BE (German Edition)
man das umsetzt oder wie das jemand verstehen soll. Viele Filmstudenten sind ja so begeistert von ihrer Idee und können nicht sehen, dass man sie missverstehen könnte. Dass eine Szene missverständlich sein könnte. Manchmal versteht man ja überhaupt nicht, was sich der Regisseur gedacht hat. Deswegen habe ich meinen Studenten immer gesagt: Denk dran, es gibt hier Leute, die wollen sich das angucken. Und wenn du’s verstehst, das reicht nicht. Es muss so sein, dass auch das Publikum das versteht«, so Hauff. Laut Hauff begri. Bernd schnell, was Hauff seinen Studenten beibringen wollte: Dass er sich als Filmemacher immer fragen sollte, wie der Film auf das Publikum wirkt und ob das Publikum das Gesehene verstehen kann. »Wie kann ich mich verständlich machen? Wie kann ich bei einer Szene, von der ich mir eine bestimmte Wirkung verspreche, auch erreichen, dass diese Wirkung generiert wird?«, waren die Fragen, die Hauff seinen Studenten eintrichterte. Damit legte Hauff die Grundlange für den roten Faden, der sich durch alle Filme von Bernd zieht: Seine Filme lassen ihr Publikum nie alleine. Der Zuschauer steht nie verlassen da und fragt sich: Was bedeutet das eigentlich alles? Diese Frage stellt er sich erst zum Schluss, wenn der Film vorbei ist und die Lichter im Kino angehen. Aber bis dahin – da blieb Bernd der ersten wichtigen Lektion treu, die er an der Filmhochschule gelernt hatte – sollte sich der Zuschauer gut aufgehoben wissen im erzählerischen Sog der Ereignisse.
Hauff erinnert sich, dass Bernd während des Studiums unbedingt lernen wollte. Es ging ihm nicht so sehr um Selbstfindung und die damit verbundenen Selbstzweifel, die ein Studium mit sich bringen, noch standen das Loslösen vom Elternhaus und die damit verbundenen Kneipenaufhalte im Vordergrund. Gerade Letzteres hatte er ja schon bis zum Exzess während seiner Schulzeit betrieben. Bernd wollte so viel und so schnell wie möglich lernen. Das Studium war für ihn sein Ticket in eine neue Welt. Auch mir hat er es so erzählt. Dieses Tunneldenken und das extreme Konzentrieren auf eine Sache, das ihn später auch als Produzenten und Drehbuchschreiber auszeichnen sollte, war schon während seines Studiums zu spüren. Bernd hatte sich festgebissen, hatte seine Leidenschaft gefunden. Nun wollte er mehr und mehr davon. Ständig und immer, jeden Tag, mit aller Energie. Jeder Bremsklotz wurde abmontiert. Hauff erinnert sich an Bernds außergewöhnliche Macherfreude:
»Ich hab gedacht, das ist der einzige ›Spieler‹ unter allen hier. Und das war auch so. Ich habe ja in meiner Laufbahn viele Produzenten kennengelernt, die immer hart am finanziellen Ruin gefahren sind. Aber Bernd war der einzige Spieler. Die anderen haben ja immer an ihren knappen Budgets herumkalkuliert. Und wenn sie endlich mal Geld hatten, wussten sie nicht, wie sie’s ausgeben sollten. Die große Fähigkeit eines Produzenten besteht ja darin zu entscheiden: Wo ist Geld wichtig und an welcher Stelle ist es gut investiert? Geldausgeben ist eine Kunst! Es gibt Leute, die haben große Budgets, aber geben es für die falschen Szenen oder die falschen Dinge aus. Ein Produzent muss erkennen, wo die Gewichte in einem Film sind und dann sagen: lieber ein paar Tage mehr an diesem Motiv und dann woanders sparen. Bernd war der Einzige in Deutschland, der das richtig begriffen hat. Das war sein Spaß. Sein Spiel«, so Hau. .
Nach den kleinen Übungsfilmen drehte Bernd, wie schon erwähnt, den Gangsterfilm »Canossa«. 1972 folgte »Kidnapping«, ein reiner Genrefilm, bei dem eine reiche Erbin von einer Erpressergang entführt wird. Bernd war im nachhinein nicht besonders stolz auf den Film, denn er fand ihn zu generisch, zu wenig originell. In einem Interview mit Judith Früh und Helen Simon von der HFF München, sagte Bernd zu »Kidnapping«:
»Der trägt überhaupt nicht meine Handschrift. In keinster Weise. Den hätte auch jemand anderes gedreht haben können. Bei meinen anderen Hochschulfilmen weiß ich ganz genau, dass das ich war. Das ist ja das Gute. Dass man halt an der Filmhochschule gnadenlos auch so sein Ding gefahren hat. Man musste ja nicht erfolgreich sein. Mir tun die Leute heute schon ein bisschen leid, die während der Filmhochschule schon schauen müssen, dass sie ihre Produktionen möglichst kommerziell gestalten, damit es dann verkauft wird, einen Studenten-Oscar kriegt oder irgend so was. Wir haben uns um solche Sachen überhaupt nicht gekümmert, sondern einfach
Weitere Kostenlose Bücher