BattleTech 08: Woelfe an der Grenze
würden, die Neurohelme übergaben. Colonel Ellman ging nicht mit ihnen, sondern schloß sich Colonel Arbuthnot und den anderen auf An Ting anwesenden höheren Offizieren an, die hinter Wolf standen. Dechan wertete dies als ein Zeichen der Solidarität unter den oberen Chargen.
Von irgendwo aus der Menge rief eine Stimme dem Colonel die Frage zu: »Wann gehen wir auf Schlangenjagd, Colonel?«
Irgendwie hatte Wolf den Sprecher erkannt und fixierte ihn mit hartem Blick. »Sie werden die Antwort darauf bekommen, Rodrigues. Warten Sie's ab.« Sowohl die Frage als auch die Anwort wurden vom Lautsprechersystem übertragen. Als die dichtgedrängt stehenden Dragoner Wolfs Worte hörten, wurde in Erwartung ihrer Rache tobender Beifall laut.
Durch die Binox sah Dechan, daß der Colonel bei der Antwort der Menge die Augen schloß. Für einen Augenblick war das Bild der Stärke, das Wolf aufrecht hielt, wie weggeblasen, und seine Erschöpfung war für Dechan klar zu erkennen. Dann schob sich der Schutzschild wieder an Ort und Stelle, und Wolf war wieder der Inbegriff des Kommandanten. Er baute sich kantig hinter den Mikrofonen auf.
»Blut hat uns hier und heute zusammengebracht. Das vergossene Blut eurer Kameraden. Das vergossene Blut unserer Feinde. Aber in erster Linie das vergossene Blut der Männer, Frauen und Kinder unserer Familienangehörigen. Dieses Blut schreit nach Rache.«
Die Dragoner bekundeten lautstark Zustimmung.
»Andere haben durch ihre Aktionen dafür gesorgt, daß wir dort angelangt sind, wo wir hier und heute stehen. Man hat uns keine Wahl gelassen. Wir haben anständigen Dienst geleistet, aber egoistische Menschen haben uns hintergangen. Das ist uns teuer zu stehen gekommen, und wir haben kaum damit begonnen, diese Leute dafür büßen zu lassen.
Wir haben mehrere Möglichkeiten«, sagte Wolf in den aufbrandenden Jubel hinein.
»Wir können die Fackel nach Luthien tragen und das Krebsgeschwür im Herzen des Draconis-Kombinats ausbrennen. Wir können uns rächen, wie wir es auf Neu-Delos getan haben. Ist es das, was ihr wollt?«
Hunderte von Stimmen schrien: »Ja!«
Dechan empfand allerdings nicht so. Er hatte auf Neu-Delos noch nicht zu den Dragonern gehört, aber er hatte den Schmerz der Verluste hier auf An Ting gespürt. Er hatte auch Rache gewollt, aber was er mit Jerry Akuma gemacht hatte, machte nicht einen einzigen Dragoner wieder lebendig. Das hatte nichts verbessert. Es hatte ihn nicht unbeschwerter schlafen lassen. Er schaute voller Hoffnung zu Wolf hinauf, daß der Kommandant etwas sagen würde, was helfen konnte, diesen Widerspruch zu lösen.
Wolf stand unbewegt da, während die Menge den Schlachtruf »Blut! Blut!« aufnahm. Als er die Hände hob, um sie zum Schweigen zu bringen, verstummten die Dragoner nach und nach.
»Auf diesem Weg würden wir in der Tat Blut zu sehen bekommen. Aber unser Blut ebenso wie Kuritablut. Der Weg nach Luthien ist lang und hart. Auf ihm wären wir den permanenten Angriffen der Kuritastreitkräfte ausgesetzt. Die Draconier würden auf unseren Marsch durch das Kombinat nicht sehr freundlich reagieren, und sie würden starke Verbände aufbieten, um uns abzufangen. Noch stärkere Kräfte würden Luthien verteidigen. Schließlich ist Luthien ihr Hauptplanet, ein Sammelpunkt für ihr Einheits- und Zusammengehörigkeitsgefühl. Das war auf Neu-Delos anders. Auf Luthien würden wir mit einem einigen Volk konfrontiert, nicht mit einem, das durch Bürgerkrieg zerrissen ist. Die Macht des Draconis-Kombinats darf nicht unterschätzt werden.
Wir sind die Dragoner. Keine Einheit, ob hauseigen oder Söldner, kann sich mit uns messen. Aber selbst wir sind nicht unbesiegbar. Wenn der Druck zu groß wird, könnten wir auseinanderfallen, zerbrechen. Der Weg nach Luthien wäre für uns gleichzeitig der Weg in die Vergessenheit.«
Ein leises Murren setzte ein. Das Tier in der Menge knurrte, weil es spürte, wie ihm seine Beute entglitt.
»Ich kann nicht von euch verlangen, daß ihr auf eure Rache verzichtet. Ich habe ebenfalls geschworen, daß es niemals wieder ein zweites Neu-Delos geben würde. Ich möchte euch nur um eines bitten: Überlegt euch, wo wir stehen und was wir erreichen wollen. Denkt auch an diejenigen, die wir beschützen müssen.
Hier auf An Ting mußten wir kämpfen. Wir werden wieder kämpfen müssen. Nichts, das wir tun, kann dies verhindern. Das Kurita-Oberkommando weiß, daß es uns verloren hat und wir das Kombinat verlassen werden. Ihr habt alle gehört, was die
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