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Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
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Glühbirnen gehen — dass also die Schwar zen »doch furchtbar stolz« sein müssten, dass »einer von ihnen« jetzt an der Spitze der Polizei stünde. Tja, wenn sie so stolz auf ihn waren, dann hatten sie eine komische Art, das zu zeigen. Jedes Mal, wenn ein Rekrutierer einen jungen Afroamerikaner ansprach und meinte, dass der doch einen fantastischen Cop abgeben würde — der Chief hatte solche Einsätze selbst schon absolviert — dann sagte der Bursche, »Warum sollte ich meine eigenen Leute verraten?«, oder etwas in der Richtung. Ein junger Kerl hatte die Unverfrorenheit gehabt, dem Chief mitten in sein schwarzes Gesicht zu sagen, »Erklären Sie mir eins: Warum soll ich den Scheißkubanern dabei helfen, meine Brüder zu verprügeln?« Nein, wenn er auf den Straßen der »schwarzen Gemeinde« irgendeine Art von Respekt genoss, dann nur, weil er AUTORITÄT verkörperte … im Moment. Er verkörperte die Autorität eines OBERBOSSES … im Moment. Mmm hmmm … Dem Verräter von Polizeiboss pisst man besser nicht ans Bein, Bruder. Der kriegt dich am Arsch, und dann heißt’s »Suizid durch Cop«. Selbstmord durch Bullenkugel, glatt durch die Brust, und dann liegt da eine Knarre neben deiner Leiche, von der du nicht mal wusstest, dass du sie dabeihattest, und die sagen, du hättest mit der Knarre, von der du nicht mal wusstest, dass du sie dabeihattest, auf einen Bullen gezielt, und dann hätten sie leider keine Wahl gehabt. Notwehr. Und du weißt nicht mal, dass du grade Selbstmord begehst. Aber genau das isses, wenn du die Knarre ziehst, von der du nicht mal wusstest, dass du die dabeihattest, und auf die Selbstmord-Einheit zielst. Alles klar? — hey, du hörst ja nicht mal zu. Oh, tut mir jetzt echt leid, Bruder. Keine Chance, jetzt hast du’s verschissen, jetzt isses vorbei, jetzt kannst du nicht mehr zuhören.
    Die kubanischen Selbstmord-Einheiten … und was hieß das für ihn? Ah ja, richtig … er war dann der Verräter von Polizeiboss. Er war froh, dass es diesmal der Bürgermeister war, der sich den Schwanz in der Tür eingeklemmt hatte.
    Bevor er für die große »Strategiebesprechung« das Rathaus betrat, schaute er zufällig an der Fassade hoch, und sein Lächeln wurde so breit, dass die Gaffer sich sicher fragten, was der Polizeipräsident so lustig fand. Wenn man Cy Booker fragte, hatte Miami das bizarrste Rathaus aller großen Städte des Landes. Es war ein kleines, weißes, zweistöckiges Stuckgebäude im Art-moderne-Stil, den man inzwischen Art déco nannte und der in den Zwanziger- und Dreißigerjahren in Mode war. Pan American Airways hatte es 1938 als Terminal für seine neue Flotte von Wasserflugzeugen gebaut, die auf ihren wulstigen Schwimmern in der Biscayne Bay starteten und landeten. Aber die Zukunft des Wasserflugzeugs war schnell wieder Vergangenheit. 1954 übernahm die Stadt den Bau, machte daraus ein Art-moderne-Rathaus — und ließ das Logo von Pan American Airways dran! Jawoll! — und zwar nicht nur an einer Stelle. Das Logo — eine Weltkugel mit Art-moderne-Flügeln, in die Lüfte gehoben von Art-moderne-Strahlen der aufgehenden Sonne — dieser typische Art-moderne-Touch, der durch den prometheischen Griff des Menschen nach den Sternen eine strahlende Zukunft verhieß, wurde endlos wiederholt und bildete einen Fries PAN AM PAN AM PAN AM PAN AM PAN AM, der unter dem Dachsims das gesamte Gebäude umschloss. Es hatte etwas glorreich Albernes … ein Großstadtrathaus, das stolz das Logo eines stillgelegten Wasserflugzeugterminals einer Fluglinie zur Schau stellte! … aber das war Miami, Punkt …
    Auch der Konferenzraum des Bürgermeisters im ersten Stock war nicht wie jeder andere Konferenzraum eines Bürgermeisters einer großen Stadt. Die Decke war niedrig, es gab keinen Tisch, sondern nur ein paar Stühle, die unterschiedlich groß und bequem waren. Es sah aus wie in der etwas heruntergekommenen Lounge eines in die Jahre gekommenen Fitnessklubs. Alle Räume im oberen Stock, einschließlich des Büros des Bürgermeisters, waren klein und eng. Zweifellos hatten hier früher die work-a-daddies geschuftet, die sich bei der Operation Wasserflugzeug um Buchführung, Aufträge und Wartung gekümmert hatten. Jetzt war es das Reich des Bürgermeisters. Ein Spruch, über den man sich in allen Rathäusern des Landes aufregte, ging dem Chief durch den Kopf: »Für die Bürokraten reicht’s allemal.«
    Als er sich dem Raum näherte, konnte er einen Blick durch die offene Tür werfen.

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