vor sich. Tiefer Jammer bemächtigt sich ihrer Seele. Wieland liegt lautlos am Boden. – Sie blickt um sich – sie könnte fliehen – sie mag es nicht. Sie hält erschrocken Wieland für todt: sie neigt sich zu ihm hinab, und lauscht seinem Athem. Aus gepreßtem Herzen ruft sie ihn mit tiefem Mitleiden an: – er hört sie nicht. – Sie weint heftig. – Langsam erhebt Wieland ein wenig sein Haupt, und starrt vor sich hin; mit kaum hörbarer Stimme beginnt er dann:
Wieland . »Schwanhilde, du lichte, hehre! Schwingst du dich wonnig durch die Lüfte? Schwebst du selig über blauem Meere? Siehst du mich hier am Boden kriechen, den Wurm, den seine tückischen Feinde zertraten? Ihm wehret die Scham dir zuzurufen, daß er dich liebe! Der rüstige Schwimmer in Meereswogen, der mochte dich wohl gewinnen: wie theilte der Lahme jetzt die Fluthen? Wie steuerte er stark durch das Meer, ließest du aus Lüften dich nieder auf die Woge? An mich gekettet, schleppe ich meine Schmach an den Füßen nach: die Sehnen des Steuers sind mir zerschnitten!« – (Mit immer gesteigertem Ausdruck.) »Schwanhilde! Schwanhilde! O könnte ich mich von der Erde erheben, die mein Fuß nur mit Schmerzen in schmählicher Schwäche berührt! – Wie einst ich durch die Fluthen schwamm, ach! könnt' ich durch die Lüfte fliegen! Stark sind meine Arme, um Schwingen zu rühren und furchtbar ist meine Noth! Deine Flügel! deine Flügel! Hätt' ich deine Flügel, rüstig durch die Lüfte flöge ein Held, der seinem Elend sich rächend entschwungen!« –
In heftigster Erregung starrt er schweigend aufwärts. – Bathilde ruft ihn sanft an; er bedeutet sie durch eine heftig abwehrende Gebärde zum Schweigen. Sie blickt ihm ängstlich in das Antlitz: – sie sieht seine Lippen heftig zittern, seine Augen in immer lebhafterem Glanze leuchten. An den Krücken erhebt er sich in wachsender Begeisterung, bis zur vollsten Höhe seiner Gestalt.
Bathilde (entzückt und entsetzt). »Der Götter Einer steht vor mir!«
Wieland (mit bebender Brust). »Ein Mensch! Ein Mensch in höchster Noth!« (Dann in furchtbares Entzücken ausbrechend.) »Die Noth! Die Noth schwang ihre Flügel, sie wehte Begeisterung in mein Hirn! Ich fand's, was noch kein Mensch erdacht! – Schwanhilde! Wonniges Weib, ich bin dir nah'! Zu dir schwing' ich mich auf!« –
Bathilde . »Kann ich dir helfen? Sag', wie ich dich rette!«
Wieland . »Was willst du, Weib? Was weidest du dich an mir? Flieh' fern!«
Bathilde (außer sich). »O Wieland! Wieland! Sieh' meinen Jammer! Sieh' das Weh, das mich zerschneidet! Verzeih', verzeihe der Unseligen, göttlicher Mann! In Schmerzen, die sie verzehren, muß sie dich Herrlichen lieben!« –
Wieland . »Ist's der Ring in meiner Hand, der dich
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