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Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
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ich nicht.‹ Yo comprendo. Und das Gleiche, Nestor, passiert Ihnen auch gerade.«
    Der Reporter nannte ihn zum ersten Mal beim Vornamen. Das störte Nestor. Was sollte er davon halten? War der Mann einfach freundlich, oder benutzte er den Vornamen, wie man ihn gegenüber einem Untergebenen benutzte … einem fumigador zum Beispiel? Viele Kunden nannten seinen Vater vom ersten Augenblick an Camilo. »Die verdrehen alles«, sagte der Reporter. »Die nehmen Ihre Tat, die ich — ich glaube, das habe ich mit meinem Artikel ziemlich klargemacht — die ich für eine mutige und überzeugende Tat halte, und verdrehen sie, machen daraus eine feige Tat!«
    »Feige!«, sagte Nestor. Das erschreckte ihn, es traf einen Nerv. »Die können mir ja viel um die Ohren hauen, traidor und so was, aber ›feige‹ hat noch keiner gesagt. Wie zum Teufel kann irgendwer das für ›feige‹ halten? … Jesus Christus … Das möche ich gern sehen, dass sich einer auch nur annähernd so was traut … ›Feige.‹« Er schüttelte den Kopf. »Haben Sie das selbst gehört, das Wort … feige? «
    »Ja. ›Cobarde‹ … sagen sie dauernd.«
    »Sie?«, fragte Nestor. »Woher wissen Sie das? Ich denke, es redet keiner mit Ihnen.«
    »Ein paar schon«, sagte John Smith. »Aber von denen habe ich das nicht gehört. Ich hab’s im Radio gehört, und nicht nur einmal.«
    » Welcher Sender? Wo haben sie das gesagt?«
    »In den spanischsprachigen«, sagte John Smith. » ›Cobarde‹. Ich glaube, auf zwei oder drei Stationen.«
    »Arschlöcher«, murmelte Nestor. Er spürte, wie Adrenalin durch seine Adern pumpte. »Was soll daran cobarde sein? Was denken die, dass sie so was sagen?«
    »Mit Denken halten die sich nicht auf. Der Gedankengang, wenn man das so nennen kann, ist der: Man kann leicht den pez gordo geben und sich valiente aufführen, wenn man die anderen peces gordos im Kreuz hat, den Polizeiapparat, die Küstenwache, den Miami Herald .« Er kicherte. »Und sicherheitshalber hängen sie wahrscheinlich noch ein Yo no creo en el Miami Herald dran. Haben Sie keinen von den Latino-Radiosendern gehört?«
    »Keine Zeit«, sagte Nestor. »Wenn Sie wüssten, was in den letzten vierundzwanzig Stunden alles passiert ist …« Er hielt inne. Er ahnte, dass er jetzt gefährlichen Boden betrat. »… dann wüssten Sie, was ich meine.«
    »Warum erzählen Sie mir nicht einfach, was alles passiert ist?«, fragte John Smith. Er schaute Nestor jetzt mit einer Intensität in die Augen, die nicht zu John Smith gehörte. Nestor ahnte, dass das der ReporterBlick sein musste, ähnlich dem CopBlick, mit dem Polizisten die Leute einschüchterten. Nicht, dass die beiden Blicke die gleichen waren. Er schaute jetzt die Schnapsflaschen-Lightshow an. Jeder Kollege, mit dem Nestor jemals über das Thema gesprochen hatte, hielt die Pressemeute für eine Bande Weicheier. Nestor hätte gewettet, dass auch der, der jetzt gerade neben ihm an der Bar saß, ein Weichei war. Das lag an seiner sanften Art zu sprechen und seinen guten Manieren … Er war so einer — wenn man die auch nur andeutungsweise körperlich bedrohte, knickten sie ein und hauten ab. Aber die älteren Kollegen sagten auch, dass sie wie kleine Spinnen waren, wie Schwarze Witwen. Sie konnten zubeißen und einem höllische Schmerzen verursachen.
    Deshalb schaute er John Smith fest ins Gesicht und sagte, »Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist.«
    »Warum?«
    »Na ja, dafür bräuchte ich wahrscheinlich erst eine Genehmigung.«
    »Von wem?«
    »Weiß ich auch nicht genau, hab so ein Verfahren noch nie mitgemacht. Mindestens von einem Bereichsleiter, würde ich sagen.«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte John Smith. »Nachdem Sie den sogenannten ›Untergrundführer‹ vom Mast geholt hatten, haben Sie doch auch mit mir gesprochen. Wer hat Ihnen denn da die Genehmigung erteilt?«
    »Keiner, aber das war was ande —«
    Plötzlich wurde John Smith aggressiv und schnitt Nestor das Wort ab. »Und wer hat die positivste Story über Sie geschrieben? … die der Wahrheit am nächsten kam? Habe ich mich Ihnen gegenüber auf irgendeine Weise unfair verhalten?«
    Der Mann durchbohrte ihn mit seinem Reporterblick.
    »Nein«, sagte Nesor. »Aber —«
    Der Reporter ließ nicht locker. »Weshalb glauben Sie, dass ich Sie jetzt in ein schlechtes Licht rücken will? Die Leute, die Ihnen Ärger machen, sind die vom El Nuevo Herald — ich hoffe, Sie haben gelesen, was die geschrieben haben.« Nestor wandte den

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