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Barcelona 01 - Der Schatten des Windes

Barcelona 01 - Der Schatten des Windes

Titel: Barcelona 01 - Der Schatten des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafon
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klappte das Kärtchen auf. Darauf stand in blauer Schrift eine mir wohlvertraute Adresse:
    Avenida del Tibidabo 32
13
    Das Gewitter wartete nicht auf den Einbruch der Dunkelheit, um loszudonnern. Die ersten Blitze zuckten, kurz nachdem ich in einen Bus der Linie 22 gestiegen war. Als wir um die Plaza Molina herum die Balmes hinauffuhren, verschwamm die Stadt schon hinter flüssigen Vorhängen, und mir kam in den Sinn, daß ich nicht einmal vorsorglich einen Schirm mitgenommen hatte.
    »Mutig, mutig«, murmelte der Fahrer, nachdem ich Anhalten verlangt hatte.
Es war bereits zehn nach vier, als mich der Bus im verlorenen obersten Stück der Balmes im Unwetter stehenließ. Die Avenida del Tibidabo gegenüber war unter dem Bleihimmel nur eine wäßrige Andeutung. Ich zählte bis drei und lief unter dem Regen los. Naß bis aufs Mark und zitternd vor Kälte, blieb ich nach wenigen Minuten im Schutz eines Hauseingangs stehen, um Atem zu schöpfen. Ich erforschte den Rest des Weges. Der Eishauch des Gewitters verschleierte grau die gespenstischen Konturen von Palästen und Villen. Unter ihnen erhob sich inmitten der gezausten Bäume einsam der dunkle Turm des Aldaya-Hauses. Ich strich mir die klatschnassen Haare aus den Augen und lief los, quer über die menschenleere Avenida zu ihm hinüber.
Das Türchen im Gittertor wiegte sich im Wind. Auf der andern Seite schlängelte sich ein schmaler Weg zur Villa hinauf. Ich schlüpfte durch das Türchen auf das Grundstück. Zwischen dem Unkraut erahnte man die Sockel roh entthronter Statuen. Als ich mich dem Haus näherte, sah ich, daß eine von ihnen, ein Engel der Läuterung, zuoberst im Park verloren in einem Bassin lag. Unter der jetzt überfließenden Wasseroberfläche glitzerte die schwärzliche Gestalt geisterhaft. Die Hand des Feuerengels ragte aus dem Wasser; ein anklagender Zeigefinger, spitz wie ein Bajonett, wies auf den Haupteingang. Die gearbeitete Eichentür war angelehnt. Ich stieß sie auf und wagte mich ein paar Schritte in eine höhlenartige Vorhalle hinein. Die Wände schienen unter der Berührung einer Kerze zu schwanken.
»Ich dachte schon, du würdest nicht kommen«, sagte Bea.
Ihre Silhouette hob sich vom Halbdunkel in einem Flur ab, an dessen Ende sich fahl erleuchtet eine Galerie auftat. Sie saß auf einem Stuhl an der Wand, eine Kerze zu den Füßen.
»Schließ die Tür«, bedeutete sie mir, ohne aufzustehen. »Der Schlüssel steckt im Schloß.«
Ich gehorchte. Das Schloß knarrte mit Grabesecho. Ich hörte Beas Schritte hinter mir näher kommen und spürte ihre Berührung an meinen nassen Kleidern.
»Du zitterst ja. Vor Angst oder vor Kälte?«
Ich wandte mich zu ihr um und sagte:
»Das habe ich noch nicht entschieden. Wozu sind wir hier?«
Sie lächelte und nahm mich bei der Hand.
»Weißt du es denn nicht? Ich dachte, du hättest es erraten …«
»Das war das Haus der Aldayas, das ist alles, was ich weiß. Wie bist du hereingekommen, und woher hast du gewußt …?«
»Komm, wir machen ein Feuer, damit dir wieder warm wird.«
Sie führte mich durch den Korridor an den Fuß der Galerie, die den Saal des Hauses beherrschte. Dieser reckte sich in Marmorsäulen und kahlen Mauern zur Täfelung einer stückweise abgebröckelten Decke empor. Man erahnte die Rahmen von Bildern und Spiegeln, die vor Zeiten die Wände bedeckt hatten, sowie die Spuren von Möbeln auf dem Marmorboden. Am einen Ende des Saals lagen in einem Kamin einige Scheite bereit. Neben einem Schürhaken türmte sich ein Stapel alter Zeitungen. Der Kamin roch nach frischem Feuer und Kohlenstaub. Bea kniete vor ihm nieder und stopfte mehrere Zeitungsseiten zwischen die Scheite. Mit einem Streichholz steckte sie sie in Brand, und rasch bildete das Feuer einen Kranz. Kundig schoben ihre Hände das Holz zurecht. Vermutlich dachte sie, ich verzehre mich vor Neugier und Ungeduld, aber ich setzte ein desinteressiertes Gesicht auf, das zeigen sollte, daß sie, wenn sie mit mir geheimniskrämern wollte, den kürzeren ziehen würde. Sie lächelte triumphierend. Wahrscheinlich wertete das Zittern meiner Hände mein Ansehen nicht gerade auf.
»Kommst du oft hierher?« fragte ich.
»Heute zum ersten Mal. Gespannt?«
»Ein klein wenig.«
Sie kniete wieder vor dem Feuer nieder, zog eine Wolldecke aus einer Segeltuchtasche und breitete sie aus. Sie roch nach Lavendel.
»Komm, setz dich hierher ans Feuer, nicht daß du meinetwegen noch eine Lungenentzündung kriegst.«
Die Wärme des Kamins gab mir das Leben

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