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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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geöffnet. Die schönen Zähne. Das volle Haar. Der biegsame Körper, der für sich spricht, während sie den Kopf in den Nacken wirft, damit man sie ganz sicher unbeobachtet beobachten kann. Mag sein, dass es Pose ist, aber sie wirkt. Sie wäre perfekt, um das Equipment zu überprüfen. Wenn ich mehr getrunken hätte. Und wenn meine Libido meine Moral immer noch so zuverlässig abschalten könnte wie früher.
    Die Getränke kommen. Die Bedienung stellt das Wasser vor BH und starrt sie an, als wäre Gott auf Erden heimgekehrt. Gleich legt sie sich auf den Rücken und lässt sich den nicht vorhandenen Bauch kraulen. BH dankt freundlich für das Wasser. Nach einem letzten hingebungsvollen Blick schwebt die Bedienung auf Wolke sieben davon.
    BH prostet mir zu.
    »Auf eine erstklassige Corporate Identity«, sagt sie und hebt die Wasserflasche, in der kaum mehr drin ist als in meinem Glas.
    Wir trinken auf einen guten, einprägsamen Namen. Wie BH. Kurz. Prägnant. Und fantasievoll. Der Stern machte daraus schon mal das »blonde Hohl«. Dabei ist sie alles andere als dumm. Sie hat sich genau da positioniert, wo sie vor neun Jahren hinwollte, als sie vom Dorf in die Medienstadt kam und sich ihren ersten Medienjob ervögelte.
    »Denk nur an Mario Barth«, sagt sie plötzlich.
    »O.k.«, sage ich.
    Sie nickt.
    »Er trug jahrelang ein gelbes T-Shirt. Oder Mittermeier damals mit dem blauen Shirt und der Baseballkappe. Oder Ingo Appelt mit Ficken, das sind die Icons, die man sich merkt.«
    Ich nicke. Herrje, geht es mir schon so schlecht, dass BH sich genötigt sieht, mir eine Berufsberatung zu verpassen? Oder will sie mir helfen? O Gott. Als wir uns das letzte Mal sahen, versuchte sie mich zu erpressen. Das war mir weniger unheimlich.
    »Andere zahlen viel Geld für eine solche Corporate Identity, und du hast sie umsonst. Ich kapiere nicht ... Es ist mir unverständlich, wieso du das nicht nutzt.«
    Ich kneife die Augen zusammen.
    »Meinst du, wenn durchsickert, dass ich beim Stuhlgang auf Dänisch fluche, starte ich durch?«
    Sie lacht nicht und gibt mir wieder diesen Blick.
    »Soll ja kein Vorwurf sein – aber hast du dich nie gefragt, wieso alle Karriere gemacht haben, nur du nicht?«
    »Huch. Ich dachte, ich hätte Karriere gemacht.«
    Ihre Mundwinkel schieben sich wieder in den Spottbereich. »Verglichen mit wem?«, spöttelt sie und wirft einen prüfenden Blick in die Runde. »Du weißt, wo ich herkomme. Und hier stehe ich. Ich kann nichts außer gut aussehen und so ... « Sie macht eine unbestimmte Handbewegung an ihrem Körper herunter. »Schätz mal, was diese Bluse und diese Hose gekostet haben!« Sie denkt kurz nach, dann glättet sie ihre Stirn wieder. »Wie viel dieses Outfit gekostet hat«, verbessert sie sich.
    »Viel?«, schlage ich vor, ohne an ihr herunterzuschauen. »Sehr viel«, nickt sie und deutet auf mich. »Und jetzt schau dich an.«
    Ich schaue an mir herunter. Mein brauner Anzug. Mein braunes, dezent blau gestreiftes Hemd. Meine hellen italienischen Stiefel. Sieht eigentlich ganz prima aus. Dachte ich.
    Ich schaue sie wieder an.
    »Und?«
    Sie mustert mich einen Augenblick, ob ich es ernst meine, dann spötteln ihre Mundwinkel wieder.
    »Diesen Anzug hast du schon an dem Abend getragen, als wir uns kennen lernten.«
    Einmal besoffen poppen würde ich nicht zwingend als Kennenlernen definieren, aber o.k., Kleider machen scheinbar immer noch Leute. Die Frage dabei ist nur, was sie eigentlich will. Wir haben uns seit damals nicht mehr unterhalten, und jetzt plötzlich will sie meine Karriere retten oder wie?
    Sie mustert mich noch immer.
    »Du warst gut, und wo bist du gelandet? In der Provinz. Und warum?«
    Sie macht eine Spannungspause. Aus ihrem Mund klingt Provinz wie Ostfront , aber ich bin wirklich neugierig, was jetzt kommt, also nicke ich ihr zu. Ihre Augen verengen sich etwas, als sie mir ihre Wahrheit verrät.
    »Weil du nicht bereit bist zu tun, was man tun muss, um Erfolg zu haben.«
    Ich starre sie an. Sofort liegen mir zehn bis vierzig politisch unkorrekte Kommentare auf der Zunge, was sie bereit war zu tun, um Erfolg zu haben.
    »Du hast recht«, sage ich.
    Sie nickt, nimmt mein Glas, fischt sich den Eiswürfel heraus und schiebt ihn sich zwischen die Lippen. Auch dabei kann man wirklich nur an das eine denken. Das Eis knackt zwischen ihren Zähnen und erinnert einen daran, was da noch so alles passieren kann, wenn man ihr in die Fängegerät, denn damals hat sie mich gezielt

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