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Bélas Sünden

Bélas Sünden

Titel: Bélas Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Aber ich sagte ja schon, er konnte Gedanken lesen. »Mach dir keine Sorgen wegen deiner Tochter, Liska. Wir werden uns verstehen. Sie wird sich zuerst wundern, dann wird sie froh sein, dass sie nicht alleine ist.«
    Um halb neun ging ich aus der Wohnung. Da saß Sonja bereits am Küchentisch, ein bisschen erstaunt, aber ganz umgänglich. Béla kam wohl nicht mehr dazu, sich noch einmal hinzulegen. Als ich mittags heimkam, stand er vor dem Herd. Sonja war dabei, den Tisch zu decken. Sie hatten zusammen Einkäufe gemacht, Schweineschnitzel und Blumenkohl, eins meiner Lieblingsgerichte. Béla trug auf, lobte sich selbst. »Ich bin ein guter Koch.«
    Ja, das war er, ein guter Koch, ein sehr guter Liebhaber und ein guter Freund für elfjährige Mädchen. Er blieb auch am Nachmittag, spielte Sonja auf dem Keyboard vor, das sie geholt hatten, als sie Einkäufe machten, las in meinem Privatmanuskript. Es gab inzwischen rund neunzig Seiten, aber der rote Faden fehlte noch. »Du bist gut, Liska«, sagte er ein paar Tage später. »Es gibt nicht viele, die gut über die Liebe schreiben können.
    Du kannst es. Eines Tages wirst du damit berühmt werden.«
    Er träumte gern. Seine Träume begannen alle mit »eines Tages«. Eines Tages wollte er ein freier Mann sein, sich nicht mehr von anderen vorschreiben lassen, was er zu spielen habe. Eines Tages wollte er ein Lokal haben, nicht zu klein, nicht zu groß. Eines Tages sollte ich meine Geschichten nicht mehr am Küchentisch schreiben müssen. Und ich sollte auch nicht mehr an der Kasse des Drogeriemarktes sitzen. Eines Tages würden wir beide frei sein und reich. Ich würde schreiben, er würde spielen, und lieben würden wir uns, heiß und innig und für alle Zeit. Im Februar ließ ich einen Haus- und einen Wohnungsschlüssel nachmachen. Kurz darauf kündigte Béla sein möbliertes Zimmer und zog bei mir ein. Er war auch in den Wochen davor mehr bei mir als in dem kleinen Häuschen gewesen. Meine Wohnung hatte zwar nur zwei Zimmer, aber es war Platz genug für uns drei. Ich hatte mir, als ich mich neu einrichtete, eine kombinierte Schrankwand für das Wohnzimmer gekauft, in der Bett und Kleiderschrank untergebracht waren. Sonja verfügte über ihr eigenes Reich und fand Béla »ganz nett«.
    Morgens saßen wir immer gemeinsam am Frühstückstisch. Und ob Béla um zwei oder um drei in der Nacht heimgekommen war, müde wirkte er nie. Wenn ich um halb neun aus der Wohnung ging, legte er sich noch einmal hin. Sonja war dann in der Schule. Er konnte ein paar Stunden Schlaf nachholen. Mittags saßen wir wieder zusammen am Tisch. Alles war aufgeräumt und sauber.
    Die Wäsche wurde regelmäßig gewaschen, sogar gebügelt, die Fenster geputzt. Traumhaft, nicht wahr? Der perfekte Mann für die berufstätige Frau. »Ich bin ein guter Haushälter«, sagte Béla einmal. Im Laufe des Nachmittags musste er dann aufbrechen und kam irgendwann in der Nacht zurück. Wenn er zu mir ins Bett kroch, wachte ich kurz auf. Eine halbe Stunde für die Liebe. Wie hatte er am ersten Abend gesagt? »Ich will immer.«
    Manchmal war ich nicht richtig wach, das mochte er.
    »Du bist so weich, wenn du träumst, Liska.«
    Und am Wochenende feierten wir eine Orgie. In das Lokal begleiten mochte ich ihn nicht, obwohl er mich ein paar Mal darum bat. Ich konnte Andreas akzeptieren, aber ich musste ihn mir ja nicht öfter als unbedingt nötig aus der Nähe anschauen. Da schrieb ich lieber ein paar Seiten, um mir die Zeit zu vertreiben. Übers Schreiben kam ich meist in die richtige Stimmung. Um elf oder zwölf zog ich das Bett aus dem Schrank, legte mich hin, wartete und wusste genau, dass Andreas in dieser Nacht nur der Gitarrist und ein guter Freund war. Und ich war Liska, Bélas Einzige.

4. Kapitel
    Es war nichts Besonderes an diesen Monaten. In gewisser Weise war es ein geregeltes Leben. Ein paar Momente sind hängen geblieben. Die Nacht, in der ich so fest schlief, dass ich zuerst nicht bemerkte, wie Béla zu mir kam. Als ich endlich die Augen öffnete, war es schon fast vorbei. Béla murmelte etwas. Zuerst verstand ich ihn nicht. Als ich ihn dann verstand, kannte ich die Worte nicht. »Szeretlek, Kincsem.«
    Es heißt: Ich liebe dich, mein Schatz. Damals hörte ich das zum ersten Mal. Szeretlek, Liska. »Ich dich auch«, flüsterte ich später so oft, »ich dich auch.« Es war die Wahrheit, die ist es immer noch.
    Dann war da der Morgen im April, an dem ich aufwachte und mit dem Kopf auf seiner Brust lag,

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