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Bélas Sünden

Bélas Sünden

Titel: Bélas Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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wolle mir noch einen Drink machen. Aber er zog den Gürtel aus der Hose.
    Seinen Gesichtsausdruck werde ich nie vergessen. Ich dachte, er bringt mich um. Den ersten Schlag konnte ich noch mit dem rechten Arm abfangen. Anschließend schien mein Arm in Stücke geschnitten. Den zweiten Schlag… na ja. Die phantastische Einrichtung bestand größtenteils aus Glas und Leder. Jetzt begriff ich, warum, das kann man leichter abwischen.
    Er wollte mich nicht umbringen. Er brauchte das nur, um sich richtig in Stimmung zu bringen. Danach war er nett, direkt zärtlich. Küsste jeden Striemen und jede einzelne Träne weg. Ich bekam Pflaster und Mullbinden für die ärgsten Blessuren. Den halben Rücken schmierte er mir mit einer Salbe ein. Eine ausgezeichnete Salbe, Narben habe ich nicht zurückbehalten. Dann fragte er, ob ich über Nacht bleiben möchte. Als ich verneinte, bot er an, mir ein Taxi zu rufen. Ich zog es vor, im eigenen Wagen heimzufahren, weil ich darin ungestört heulen konnte.
    Ich habe ihn nicht angezeigt, hätte mich zu sehr geschämt, einem Polizisten zu erklären, was passiert war.
    Nur mit Heinz habe ich darüber gesprochen. Meta und meinen Eltern habe ich erzählt, ich hätte einen kleinen Unfall gehabt. Das habe ich auch im Geschäft behauptet. Meine Kolleginnen haben sich wohl manchmal gewundert, dass ich keine Lust mehr auf die urigen Altstadtkneipen oder die supermodernen Discos hatte. Aber nachgefragt haben sie nie. Sonja verbrachte nach wie vor ein Wochenende im Monat bei meinen Eltern. Ich nutzte die Zeit, um andere Geschichten zu schreiben, die sich alle nur um ein Thema drehten, um die Frau, die an den falschen Mann gerät. Ich weiß nicht, wie oft ich Karl-Josef und seine Nachfolger umgebracht habe. Heinz natürlich ausgenommen. Ich habe sie erschossen, erstochen, vergiftet oder im Schlaf mit dem eigenen Hosengürteln erwürgt.
    Und zweimal die Woche ließ ich mich von Heinz in die Arme nehmen, küssen, streicheln, lieben, war danach zufrieden für eine halbe Stunde, hatte anschließend das Gefühl, dass ich an meiner Unfähigkeit, mich aus dieser Beziehung zu lösen, erstickte. Und dann kam Béla. Was mich betrifft, war es die viel zitierte Liebe auf den ersten Blick. Béla sah aus wie der Garantieschein auf das Glück und ein bisschen wie der jüngere Bruder meines Nachbarn und Liebhabers. Einsachtzig groß und schlank, dunkle Locken, fast schwarze Augen, einen schön geschwungenen Mund, einen Teint, um den ihn jede Frau nur beneiden konnte. Und der feurige Ungar stand ihm mitten auf der Stirn geschrieben, Puszta und Paprika und was sonst noch dazu gehört. Wäre er mir in einer urigen Altstadtkneipe oder Diskothek begegnet, ich weiß nicht, ob etwas daraus geworden wäre. Aber ich traf ihn auf vertrautem Boden, im Drogeriemarkt. Er fiel mir schon auf, als er zur Tür hereinkam.
    Die meisten Männer machten von der Eingangstür ab einen ziemlich verlorenen Eindruck, schlichen an den Regalen entlang, ganz verschämt und verlegen, als sei es peinlich, dass sie ein Deo benutzten oder ein After Shave. Béla nicht, er steuerte schnurstracks auf die männlich herben Duftwässerchen zu, griff zielgerichtet ins Regal und kam zu mir an die Kasse. Er musste zwei Minuten warten, weil eine ältere Frau das Geld nicht passend hatte und ich nicht wechseln konnte. Ich hatte auch keine Lust, mir noch einmal Kleingeld für die Kasse zu holen. Es war nach sechs. Eine halbe Stunde später hätte ich die Münzen zählen müssen.
    So versuchte ich, mit einigen Rechenkunststücken über die Runden zu kommen.
    »Haben Sie achtzehn Pfennig?« Hatte sie nicht.
    »Zwanzig Pfennig?«
    Auch nicht. Einsfünfzig hatte sie klein, damit war uns nicht geholfen. Béla schaute sich unsere Verhandlungen mit wachsender Ungeduld an, zückte seine Börse, suchte darin und legte mir fünfzig Pfennig in Groschen und Pfennigstücken hin. Nachdem die Frau das Geschäft verlassen hatte, stand ich mit ihm vor dem gleichen Problem.
    »Haben Sie vielleicht neunundsechzig Pfennig?«
    Hatte er nicht, aber er hatte einen herrlichen Akzent, so ein Rollen und Singen in der Stimme. Ich glaube, zuerst verliebte ich mich in seine Stimme. Ich hätte ihm stundenlang zuhören können, nur hatte er nicht stundenlang Zeit. Wir einigten uns darauf, dass er mir neunzehn Pfennig schuldig blieb.
    Kaum war er draußen, zog Sabine mich damit auf. Sie war eine von den beiden, mit denen ich gut ein Jahr vorher zuletzt in Köln gewesen war. Sabine wunderte sich,

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