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Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
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Gebilde hervorzuheben.
    »Und das daneben«, fuhr Lil fort. »Siehst du die vier Frauen? Na, wenn die nicht leidend aussehen! Siehst du das? Die Augen sind an der richtigen Stelle — aber die Nase! Die armen Dinger, die Nasen fangen oben über den Augenbrauen an und gehen runter bis zum Kinn, und die Nasenlöcher, die sehen aus wie eine doppelläufige Flinte, die dir gleich den Kopf wegbläst!«
    Wieherndes Gelächter.
    »Und schau dir das da oben an«, sagte Edith. Es bestand aus nichts als senkrechten bunten Streifen … sicher ein Dutzend … und nicht mal gerade. Und warum sind die so wässrig? »Sieht aus, als hätte die Leinwand sie irgendwie aufgesaugt.«
    »Ich glaube, das soll gar kein Bild sein«, sagte Phyllis. »Wenn du mich fragst, wollte er bloß die Farbe aus seinen Pinseln rauskriegen.« Das sagte sie auf ihre absolut phyllismäßige Art. Phyllis machte nie Witze, aber Lil, Edith und Nestor mussten trotzdem lachen. Sie amüsierten sich köstlich über diesen verblendeten Russen, der sich für einen Künstler hielt.
    » Hahhh, siehst du das da?«, sagte Edith. »Dieser arme Trottel, macht mit seinem Lineal ein Kreuz, und das wird ganz schief, und dann schaut er es sich an und sagt, ›Schmock!‹ « — sie schlägt sich mit dem Handballen gegen die Stirn — »›Ich geb’s auf!‹, und dann malt er den Rest einfach mit weißer Farbe voll. Aber immerhin, sieht immer noch besser aus als das lächerliche Kreuz!«
    Die drei Frauen lachten und lachten.
    Sie schauten sich das an, auf dem die Bandwürmer aus dem Scheißhaus raussprangen, und das da, auf dem die Hände wie zwei Bündel Spargel aussahen, und das da drüben am Ende — sieht aus wie ein Haufen zugedröhnter leerer Austern, und dann das da! — das da drunter — Gefesselt in Collioure . Gefesselt heißt wohl, dass man Klebstoff auf die Leinwand schmiert, einen Beutel buntes Konfetti drüberkippt, und schwups ist das Bild fertig! … und dann das, das aussah wie eine Patchworkdecke, nur dass er keine gerade Linie hinbekommt und alles durcheinander ist … und das mit dem Bierkrug und der Tabakspfeife, die in der Mitte durchgeschnitten ist … und das da vorn — sieht aus wie zwei Aluminiumakte mit draufgeschraubten Nippeln … und das daneben — das sieht aus wie drei Männer aus Aluminium, die Spielkarten aufessen … und sie lachen so, dass ihnen die Tränen die Backen herunterlaufen. Sie schütteln die Köpfe, schneiden Grimassen, grinsen höhnisch, verziehen wie Geisteskranke ihre weit aufgerissenen Münder und verdrehen die Augen so weit, dass die Augäpfel fast im Kopf verschwinden. Edith, die sich gebückt auf ihre Gehhilfe stützt, ist so hingerissen, dass sie in einem An fall von außer Rand und Band geratener Heiterkeit mit dem Fuß aufstampft. Sogar der todernsten Phyllis entgleisen die in Stein gemeißelten Züge. Sie platzt aus ihrer Betonkapsel und stößt einen einzigen hemmungslosen Lacher aus — »Honnnkkuhhh!«
    »Das soll ein Künstler sein und das Beste, was er draufhat?«, sagte Lil. »Da würde ich mich auch nur im Dunkeln aus der Wohnung wagen! Damit bloß niemand mein Gesicht sieht!«
    Wieder eine Aufwallung unbändigen Gelächters … sogar Nestors professionelle Entschlossenheit schmilzt dahin. Auch er fängt an zu lachen und schaut dann zu John Smith … doch der nimmt nichts von alldem wahr. Er könnte genauso gut allein sein. Er hat den kleinen schmalen Spiralblock und den Kugelschreiber gezückt, starrt wie gebannt auf die Gemälde und macht eifrig Notizen.
    Nestor geht zu ihm und fragt, »Hey, John, was machen Sie da?« John Smith scheint ihn gar nicht zu hören. Er zieht eine kleine Kamera aus der Innentasche seines Jacketts und fängt an, jedes einzelne Bild zu fotografieren. Er schiebt sich zwischen die Frauen, als würde er ihre Anwesenheit gar nicht wahrnehmen … Lil beugt sich zu Edith hinunter und sagt leise, »Der große Experte.«
    Dann ließ er die Damen wieder allein und starrte im Gehen wie hypnotisiert auf das Display auf der Kamerarückseite. Er hob nicht mal den Kopf, als er schon wieder neben Nestor stand. Mit dem Rücken zu den drei Damen senkte er den Kopf, schaute gebannt auf seinen Notizblock und sagte, »Wissen Sie, was da vor Ihnen an der Wand hängt?«
    »Nein. Die künstlerische Tagesproduktion einer Kinderkrippe?«
    »Da hängen zwei Picassos, ein Morris Louis, ein Malewitsch, ein Kandinsky, ein Matisse, Soutine, Derain, Delaunay und Braque und zwei Légers.« Zum ersten Mal während

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