Bélas Sünden
hat keine Szenen gemacht, ihm nicht, nur mir, wenn ich das Verhältnis beenden wollte. Bis Meta mit dem Kaffee kam, sprachen wir über das schöne Wetter, nur ein oder zwei Sätze. Danach über den Unterschied zwischen starkem Kaffee und schwarzem Tee. Ich trank eine Tasse, als ich mich erhob, fragte Meta fast ängstlich:
»Willst du schon gehen?« Sie wechselte einen raschen Blick mit ihrem Vater. Es sah aus, als hole sie sich sein Einverständnis für die Bitte:
»Bleib doch noch einen Moment.« Ich hatte keine Lust, noch einen Moment zu bleiben. Es war vorbei, ich hatte es geschafft, nach sieben Jahren, aber diesmal endgültig.
»Ich habe noch zu tun«, sagte ich. Den Rest vom Nachmittag verbrachte ich an der Schreibmaschine. Damals entstand die beste von diesen bitterbösen Geschichten aus
»Rote Träume«. Die Frau war keine Heldin, nur eine Frau. Sie verliebte sich, setzte alle Hebel in Bewegung, um den Auserwählten für sich einzunehmen. Als sie ihn dann hatte und erkennen musste, dass er sie mit einem Mann betrog, suchte sie sich ebenfalls einen Liebhaber. Erst für ein bisschen Trost, dann für ein bisschen Rache.
Der Schluss der Geschichte gefiel mir besonders gut. Sie lagen auf dem Bett, die Frau und ihr Liebhaber. Er fragte sie, warum sie sich nicht endlich von ihrem Mann trennte.
Sie antwortete:
»Ich kann nicht.«
Er fragte:
»Warum nicht?«
Sie antwortete:
»Ich weiß es nicht.«
Er fragte, ob sie ihren Mann noch liebe.
Sie antwortete:
»Vielleicht.«
Das machte ihn wütend. Er riss sie an sich, nahm sie noch einmal unbeherrscht, fast schon grob. Kurz vor seinem Höhepunkt stieß er hervor:
»Dafür könnte ich dich töten.«
Und sie fragte ihn ruhig:
»Warum mich?«
Für die Kurzgeschichte ließ ich das Ende offen. Es lag auf der Hand, was geschehen würde. Der Liebhaber tötet ihren Mann, um sie für sich allein zu haben.
Und nun musste ich mich fragen, ob aus dieser Geschichte Realität geworden ist. Ein Liebhaber, der meinen Mann erschoss! Nein, nicht Heinz Böhring. Es war seit damals nichts mehr zwischen uns gewesen, nur diese Freundschaft, die intensiver war als andere. Dierk Römer, mein Verleger. Der Mann, der mir dazu verholfen hatte, Karriere zu machen. Der einen hübschen Batzen Geld in mich investiert hatte und einen noch größeren an mir verdienen wollte. Zweiundvierzig Jahre alt, groß und schlank und dunkelhaarig. Ledig! An Männern nur interessiert, wenn sie gute Bücher schrieben oder sonst wie mit dem Literaturbetrieb zu tun hatten. Intelligent, kultiviert, charmant und gebildet, ein Mann, wie ich eigentlich immer einen haben wollte.
3. Kapitel
Ich war in der Nacht zum Montag nicht nach München geflohen, um Béla mit Dierk Römer zu betrügen, wirklich nicht. Ich wollte nur etwas Ruhe, Abstand, die Gedanken sortieren, überhaupt einmal wieder nüchtern und logisch denken können.
Dierk war überrascht, als ich kurz nach neun am Montagmorgen unangemeldet in seinem Büro auftauchte. Und schockiert war er, weil ich das Händezittern nicht unterdrücken konnte, weil ich eine Zigarette nach der anderen rauchte und zwischendurch Tabletten gegen die Kopfschmerzen schluckte. Er brachte mich in seine Wohnung, damit ich ausschlafen könnte. Ich wollte nicht schlafen, also redeten wir. Zuerst über den neuen Roman, mit dem ich anfangs so gut vorangekommen war. Dass ich in den letzten Wochen keine Zeile mehr geschrieben hatte. Weil ich nicht mehr konnte. Dann sprachen wir über Béla. Über die zehn Jahre mit ihm und die Enttäuschungen. Über die Nacht im August, die letzten Wochen und meine Vermutungen.
Dass ich es nicht aushielt, auf eine so infame Weise betrogen zu werden. Über das, was ich bei Béla gefunden, und über das, was ich durch ihn verloren hatte. Mein inneres Gleichgewicht, meine Selbstachtung, meine Tochter.
Der Rest hatte sich ergeben, wieder einmal. Bei mir hat sich immer alles nur ergeben. Ich hatte kein Hotelzimmer gebucht, war einfach losgefahren. Dierk bot mir das Gästezimmer an, nur blieb ich nicht drin. Ich ging zu ihm, weil ich das Bild nicht loswurde. Der Tisch im Lokal, die Beine auf Bélas Schultern, das Stückchen nackter Haut und die blonden Haare. Und neben dem Tisch sah ich mein Bett. Die Vorstellung, dass Béla sich in meinem Bett vergnügte, während ich in Dierks Gästezimmer nicht zur Ruhe kam, trieb mich hinaus auf den Flur und vor die Tür von Dierks Schlafzimmer. Mir war übel vor Angst, er könne mich zurückschicken in das
Weitere Kostenlose Bücher