BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
wirkte die Gestalt noch wie von kunstfertiger Hand aus schwarzem Marmor gehauen, im nächsten schon – lebte sie! War sie aus Fleisch und Blut – und doch auch spürbar noch aus etwas ganz und gar anderem...
Selbst Milton Banks konnte ein Schaudern nicht unterdrücken. Doch er schrieb es seiner Ergriffenheit zu. Das Ereignis überwältigte ihn, und noch immer hegte er die Hoffnung, mehr für sich herausholen zu können als nur das, was ihm versprochen worden war.
»Herr, ich grüße Euch.« Banks senkte das Haupt in Demut.
»Lass den Quatsch«, raunzte der dunkelhaarige Jüngling unwirsch, als er nun vollends aus den Schatten trat, ganz so, als schäle er sich daraus wie aus einem Kokon.
»Nun gut, wie Ihr wollt«, gab Banks zurück. Fast klang er ein kleines bisschen eingeschnappt.
»Gute Arbeit«, lobte Gabriel, während er seinen Blick über die Reihen der Angetretenen schweifen ließ. »Du hast sie alle zu mir gebracht –«
Ruckartig wandte sich der Inkarnierte Milton Banks zu, und seine Augen verströmten Gletscherkälte.
»–
fast
alle!«, zischte er. »Eine fehlt!«
Banks hob beschwichtigend die Hände.
»Lasst mich erklären, Herr«, bat er. »Ich habe Ersatz gefunden. Sie wird –«
»Sie nützt mir nichts«, entgegnete Gabriel gereizt. »Nicht ohne einen Pakt!«
»Ich verstehe nicht, was Ihr –«
»Natürlich verstehst du nicht, Kretin!«, fauchte der Junge, dessen wahres Alter hinter dieser Maske fast mit dem der Schöpfung gleichzusetzen war. »Wie könntest du auch?«, Sein Ton mäßigte sich. »Und warum solltest du?«
»Ist es nicht am wichtigsten, dass sie hier ist... Herr?«, fragte Milton Banks weiter. Seine Selbstsicherheit, seine Jovialität – alles fiel von ihm ab wie alter Putz von einer Fassade. Und darunter kam zum Vorschein, was er wirklich war: nur ein Mensch, dem ganz allmählich zu Bewusstsein kam, worauf er sich eingelassen hatte – und vor allem. mit
wem
!
»In gewisser Hinsicht«, nickte Gabriel, »sicher.« Sein ausgestreckter Finger beschrieb den Halbkreis nach, in dem die anderen Aufstellung genommen hatten. »Aber mit jedem von ihnen verbindet mich ein Kontrakt – jedem von ihnen habe ich einen Gefallen erwiesen, und sie werden ihn mir vergelten.« Sein Finger blieb in der Luft hängen, und dachte man sich die Richtung seines Deutens als Linie fort, so endete diese Linie exakt zwischen Glory Ansons Augen!
»Nur mit
ihr
habe ich keinen solchen Handel abgeschlossen«, sagte Gabriel.
»Aber –« Milton Banks hob verzweifelt die Schultern.
Gabriel überging es und wandte sich statt dessen direkt an Glory Anson.
»Du!«, rief er. »Komm zu mir.«
Glory konnte nicht anders, als zu gehorchen. Mit mechanischen Schritten trat sie näher. Das Flackern ihres Blickes jedoch hatte nichts mit Verunsicherung oder Furcht zu tun. Es wurde nach wie vor von dem genährt, was in ihr wütete. Und die Nähe zu Milton Banks fachte es noch an.
Gabriel lächelte, und diese kaum nennenswerte Regung ließ ihn in Glorys Augen sympathisch erscheinen. Vielleicht aber lag es schlicht daran, dass in Milton Banks' Gegenwart jedermann sympathisch wirken musste – selbst der Leibhaftige würde sich im Vergleich wie ein Lämmchen ausnehmen...
»Oh, wie nett«, bemerkte Gabriel, ohne dass Glory wusste, was er damit meinte.
Dann fuhr er fort, und sein Ton war warm, seine Stimme angenehm, verführerisch fast: »Würdest du mir glauben, wenn ich dir sagte, dass ich deinen sehnlichsten Wunsch kenne?«
Glorys Blick spießte Milton Banks förmlich auf.
»Selbst ein Blinder müsste diesen Wunsch erraten können«, gab Glory zurück.
»Wie witzig«, meinte Gabriel. »Wirklich originell... Nun aber im Ernst, meine Liebe: Würdest du mir auch glauben, wenn ich dir verspräche, dir diesen Wunsch zu erfüllen?«
Glory lachte hart auf. »Natürlich, sicher, mein Bester.«
»Schön«, Gabriel klatschte erfreut in die Hände. »Was wärest du bereit, mir im Gegenzug dafür zu geben?«
»Such dir was aus.«
»Was ich will?«
»Was du willst.«
»Deinen Hass. Deinen Zorn.«
»Meine Seele?«, Glory grinste freudlos. Was sollte dieses Spiel? Und warum spielte sie es mit?
»Nehme ich noch dazu«, nickte Gabriel.
»Meinetwegen.«
»Na gut, dann – töte ihn!«
Glory schrak auf, als die Fesseln von ihren auf den Rücken gebundenen Händen fielen, als habe jemand sie blitzschnell aufgeknotet. Sie wirbelte herum, aber da war niemand.
Entgeistert schaute sie auf ihre Handgelenke hinab, dann zu
Weitere Kostenlose Bücher