Bernstein Verschwörung
die dahinterliegende Wand und pendelte
sanft zurück. Stefan setzte einen Fuß über die
Schwelle. Das Erste, was ihm im halbdunklen Flur auffiel, war das
hier herrschende Chaos. Jemand hatte sich an der Kommode zu
schaffen gemacht und den Inhalt der kleinen Schubläden auf dem
Fußboden verteilt. »Einbrecher«, raunte Stefan
Heike zu und legte einen Finger auf die Lippen.
»Das waren
garantiert diese Kerle, denen wir unten im Flur in die Arme gerannt
sind«, flüsterte Heike. »Möglich. Ich hoffe
nur, dass da niemand mehr drin ist, der uns eins
überbrät.«
»Ich rufe die
Polizei.« Dann fiel Heike auf, dass ihr Rucksack im
Käfer lag. Und darin befand sich ihr Handy. »Meins liegt
zu Hause«, murmelte Stefan betroffen. Heike winkte ab und
murmelte leise: »Vergiss es. Komm, wir sehen
nach.«
Ohne auf Stefans
Protest zu achten, drängte sie sich an ihm vorbei und fand
sich im Chaos wieder. Es sah schrecklich aus, und offenbar hatten
die Einbrecher nichts an seinem Platz gelassen. Bilder lagen auf
dem Boden, die Scherben der Rahmen knirschten unter den Sohlen
ihrer leichten Sommerschuhe. Der Schlüsselkasten hing nur noch
an einem Haken, die Klappe stand offen und die sich darin
befindlichen Schlüssel hingen schräg nach unten. Als sie
den Kopf nach links wandte, fielen Heike die Spuren der
Verwüstung auch im Wohnzimmer auf. Es gab eine halbhohe
Regalschrankwand. Bücher, CDs und Dekorationsartikel hatten
die Einbrecher auf dem Fußboden verteilt, dabei war kaum
etwas heil geblieben. Ein großer Fernseher lag verkehrt herum
auf dem Boden und war sicherlich zu Bruch gegangen.
»Frau Blum, sind
Sie da?«, rief Stefan nun in die Wohnung.
Als Antwort erhielt er
ein Ächzen. Er folgte dem Geräusch und stand in einem
völlig verwüsteten Wohnzimmer. Zwischen der Couch und dem
niedrigen Wohnzimmertisch lag eine zusammengekrümmte Gestalt,
die in einen weißen Frottee-Bademantel gehüllt war. Die
langen, schwarzen Haare hingen ihr strähnig ins Gesicht, und
ein dicker, leuchtender Bluterguss zierte ihren rechten
Wangenknochen. Unter dem Tisch lag eine leere Sektflasche. Der
Inhalt hatte sich auf dem Teppich ausgebreitet. Stefan ging neben
der offensichtlich benommenen Frau in die Hocke. »Sind Sie
verletzt?«
Sie antwortete mit
einem stummen Kopfschütteln und ließ sich von Heike und
Stefan aufhelfen. Kraftlos sank sie auf das Sofa und stierte ins
Nichts. Immer wieder schüttelte sie den Kopf, als könnte
sie das, was ihr passiert war, nicht glauben. Nach einer
gefühlten Ewigkeit blickte sie zu Stefan und Heike
auf.
»Wie kommen Sie
hier herein?« Ihre Stimme klang brüchig und war nichts
als ein Hauch.
»Die beiden
Männer sind herausgestürmt, als wir ins Haus
wollten«, erklärte Stefan. Er beschrieb die beiden mit
wenigen Worten.
Mirja Blum nickte.
»Ja«, sagte sie, während sich ihre Augen mit
Tränen füllten. »Das waren sie wohl.« Dann
blickte sie sich ungläubig im Zimmer um. »Was wollen die
von Alexander?«
»Das wissen wir
leider auch nicht«, erwiderte Heike mitfühlend.
»Deshalb sind wir eigentlich auch hergekommen - in der
Hoffnung, dass Sie uns einen entscheidenden Tipp geben
können.«
»Sind Sie von
der Polizei?« Die junge Frau wischte sich die Tränen mit
dem Ärmel ihres flauschigen Bademantels ab.
Heike schüttelte
den Kopf. »Entschuldigen Sie, dass wir uns noch nicht
vorgestellt haben - mein Name ist Heike Göbel, und das
da«, sie zeigte auf Stefan, der einen hilflosen Eindruck
machte, »ist mein Kollege Stefan Seiler. Wir sind von der
Wupperwelle.«
»Ich kenne
Sie.« Nun huschte der Ansatz eines Lächelns um Mirja
Blums Lippen. »Die Wupperwelle ist mein Lieblingssender. Nie
hätte ich gedacht, dass Sie mal in meiner Wohnung
stehen.« Sie ließ den Blick durch das Zimmer kreisen.
»Beziehungsweise, dass Sie in dem stehen, was von meiner Wohnung
übriggeblieben ist.«
»Worauf hatten
es die Täter denn abgesehen?«, unternahm Stefan einen
Versuch, das Gespräch in eine sachliche Richtung zu
lenken.
»Wenn ich das
wüsste.« Mirja blickte mit tränenverschleiertem
Blick zu ihren Besuchern auf. »Die Typen haben immer von
irgendwelchen Unterlagen gesprochen, die hier in der Wohnung sein
sollen. Aber ich weiß nicht, was sie gemeint
haben.«
»Vielleicht
wüsste Ihr Freund eine Antwort darauf«, tippte Stefan
und fing sich für die Bemerkung einen giftigen Blick von Heike
ein.
»Wahrscheinlich.
Er hat mir irgendetwas verschwiegen und hat mit diesen
Weitere Kostenlose Bücher