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AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian – Erstes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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nicht mehr darauf verzichten.
    Die Magd hatte ihn erst blöde angestarrt, aber das Geld hatte ihr auf die Sprünge geholfen. Grinsend hatte sie ihm zu verstehen gegeben, dass sie gegen geringen Aufpreis auch zu anderen Diensten bereit war. Unter dem bösen, schwarzen Blick hatte sie sich geduckt und eilig davongemacht. Immerhin hielt sie die Kammer einigermaßen sauber.
     
    Die ersten Tage hatte er sich durch die Stadt treiben lassen. Er musste sich erst an das verwirrende Durcheinander gewöhnen, an Lärm und Gestank, und er brauchte etwas, mit dem er sich beschäftigen konnte. Sonst schweiften seine Gedanken ab, dorthin, wo Hoffnungslosigkeit und Elend lauerten.
    Dea gedieh, daran gab es keinen Zweifel. Auf den großen Plätzen stolzierten die jungen Leute, reichgekleidet und herausgeputzt und in den Handelshallen herrschte fiebrige Betriebsamkeit. Ganze Schiffsladungen von jenseits der Inneren See wechselten auf den Versteigerungen den Besitzer, in den Nischen priesen kleine Händler lauthals ihre Waren, während vornehm gekleidete Männer mit gedämpften Stimmen über wertvolle Frachten entschieden.
    Nachdem er – zu seinem eigenen Erstaunen – einen kurzen Kampf mit seinem Gewissen ausgefochten hatte, machte Jermyn sich das geschäftige Gedränge zunutze. Erst vorsichtig, dann immer dreister bediente er sich aus fremder Leute Taschen, wie er es bei Ganev gelernt hatte und schadenfroh stellte er fest, dass er immer noch ein ganz geschickter Langfinger war – allen Bemühungen der Guten Väter zum Trotz.
    Auf diese Weise konnte er sein Zimmer halten, als Vater Dermots Geld aufgebraucht war.
    In seiner schlichten grauen Schultracht fiel er in der Menge nicht auf. Niemand beachtete ihn, Laienbrüder arbeiteten oft für Handwerker oder Kaufleute.
    Aber er fühlte sich unwohl in diesen Kleidern. Sie erinnerten ihn an das Haus der Weisen, an Ninian, die er täglich so gesehen hatte. Vor allem aber hasste er die herablassenden Blicke der jungen Stutzer.
    Schließlich glückte ihm ein guter Fang – eine seidene Börse mit vier Goldstücken und Silbergeld. Bei einem Kleiderhändler erstand er ein schwarzes, wattiertes Wams, schwarze Beinlinge und ein passendes Bruchband, dazu zwei Hemden mit Rüschen an Hals und Ärmeln und weiche, schwarze Stiefel. Den kurzen, schwarzen Umhang, den ihm der Händler aufschwatzen wollte, fand er albern, die lederne Jacke der Brüder taugte mehr. Den nächsten Wunsch brachte er mit gesenkter Stimme hervor und der Händler holte aus dem Hinterzimmer ein Klappmesser und einen bleigefüllten Lederbeutel. Beides steckte Jermyn in die Gürteltasche und verließ den Laden, während der Händler die wenigen Münzen in seiner Hand betrachtete und sich ratlos den Kopf kratzte.
    Jermyns nächster Gang führte zum Barbier, wo er sich rasieren und die Haare schneiden ließ. Der Mann betrachtete neugierig die versengten Augenbrauen und grinste.
    »Was haste gemacht, Bruder? Ham deine Haare die in Brand gesetzt?«
    Er erntete nur ein böses Knurren, aber als Jermyn sich in dem halbblinden Spiegel betrachtete und sein glattrasiertes Kinn rieb, nickte er zufrieden und zahlte dem Mann, was er verlangte.
    In den Handelshallen hatte er einen jungen Edelmann gesehen, der sich durch seine überlegene Haltung und seine schwarze Kleidung von den anderen Gockeln abhob. Sein Haar war kurzgeschoren bis auf eine lange Locke, die ihm auf die Schulter hing, und im linken Ohr hatte er einen auffälligen goldenen Ohrring getragen. Der Aufzug hatte Jermyn gefallen, so wollte er aussehen. Die Haltung konnte er sich abgucken, die Locke würde wachsen und der Ohrring – der würde schließlich auch noch dazukommen.
    Er hatte seine Mahlzeit beendet, schob den leeren Napf weg und drehte nachdenklich den Becher mit verdünntem Wein in den Händen.
    Drei Jahre waren eine lange Zeit. Er musste wieder Fuß fassen, hier in den dunklen Vierteln, und vorsichtig dabei sein. Seine Diebereien verteilte er auf alle großen Plätze der Stadt, damit sie nicht auffielen und bis jetzt war er keinem anderen der Zunft in die Quere gekommen. Aber es war nicht seine Absicht, sich für alle Zeit mit solchen Brosamen zu begnügen. Er hatte andere Pläne und lange konnte es nicht dauern, bevor er jemandem auf die Füße trat.
    Die großen Patrone hatten die Stadt unter sich aufgeteilt. Sie wachten eifersüchtig über ihre Reviere und waren nicht zimperlich, wenn es um ihre Verteidigung ging. Diebesgut musste man an ihre Hehler verkaufen und

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