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Bevor der Morgen graut

Bevor der Morgen graut

Titel: Bevor der Morgen graut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Arnar Ingolfsson
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ist Guðjón?«, fragte Gunnar.
    Die Frau schaute ihn an. »Was geht dich das an? Steht in diesem Wisch irgendwas davon, dass er hier und heute zur Stelle zu sein hat?«, fragte sie zurück. Es stellte sich heraus, dass ihre Vorderzähne etwas schief standen, und im Unterkiefer hatte sie eine Zahnlücke.
    »Wer bist du eigentlich?«, fragte Gunnar daraufhin.
    »Ich heiße Kolbrún und bin Guðjóns Tocher. Und wer bist du, verdammt nochmal?«
    Gunnar hielt ihr seinen Dienstausweis hin.
    Sie schaute ihn sich so genau an, als wolle sie sich den Namen einprägen.
    Endlich sagte sie: »Papa ist heute Morgen losgeritten, um die übrigen Schafe in den Bergen zu suchen. Gutti ist bei ihm, das ist mein Sohn, er bekam frei in der Schule. Gott sei Dank, möchte ich sagen.« Sie wies mit dem Kopf auf das SEK, das bei den Autos bereitstand.
    »Sind noch andere mit den beiden unterwegs?«, fragte Gunnar.
    »Nein, sie sind nur zu zweit, mit vier Pferden. Sie werden am späten Nachmittag wieder von den Bergen kommen. Hoffentlich nicht zu spät, denn das Wetter verschlechtert sich ja zusehends.«
    Der Bezirksamtmann wies den Polizisten aus Búðardalur an, sich zusammen mit den Angehörigen des Viking-Einsatzkommandos die Wirtschaftsgebäude vorzunehmen. Er selber betrat als Erster das Wohnhaus, gefolgt von Gunnar und Birkir. Durch einen engen Korridor gelangten sie in die Küche. Das Haus roch etwas muffig. Auf dem Küchentisch stand ein Eimer mit heißer Seifenlauge. Der Fußboden war feucht.
    »Ich putze gerade die untere Etage. Nehmt euch also gefälligst in Acht und macht mir hier bloß nicht alles wieder dreckig«, sagte Kolbrún und nahm den Eimer vom Tisch.
    »Wir sind hier nur auf der Suche nach einer Schrotflinte, und deswegen sollte es schnell über die Bühne gehen«, sagte der Bezirksamtmann. »Solche großen Objekte lassen sich ja nicht so leicht verstecken.«
    Kolbrún kippte das Putzwasser in die Spüle. »Soll ich euch nicht einfach Papas Gewehr zeigen?«, fragte sie. »Dann könnt ihr mit dem Quatsch aufhören und machen, dass ihr nach Hause kommt.«
    Gunnar fragte: »Ist es ganz und gar undenkbar, dass dein Vater mit Ólafur aneinander geraten sein könnte?«
    Kolbrún schien nicht weiter erstaunt über diese Frage zu sein und sagte frei heraus: »Durchaus denkbar, dass Papa sich diesen Lackaffen irgendwann mal vorgeknöpft und mit irgendetwas, was ihm gerade in die Hand fiel, versohlt hätte. Das hätte mich nicht überrascht.« Sie warf Gunnar einen scharfen Blick zu, bevor sie fortfuhr: »Papa würde aber niemals mit einer Schusswaffe auf irgendeinen Menschen losgehen. Er hat diesen Mann nicht erschossen, vergiss es.«
    »Weswegen hätte dein Vater in einer handgreiflichen Auseinandersetzung mit Ólafur landen können?«, beharrte Gunnar.
    Kolbrún zögerte einen Augenblick, bevor sie antwortete: »Papa ist sehr verbittert darüber, auf welche Weise ihm das Land weggenommen worden ist. Es war vielleicht alles ganz legal, wenn man so will, aber diese Leute haben sich unsere schwierige Situation weidlich zunutze gemacht. Legaler Diebstahl wäre sicherlich die korrekte Bezeichnung.«
    Nach diesen Worten drehte Kolbrún sich um und deutete auf die Vorratskammer hinter der Küche. »Das Gewehr von Papa ist da drin, rechts auf dem obersten Regal.«
    Birkir verschwand in der Vorratskammer, und als er wieder auftauchte, hatte er eine Schrotflinte mit gekipptem Lauf in der Hand, die er Gunnar reichte.
    »Da habt ihr das, was ihr wollt«, sagte Kolbrún. »Das ist die einzige Schusswaffe im Haus.«
    Gunnar nahm das Gewehr entgegen und untersuchte es.
    »Eine alte spanische AYA, soweit ich sehen kann«, erklärte er und schnüffelte am offenen Lauf. »Scheint lange nicht benutzt worden zu sein«, fügte er hinzu.
    Kolbrún nickte bestätigend: »Papa sieht nicht mehr gut genug zum Schießen, weder auf Fuchs noch Vogel und genauso wenig auf Menschen. Ihr hättet euch die Fahrt hierher sparen können.«
    Sie sah die Männer der Reihe nach an. »Reicht es euch noch immer nicht, ihr dämlichen Bullen?«
    »Wir sehen uns trotzdem einmal um«, sagte der Amtmann und verließ schleunigst die Küche. Birkir folgte ihm.
    Gunnar deutete auf den Putzeimer, den Kolbrún auf dem Boden abgestellt hatte. »Kriegt dein Vater keine Haushaltshilfe von der Kommune bezahlt?«, fragte er.
    »Nein, obwohl er viel zu schlecht sieht, als dass er hier noch ordentlich putzen könnte. Jedes Mal, wenn ich komme, veranstalte ich erst einmal eine

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