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Bei Tränen Mord: Roman (German Edition)

Bei Tränen Mord: Roman (German Edition)

Titel: Bei Tränen Mord: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Lauriel
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schief
gelegtem Kopf entschuldigend.
    Mir fällt
auf, dass der Gute zwar schon ganz schön viel über mich weiß, ich aber nichts über
ihn. »Möchtest du ein wenig über dich erzählen?« Ich schenke ihm nach, da er endlich
sein Glas ausgetrunken hat.
    Er zögert
einen Moment, doch dann nickt er. »Als Kind war ich dick. Nein, eigentlich sogar
fett. Ich hatte eine Tante, die mich mit allen Süßigkeiten versorgte, die ich wollte.
Meine Mutter hat super gekocht, aber mir waren die Chips, Bonbons und Schokoriegel
lieber, mit denen meine Tante mich vollstopfte.«
    Er grinst
schief, und ich schmelze noch ein wenig mehr. Bald wird nur noch eine Pfütze von
mir übrig sein.
    »Du kannst
es dir denken. In der Grundschule war es noch nicht so schlimm, aber in der weiterführenden
Schule wurde ich ganz schnell zum Außenseiter. Ich brauchte eine Weile, bis ich
endlich den Arsch hochkriegte und beschloss, nicht länger dick sein zu wollen.«
Er trinkt einen Schluck. »Meine Eltern unterstützten mich. Mutter ging mit mir zur
Ernährungsberatung, und sie bezahlten mir das Fitnessstudio. Tja, seitdem ist Sport
zu einer Sucht geworden.«
    »Ich kann
mir schlimmere Süchte vorstellen.« Ich ziehe die Nase kraus. »Zum Beispiel eine
Sucht nach Schuhen.«
    Er lacht
laut auf. »Ja, da bedienst du ein gängiges Klischee.«
    »Und das
ist nicht das einzige, fürchte ich.«
    Er beugt
sich wieder vor, seine Knie rutschen dabei nahe zu meinen. »Ach nein?«
    Ich schüttle
den Kopf. »Erzähl mir erst noch mehr über dich. Du weißt schon so viel von mir.«
Ich brauche ihm nicht jetzt schon auf die Nase zu binden, dass ich ein Serienjunkie
bin und außerdem am liebsten Schokolade zum Frühstück esse, was man mir zum Glück
nicht ansieht – aber ich kann mir die teuren Pralinen, die ich so mag, ja auch nicht
immer leisten.
    Er legt
mir eine Hand auf das Knie, und ich brauche eine ganze Weile, meine Konzentration
aus der Mitte meines Unterleibs wieder in mein Hirn zu lenken, um zu verstehen,
was er mir sagt.
    »Gut, dann
will ich ganz ehrlich sein. Ich bin verheiratet … Hast du mich gehört, Lucy?«
    »Ääh.« In
meinem Kopf macht es ein hässliches Geräusch, wie wenn die Nadel eines Schallplattenspielers
quer über die Rillen ratscht. Ich bewege mein Knie, sodass er seine Hand zurückziehen
muss. Also doch! Warum trägt der Schuft keinen Ehering? Ich stehe auf. Mein rechter
Fuß ist eingeschlafen, ich knicke um. Frank fängt mich auf und hält mich fest, obwohl
ich mich wehre und versuche, freizukommen. Das ist ja wohl die Höhe!
    »Lass mich
sofort los, du …!« Ich spreche lieber nicht aus, was mir durch den Kopf schießt.
    Er hilft
mir auf die Beine und lässt mich los. Schade eigentlich.
    »Lucy, meine
Ehe ist längst zu Ende …«
    Ach nee!
    »Wirklich!
Wir wollen uns scheiden lassen, leben schon über ein Jahr getrennt, und meine Frau
… meine Exfrau bekommt ein Kind von einem anderen Mann.«
    Ich stöhne.
Sind das nicht allesamt Worte, wie man sie in den billigsten Liebesschmonzetten
liest und hört? Schon sehe ich mich als ›die andere‹, die vor Liebe vergeht, ihrem
Angebeteten jeden Wunsch von den Augen abliest und ihr Leben in Wartestellung verbringt,
immer darauf hoffend, dass der Typ endlich seine Versprechungen wahr macht und die
Ehefrau in die Wüste schickt. Glückwunsch, das passt ja wieder mal wie die Faust
aufs Auge. Und hier präsentieren wir Ihnen Lucinda Schober, die talentierte junge
Frau mit besten Voraussetzungen, die es geschafft hat, ihr gesamtes Leben in den
Sand zu setzen. Scheißjob, Scheißchef, Scheißfreund.
    Nee, das
muss ich erst mal verdauen. Ich bitte ihn, zu gehen, auch wenn es mir schwerfällt.
     
    Diese Nacht zieht sich ins Unendliche.
Ich finde zuerst keinen Schlaf, dann träume ich von all meinen vermeintlichen Opfern,
und am Schluss sehe ich Frank, wie er eine fremde Frau zum Altar führt. Alle, die
ich umgebracht habe, umringen das Brautpaar und applaudieren. Wie gerädert stehe
ich am nächsten Morgen sehr früh auf und beschließe, vor der Arbeit zu joggen. Da
das Wetter umgeschlagen hat und es für Juni empfindlich kühl ist, ziehe ich ein
Sweatshirt über und mache mich auf den Weg, um das Gedankenkarussell von der frischen
Luft wegpusten zu lassen. Schlimm genug, dass ich heute arbeiten muss, wo die meisten
Menschen ausschlafen dürfen …
    Nach einer
Stunde und einigen per pedes zurückgelegten Kilometern hat die kühle Luft ihren
Dienst getan. Ich bin vielen Joggern begegnet,

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