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AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian – Erstes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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darin verglüht, aber auch so schrie er wie einer, den das Feuer verzehrt. Seine Beine gaben nach und er fiel vornüber.
    Der Erdgeist bäumte sich auf, entflammte in heller Glut. Bevor er das Bewusstsein verlor, begriff Jermyn, dass das Geschöpf in freundlicher Absicht gekommen war, angezogen von der Sehnsucht nach der Erdenmutter, die es in Ninian gespürt hatte. Er hatte es grausam zurückgestoßen, gekränkt und erzürnt. Unfähig das vorwurfsvolle Toben länger zu ertragen, floh sein Geist in Schwärze und Vergessen.
    Die beiden Väter und Ava sahen entsetzt, wie der Erdgeist in die Erde fuhr. Er glühte so hell, dass sie die Augen abwenden mussten und der Sturm seiner gekränkten Liebe erfasste auch sie.
    Doch blieb ihnen keine Zeit, Jermyns übereilte Tat zu bedauern, denn nun bekamen sie den Zorn des Wesens zu spüren. Beleidigt wühlte der Erdgeist sich in den Schoß der Erde, aus dem er gekommen war, und er nahm keine Rücksicht mehr, wie er es vorher getan hatte.
    Breite Spalten öffneten sich, das Erdreich zerriss an vielen Stellen, schwankte wie ein unruhiges Meer. Das Bruchstück, auf dem Jermyn lag, sackte in die Tiefe. Er rutschte auf den klaffenden Abgrund zu, eine riesige Woge aus glutflüssigem Gestein türmte sich über ihm auf. Wenn sie brach, würde sie seine zerschmetterten Glieder mit in die Tiefe reißen ...
    Ava schrie und stürzte vor. Vater Dermot wollte sie zurückhalten, aber sie stieß ihn beiseite. Mit einem Satz sprang sie auf die schwankende Scholle, kroch zu Jermyns regloser Gestalt und richtete sich schützend über ihm auf. Sie dachte nicht an die Übungen, die sie gemacht hatte, nicht an das vorsichtige Tasten, das Vater Troy sie gelehrt hatte.
    Still, schweigt nun! Ich, eure Herrin, befehle es! Schweigt!
    Ihr Geist ergoss sich in Gestein und Geröll, in die bebenden Erdschollen, zwang ihnen ihren Willen auf.
    Und die Erde folgte ihrem Gebot. Das Beben legte sich, die Klippe, die Jermyn begraben wollte, erstarrte und sank harmlos in sich zusammen.
    Aber noch hatte sich die Erde nicht ganz geschlossen; die Grasnarbe vor dem Haus der Weisen war zerrissen und aufgewühlt, als sei ein riesiger Pflug darüber gegangen; ein gewaltiges Loch klaffte dort, dem der Erdgeist entstiegen war.
    Von jenseits der Mauern ertönte ein grollender Donner, über den Dächern stieg eine weißgraue Staubwolke auf.
    Der alte Turm.
    Das baufällige Mauerwerk hatte den heftigen Erschütterungen nicht standgehalten und tief verstrickt im Gestein spürte Ava seinen Sturz in allen Gliedern. Nie wieder würde sie mit Jermyn dort klettern ...
    Auch die anderen Gebäude wankten, die äußere Mauer beulte sich aus wie eine Zeltbahn. Selbst wenn das Erdreich zur Ruhe gekommen war, konnten sie einstürzen und großen Schaden anrichten.
    Ava weitete sich in den von Menschen bearbeiteten Erdenstoff aus, um ihn zu halten, aber die Beruhigung der Erdmassen war eine gewaltige Anstrengung gewesen und ihre Kräfte schwanden. Das Gewicht der Schollen, mit denen sie sich verbunden hatte, hing tonnenschwer an ihren Gliedern und erschöpft ließ sie sich neben Jermyn zu Boden fallen.
    »Mutter, wo bist du? Hilf mir ...«
    »Geliebtes Kind, du hast meine Stärke, dies ist mein Reich, du herrschst wie ich.«
    Mit den liebevollen Worten strömte die Macht der Erdenmutter in Avas erschöpften Geist, sie zwang das Mauerwerk zur Ruhe und schloss den klaffenden Spalt, dann verließen sie die Kräfte und sie blieb in dem befriedeten Erdendunkel zurück.
     
    Die beiden Väter und die anderen Bewohner des Weisen Hauses blickten benommen auf die Ebene, die flach und ruhig vor ihnen lag. Sie hatten gesehen, wie das Rasen des erzürnten Gesteins schwächer geworden und verstummt war. Die Mauern standen fest und die Wunde im Leib der Erde hatte sich geschlossen. Aber der Preis war hoch.
    Vater Dermot erreichte die stillen Gestalten zuerst. Jermyn lag mit dem Gesicht nach unten, Ava über ihm, die Arme schützend ausgebreitet.
    Auch die anderen kamen heran, zu erschüttert, um zu reden. Donovan sah aus, als wolle er neben den beiden zu Boden sinken.
    »Was ... was ist mit ihnen? Sind sie tot?«, brachte er endlich heraus.
    Vater Dermot kniete neben Ava nieder und fühlt ihren Puls.
    Als er aufsah, standen Tränen in seinen Augen. »Sie lebt, aber der Puls ist sehr schwach. Helft mir, Donovan, Quentin ...«
    Zusammen hoben sie die schlaffe Gestalt des Mädchens beiseite und der Gedankenmeister wandte sich Jermyn zu und drehte ihn um.

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