Back to Blood
Blick ab und nickte langsam. »Die Latino-Radio- und Fernsehsender versuchen Sie fertigzumachen!«, fuhr der Reporter fort. »Und gestern, das war noch nicht alles. Die werden heute genauso weitermachen. Wollen Sie nicht jemanden auf Ihrer Seite haben? Wollen Sie etwa die piñata spielen, auf die die ganze Bande nach Herzenslust eindreschen kann? Sicher, ich kann einen netten kleinen Artikel schreiben, in dem ich analysiere, was Sie getan haben und warum das absolut notwendig und menschlich war. Aber das ist dann bloß ein Meinungsartikel, und noch nicht mal von einem Redakteur. Ich brauche Einzelheiten, die nur Sie mir liefern können.«
Das Schlimme war, dass der Reporter John Smith recht hatte. Das Wort cobarde spukte immer noch in Nestors Kopf herum. Sein Ehrgefühl verlangte, dass so eine Beleidigung nicht ohne Antwort blieb. Mein ist die Rache, spricht der Herr — und was passiert in der Zwischenzeit mit deinem Job, großmächtiger Rächer? Wenn er zum Vorteil des Reporters auspackt … auch wenn er das Präsidium mit keinem Wort kritisiert … ein großer Zeitungsartikel über seine persönliche Rolle in einer so große Aufmerksamkeit erregenden Polizeiaktion — er wusste, was das Präsidium davon halten würde, dafür benötigte er kein schriftliches Protokoll. ::::::Trotzdem, jedem — jedem — muss eine Sache unmissverständlich klargemacht werden. Nestor Camacho ist nie und nimmer ein cobarde … ihr Arschlöcher … aber das klarzustellen ist ja wohl nicht meine Aufgabe, oder? Das ist die Aufgabe des Präsidiums … aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie das auch tun würden, war gleich null. Sicher, sie würden ihre Entscheidung rechtfertigen, den Burschen von dem Mast runtergeholt zu haben, aber den Cop, der da raufgeklettert war und das erledigt hatte, über den würden sie nicht in Jubelarien ausbrechen —::::::
Nestor war nicht klar, was für einen Eindruck er auf John Smith machte. Er schaute nicht den Reporter an, sondern in den Spiegel hinter den angestrahlten Schnapsflaschen. Er schaute nicht mal sich selbst an, obwohl er sein Spiegelbild direkt vor sich hatte. Er fuhr mit der rechten Hand über die Knöchel der linken Hand und dann mit der linken Hand über die Knöchel der rechten Hand und mit der rechten Hand über die Knöchel der linken Hand und mit der linken Hand —
Erst in diesem Augenblick erkannte er, was für ein Bild der Unentschlossenheit er abgab. »Okay, Nestor«, sagte John Smith. »Hier ist mein Vorschlag: Sie liefern mir die Einzelheiten, und ich verspreche Ihnen, dass ich Sie nicht zitieren oder auch nur andeuten werde, dass ich mit Ihnen gesprochen habe.«
»Aber die Sachen, die nur ich wissen kann, die deuten doch direkt auf mich.«
»Hören Sie«, sagte John Smith, »das Problem hatte ich schon öfter, und ich weiß, wie man damit umgeht. Ich werde auf jede Menge anderer Quellen verweisen. Was glauben Sie, wie die großen Polizeigeschichten in die Zeitung kommen? Ich meine nicht diese nackten Nachrichten, dass dies oder das Verbrechen passiert ist. Ich rede über die Insiderstory, wie ein großes Verbrechen aufgeklärt wurde, wer wen verpfiffen hat, solche Sachen. Das läuft doch so: Cops geben Reportern Informationen, mit denen der Reporter glänzen kann, und Reporter schreiben Geschichten, in denen die Cops glänzen. Beide Seiten wissen, wie man die andere Seite schützt. Das passiert ständig, und damit meine ich ständig . Wenn Sie keinen Kanal finden, über den Sie Ihre Geschichte unter die Leute bringen können, dann machen das andere für Sie, die Jungs im Rathaus zum Beispiel … und eins können Sie mir glauben, die Geschichte von denen wird Ihnen ganz und gar nicht gefallen. Für die sind Sie doch nur dieses … dieses … lästige Insekt , das seine kubanischen Landsleute piesackt. Hören Sie zu, ich kann Ihre Geschichte unter die Leute bringen — und gleichzeitig klarstellen, dass Sie niemals mit mir kooperieren würden. Ich werde schreiben, dass Sie auf Anrufe nicht reagiert haben, was der Wahrheit entsprechen wird. Es entspricht schon jetzt der Wahrheit. Um halb zehn heute Abend habe ich die Marine Patrol angerufen und wollte Sie sprechen, aber die stellen keine Privatgespräche auf Patrouillenboote durch.«
Erschrocken sagte Nestor, »Sie meinen, die wissen schon, dass Sie mich sprechen wollten?«
»Natürlich!«, sagte John Smith. »Wissen Sie was, ich brauche jetzt ein Bier. Wollen Sie auch eins?«
Ein Bier? Wie konnte der Mann plötzlich an
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