BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
der UV-Bestrahlung ließ zu wünschen übrig. Immer noch, obwohl der rein optische Befund das Gegenteil zu belegen schien.
Der Mann gähnte, ohne sich die Mühe zu machen, die Hand vor den Mund zu halten. Etikette war etwas, das er
nicht
vermisste.
Sein Blick fand ein Bild, auf dem zwei Kinder zu sehen waren, lachend, im Hintergrund eine Frau, griesgrämig.
Manchmal vermisste der Mann die Kinder.
Die Frau vermisste er nicht.
Ich werde eine andere Frau haben. Ich werde viele Frauen haben, hübscher und liebenswürdiger als diese,
dachte er.
Wenn ich erst der Größte bin...
Der würde er sein. Sie hatte es versprochen.
Etwas unruhiger als zuvor knetete er seine Hände und überlegte, ob er noch weiterarbeiten oder sich etwas hinlegen sollte. Es gab keine Uhr, aber er wusste, dass es Nacht war. Seine innere Uhr verriet es ihm.
Das künstliche Licht, das den Raum erhellte, war fast angenehmer als natürliches.
Wie
sie das machte, entzog sich seiner Kenntnis. Woher all diese Dinge, mit denen er arbeitete, all die hochmodernen Hilfsmittel, aber auch so banale Dinge wie seine Mahlzeiten kamen, hatte sie nie erklärt.
Der Blick des Mannes blieb an einem Arbeitsblatt hängen, das er mit seinen Initialen signiert hatte.
J.S.
Wie würde er wohl unterschreiben, wenn er diesen Ort verließ und wieder ins pulsierende Leben einer Metropole zurückkehrte?
Eine neue Identität war unabdingbar, um ein neues Leben zu beginnen. Und auszukosten. Ohne Frauen wie die Mutter seiner Kinder.
Kinder.
Ich werde wieder Kinder haben,
dachte er.
Ich werde eine wunderbare Familie haben und ein großes Haus mit einem phantastischen Pool, ein Auto, um das mich jeder Mann in der Straße beneidet und –
Er räusperte sich. Fing an zu schwitzen.
Was war los?
Der Traum? War es der Traum von letzter Nacht?
Mach dich nicht verrückt. Sie hat es versprochen. Sie hält ihr Wort...
Sein Blick blieb an dem Sofa hängen, auf das er sich legte, wenn er zwischendurch ein wenig Schlaf nötig hatte und nicht zu Bett gehen wollte.
Die Arbeit, der er nachging, war nicht wirklich Arbeit, sondern Leidenschaft und... Sucht. Ja, er war schon immer ein Workaholic gewesen, nur war ihm früher nicht viel von dem, was er anpackte,
gelungen
.
Er entschloss sich, es zu tun. Sich etwas aufs Ohr zu legen. Verdammt, wovor fürchtete er sich? Dass sich dieser Scheißtraum wiederholte, kaum dass er die Augen schloss? Dass wieder dieser unschuldig dreinschauende Junge aus der Schwärze auf ihn zukam und sagte: »Dein Traum wird sich nicht erfüllen. Du wirst diesen Ort nie mehr verlassen. Er wird dein Grab.«?
Es war ihm unglaublich schwer gefallen, dem Traumbild überhaupt zu widersprechen. »Aber wir haben einen
Vertrag
. Ich erfülle meine Pflicht, und sie...«
»Sie wird ihn nicht brechen.«
»Nein?«, Seine Erleichterung war nicht von Dauer gewesen.
»
Ich
werde ihn annullieren«, hatte der Junge gesagt und hohl gelacht. »Ich werde jemanden schicken mit Durst. Mit großem Durst. Alles andere wird sich ergeben.«
Der Mann im weißen Kittel fröstelte. Und fröstelnd ließ er sich auf das Sofa sinken.
Wie konnte er sich von einem Traum so einschüchtern lassen? Die Frau hatte ihn noch nie belogen. Er konnte ihr vertrauen.
Seufzend ließ er seinen Oberkörper zurück auf das Kissen sinken, das über der Couchlehne lag. Dann griff er nach rechts, fand den Schalter und löschte das Licht.
Wie müde er tatsächlich war, wurde ihm schon nicht mehr bewusst, so schnell war er eingeschlafen.
Der Traum ließ ihn in Frieden.
Ein anderer nicht...
Je weiter Sardon in das uralte Gemäuer vordrang, desto mehr schwand sein Glaube, hier auf einen Archonten – oder auf irgendjemanden anderes – zu stoßen.
Gabriel hat sich geirrt,
dachte er. Unter seinen Sohlen knirschte Sand, der es geschafft hatte, durch Löcher und Ritzen selbst in diese Bereiche der Festung vorzudringen.
Hier ist niemand mehr – weder lebendig noch tot!
Langsamer, müder wurde sein Schritt, obwohl sich die Chimären des Durstes drängender in ihm zu Wort meldeten.
Such!
jammerten und bettelten sie.
Such weiter und finde etwas, das uns zur Ruhe kommen lässt! Blut... Warmes, rotes, köstliches Blut...
Nicht nur Sardons Gedanken, auch seine Vorwärtsbewegung geriet ins Stocken.
Unvermittelt tauchte vor ihm eine Tür auf.
Es war die erste Tür überhaupt, auf die er innerhalb des Gemäuers traf. Sie war der erste Hinweis, dass Gabriel doch recht haben könnte. Sie war neu,
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