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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
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untersetzten, grauhaarigen Mann um.
    Es war Jäger, der Staatsanwalt. Sie registrierte die schwarze Armbinde, die sich gegen das Fischgrätmuster seines Anzugs abhob, und verkniff sich die Frage, worin denn der Zufall bestand. Sie blickte zu ihm hoch, als er ihr seine verschwitzte Hand reichte. Er wirkte erholt. Sein Gesicht wies eine frische Bräune auf. Er lächelte sie an. »Gut, daß ich Sie hier treffe. Ich hätte da gleich ein paar Fragen an Sie. Es ist sowieso vorbei. Die Leute gehen schon. Sie haben doch einen Moment Zeit?«
    »Ich habe Zeit. Da gibt es außerdem etwas, das ich von Ihnen haben wollte. Der Abschiedsbrief, Sie erinnern sich bestimmt.«
    »Natürlich. Ich wollte Ihnen den Brief zukommen lassen, ich habe es nicht vergessen. Ich war allerdings die Woche nach dem... Vorfall in Urlaub, tut mir leid, ich hatte nicht dran gedacht, es zu erwähnen. Und letzte Woche mußte ich das aufarbeiten, was während meines Urlaubs liegengeblieben war. Ich hatte wahnsinnig viel zu tun, ich kam einfach nicht dazu.«
    »Wann kann ich ihn bekommen?«
    »Nun, ich denke, daß ich es morgen gleich als erstes veranlassen kann. Eine andere Sache. Frau Dr. Herbst, Sie kannten Herrn Klingenberg recht gut. Besser als die anderen Mitarbeiter in der Bank, besser auch als seine übrigen Bekannten.« Er warf einen Blick zu Wiking hinüber, der mit hochrotem Gesicht am Grab die Stellung hielt und sich von Presseleuten hofieren ließ. »Sie kannten ihn sogar besser als seine Verwandten.«
    Sie zuckte die Achseln. »Das ist keine Kunst. Es gibt ja außer Herrn Wiking keine Verwandten. Außerdem — er pflegte keine besonders ausgeprägten familiären Kontakte zu seinem Cousin, das ist allgemein bekannt. Sie kamen eher auf geschäftlicher Ebene zusammen, verkehrten hauptsächlich in Fragen des Bankmanagements miteinander. Aufsichtsrats- und Vorstandssitzungen, Geschäftsführertreffen. Diese Dinge eben.«
    »Er hatte nicht viele Freunde. Ich meine, richtige Freunde.«
    »Das klingt eher nach einer Feststellung als nach einer Frage.«
    »Es war eine Feststellung. Die Ermittlungsbehörden finden dergleichen schnell heraus, wenn sie die Umstände eines gewaltsamen Todes aufzuklären haben.«
    »Und dabei haben Sie festgestellt, daß ich seine beste Freundin war.« Ihre Stimme hatte einen leicht ironischen Unterton.
    Er überhörte es. »Ja«, sagte er einfach.
    Sie nickte. »Die Luft wird dünn da oben. Dort, wo er war, ist man sehr allein.«
    »Allein?« fragte er zweifelnd.
    »Nicht, daß man nicht ständig Menschen um sich hätte. Man kann sich ihrer gar nicht erwehren. Es ist eine ganz bestimmte Sorte Menschen. Neider, Speichellecker. Und Feinde.«
    »Ich verstehe. Kommen wir zum eigentlichen Thema. Da Sie eine derjenigen sind, die ihn gut kannten, können Sie mir vielleicht eine Frage beantworten.«
    »Nur zu.«
    Er räusperte sich. »Nahm er manchmal... Tabletten?«
    »Tabletten? Welche Tabletten?«
    Er sah sich um. Die meisten Menschen strebten bereits dem Ausgang zu. Wiking stand immer noch inmitten eines Pulks von Reportern. Er war größer als die meisten von ihnen. Er gestikulierte mit beiden Händen, und sein Backenbart blitzte in der Sonne rötlich auf.
    »Keine Kopfschmerztabletten, sonst würde ich nicht fragen. BTM.«
    Sie war Juristin und wußte, was er meinte. BTM war die Abkürzung für Betäubungsmittel.
    »Nein. Niemals. Keine Drogen, kein Aufputschmittel, nichts in der Richtung. Das war nicht sein Stil. Er rauchte nicht, er trank so gut wie nie. Ein Glas Champagner nach meinem bestandenen Examen, das ist das Äußerste, woran ich mich erinnere. Er brauchte das nicht zur Aufmunterung oder Entspannung.«
    »Womit entspannte er sich denn?«
    »Mit Musik. Hauptsächlich aber mit Lesen. Er las unglaublich viel. Alles, was ihm unter die Finger kam. Er verbrachte praktisch jede freie Minute damit.«
    »Hm, das nennt man wohl bibliophil. Richtig, da waren ja auch die Bücher auf seinem Schreibtisch...«
    »Wir sind vom Thema abgekommen«, unterbrach Johanna ihn. »In der Tat, wir waren bei Drogen stehengeblieben. Sie sagen also, daß er nichts einnahm?«
    »Nein, nie.« Sie senkte die Blicke, starrte auf ihre Schuhe. Dann sah sie ihn eindringlich an. »Sie haben etwas in seinem Magen gefunden, oder?«
    »Ja. Lysergsäurediäthylamid.«
    »LSD«, sagte sie überrascht.
    »Ja, und in dem Wasserglas auf seinem Schreibtisch auch. Er muß ziemlich high gewesen sein, als er das Zyankali genommen hat.« Sie schüttelte den Kopf!

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