Befehl von oben
einem Flugzeug?« fragte Caruso den NTSB-Beamten.
»Zwei. Auf den älteren gab es noch einen Bordingenieur, aber die neueren brauchen keinen. Auf echten Langstreckenflügen ist manchmal noch ein dritter Pilot dabei, aber die Vögel sind ja heute dermaßen automatisiert, und die Motoren gehen kaum je kaputt.«
Der Gerichtsmediziner stand auf und winkte die Helfer mit dem Leichensack heran, ehe er sich den anderen zuwandte. »Sie möchten das vorläufige Ergebnis?«
»Darauf können Sie wetten«, erwiderte Caruso.
»Definitiv tot vor dem Absturz. Keine Blutergüsse durch den Aufschlag. Die Brustwunde ist relativ alt. Im Gurtverlauf müßten Prellungen sein, gibt's aber nicht, nur ein paar Kratzer und verdammt wenig Blut. Nicht einmal, wo der Kopf abgetrennt wurde, ist viel Blut ausgetreten. Im Grunde viel zuwenig Blut in den Überresten hier. Nehmen wir an, er wurde auf seinem Sitz im Flugzeug ermordet. Die Gurte hielten ihn in Sitzposition. Nach Einsetzen des Todes sackt alles Blut in die unteren Extremitäten, und die Beine wurden abgerissen, als der Vogel am Gebäude aufschlug – darum gibt es in den Überresten hier sowenig Blut. Mir bleiben reichlich Hausaufgaben, aber auf die Schnelle: Er war mindestens schon drei Stunden tot, als das Flugzeug hier ankam.« Will Gettys übergab die Brieftasche. »Hier ist sein Ausweis. Armer Kerl. Ich bin sicher, er war an der Sache hier nicht beteiligt.«
»Inwieweit könnten Sie sich in dieser Sache auch irren?« O'Day mußte das fragen.
»Ich wäre sehr überrascht, Pat. Eine Stunde oder zwei bezüglich des Todeszeitpunkts – aber eher früher als später – yeah, das wär' möglich.
Aber hier gibt's nicht annähernd so viel Blut, daß er zum Zeitpunkt des Aufschlags gelebt haben könnte. Nein, er war schon lange vor dem Absturz tot. Das können Sie auf die Bank tragen«, sagte Gettys den beiden Agenten, wohlwissend, daß davon seine Karriere abhängen konnte.
»Gott sei Dank dafür«, stöhnte Caruso. Dies war mehr als nur eine Erleichterung der Ermittlungen. Mindestens zwanzig Jahre lang würden immer neue Verschwörungstheorien aufkommen, und das Bureau würde jeder davon nachgehen, unterstützt, dessen waren sie sich sicher, von der japanischen Polizei. Aber nun hatte einer allein dieses Flugzeug ins Capitol gebohrt, und damit stand so gut wie fest, daß dieses Grandmai-Attentat, wie die meisten anderen auch, das Werk eines einzelnen war, wahnsinnig oder nicht, erfahren oder nicht, auf alle Fälle aber allein.
Auch wenn sich nicht jeder davon überzeugen ließ.
»Überbringen Sie Murray diese Information!« befahl Caruso. »Er ist beim Präsidenten.«
»Ja, Sir.« O'Day ging rüber zu seinem geparkten Diesel-Pick-up. So was gab man nicht über Funk durch, nicht mal verschlüsselt.
*
Konteradmiral Jackson zog seine blaue Affenjacke etwa neunzig Minuten vor dem Eintreffen in Andrews an. Die Uniform hatte in seiner Reisetasche gelitten. Nicht, daß das etwas ausmachte, und die marineblaue Wolle war auch nicht sehr knitterempfindlich. Die Blicke würden eh von seinen fünf Streifen und goldenen Flügeln angezogen. Diesen Morgen kam der Wind wohl von Osten, denn die KC-10 flog von Virginia her ein, und ein gemurmeltes »Jesus, seht euch das an!« von ein paar Reihen weiter hinten veranlaßte alle im vorderen Teil des Flugzeugs, sich an die Fenster zu kleben wie Touristen, die sie nicht waren – der Pilot mußte nachtrimmen. Erhellt vom beginnenden Morgengrauen und der riesigen Ansammlung von Lichtern am Boden, war deutlich zu sehen, daß das Capitol, Herzstück der ersten Stadt ihres Landes, nicht mehr so war wie zuvor. Irgendwie war dieser Anblick unmittelbarer und realer als die Fernsehbilder, die viele von ihnen vorm Abflug in Hawaii gesehen hatten. Fünf Minuten später landete das Flugzeug auf Andrews Air Force Base. Auf die höheren Offiziere wartete schon eine Maschine vom Ersten Heli-Geschwader der Air Force, um sie zum Landeplatz beim Pentagon zu bringen. Dieser Flug, niedriger und langsamer, bot ihnen einen noch intensiveren Blick auf die Zerstörungen des Gebäudes.
»Jesus«, fragte Dave Seaton über die Bordsprechanlage. »Ist da jemand lebend rausgekommen?«
Robby nahm sich Zeit, ehe er erwiderte: »Ich frage mich, wo Jack gewesen ist, als das passierte …« Ihm fiel ein Trinkspruch der britischen Armee ein – ›Auf blutige Kriege und seuchenreiche Zeiten!‹ –, der sich auf zwei sichere Wege für Offiziere bezog, auf vakante Stellen
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