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AZRAEL

AZRAEL

Titel: AZRAEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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begann der Beamte. »Erinnern Sie sich? Wir haben uns heute morgen kennengelernt. Soll ich Sie ein Stück mitnehmen?«
    »Sie sind...?«
    »Bremer«, antwortete der Polizist. Zugleich machte er klar, daß seine zweite Frage nur rhetorisch gewesen war, denn er f uhr bereits weiter, ohne Marks Antwort abzuwarten. Trotzdem sagte Mark: »Gern. Aber wohin fahren wir?«
    »Zum St.-Eleonor-Stift«, antwortete Bremer. »Sie wollen doch dort hin, oder?«
    Mark sah Bremer einen Moment lang verständnislos an, ehe er rechts und links aus den Fenstern blickte. Zum ersten Mal nahm er seine Umgebung wirklich bewußt wahr. Er erinnerte sich vage, eine Weile kreuz und quer mit der U-Bahn durch die Stadt gefahren zu sein, und er hatte geglaubt, die Züge vollkommen willkürlich gewählt zu haben. Offenbar war das ein Irrtum gewesen. Er befand sich auf dem Weg zur Klinik.
    »Verfolgen Sie mich?« fragte er mißtrauisch.
    Bremer fuhr ein wenig schneller und sah wie beiläufig in den Rückspiegel. Obwohl der Motor kaum hörbar lauter wurde, sah Mark doch, daß sie viel zu schnell fuhren. Die Tachonadel näherte sich der Achtzig.
    »Hätte ich denn Grund dazu?« fragte Bremer.
    Mark verzog ärgerlich das Gesicht und streckte die Hand nach dem Türgriff aus. »Ich glaube, ich steige hier besser aus«, sagte er.
    »Nicht doch.« Bremer machte eine beruhigende Geste. »Nein. Ich verfolge Sie nicht. Aber wir haben den gleichen Weg - warum sollte ich Sie nicht mitnehmen?«
    Es klang so sehr nach einer Ausrede, dachte Mark, daß es schon wieder überzeugend war. Beinahe wenigstens.
    »Hat die Polizei jetzt neue Dienstfahrzeuge?« fragte er.
    Bremer nickte. »Ja, es war auch an der Zeit, daß man uns angemessen ausstattet.« Er lachte. »Nein - das ist kein Dienstwagen. Ich... überführe ihn nur, sozusagen.«
    »Aha«, sagte Mark. »Und dabei haben Sie zufällig den gleichen Weg wie ich?«
    Bremer maß ihn mit einem nachdenklichen, aber auch ganz leicht spöttischen Blick. »Wenn ich Sie beschatten würde, Mark, würden Sie es nicht merken«, sagte er. »Ich würde es zum Beispiel nicht mit diesem Wagen tun. Daß wir uns getroffen haben, ist wirklich Zufall.«
    »Und eine praktische Gelegenheit, allein mit mir zu reden, nicht wahr?« fügte Mark hinzu.
    »Dazu besteht kein Anlaß«, behauptete Bremer.
    »Was haben Sie heute morgen bei uns gewollt?« fragte Mark.
    Bremer zuckte mit den Schultern. »Routine. Wir sind verpflichtet, gewisse Untersuchungen anzustellen bei einem Selbstmord.«
    »Routine?« wiederholte Mark. »Ihr Kollege, dieser Sendig - er ist ein ziemlich hohes Tier, nicht?«
    »Eines der höchsten sogar«, bestätigte Bremer. »Ich weiß, was Sie sagen wollen. Ich glaube, er hat Löbach gekannt. Kannten Sie ihn?«
    »Er arbeitete länger für die Firma meines Vaters, als ich lebe«, erinnerte sich Mark. Er sah Bremer aufmerksam und mit neu erwachendem Mißtrauen an. War das nun Konversation oder vielleicht doch das, was der Polizeibeamte gerade so überzeugend abgestritten hatte: ein Verhör?
    »Ihr Vater und er waren Freunde, nicht?« Bremer sah wieder in der. Rückspiegel und gab noch mehr Gas. Sie fuhren jetzt fast hundert.
    »Ja«, antwortete Mark. »Nein. Früher einmal... glaube ich.«
    Bremer sagte nichts dazu, aber sein Gesichtsausdruck war beredt genug, und nach einigen Sekunden rettete sich Mark in ein Achselzucken. »Ich habe in letzter Zeit nicht mehr sehr viel von dem mitbekommen, was in der Firma vorgeht. Warum fahren Sie eigentlich so schnell?«
    Bremer nahm tatsächlich den Fuß vom Gas, allerdings nur für einen kurzen Moment, dann beschleunigte er wieder, und sein erneuter Blick in den Rückspiegel verriet ihn. Mark drehte sich mühsam in dem Sportsitz herum, der zwar eine bequeme Position, kaum aber Bewegung ermöglichte, und musterte die Straße hinter ihnen.
    Sie hatten bereits mehrere Fahrzeuge überholt, die rasch zurückfielen, aber darunter war eines, das die Distanz hielt, wenn auch in gehörigem Abstand: ein dunkelblauer, sehr großer BMW.
    »Werden wir verfolgt?« fragte er.
    Bremer lachte. »Kaum. Okay, ich gebe zu, ich fahre ein bißchen schneller, als die Polizei erlaubt.«
    Mark verzog die Lippen. Er hatte sich den Kalauer erspart, obwohl er ihm ein paarmal auf der Zunge gelegen hatte. »Dieser BMW. .«
    Bremer war kein besonders guter Schauspieler. Er sah in den Spiegel und tat so, als suche er nach dem Fahrzeug, von dem Mark gesprochen hatte, aber mit dieser Vorstellung hätte er niemanden

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