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Bilder Aus Dem Berliner Leben

Titel: Bilder Aus Dem Berliner Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Rodenberg
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Berlin. Aber es waren tüchtige Männer darunter: A. Haude und J. C. Spener an der Schloßfreiheit, Inhaber der »Königlichen und der Akademie der Wissenschaften privilegierten Buchhandlung«, die ihr Privileg bis 1614 zurückdatierten; Voß, der Begründer der nach ihm benannten Buchhandlung, unter dem Rathaus an der Königstraße, mit einem Privileg (durch den alten Rüdiger) von 1693; ferner der bekannte Unger und August Mylius, der rechtmäßige Verleger von Goethes »Stella« und »Claudine von Villa Bella«, der an Merck schrieb, er würde »für einen proportionierlichen Preis« den Dr. Faust noch lieber verlegt haben – was wir ihm wohl glauben mögen. Ein weniger rühmliches Mitglied der Zunft war Christian Friedrich Himburg, der sich nicht damit begnügte, Goethes einzelne Dichtungen frisch, wie sie herauskamen, nachzudrucken, sondern sie sogleich sammelte und als »Goethens Schriften« verkaufte. Die beiden obengenannten Schauspiele waren daher fast gleichzeitig (1776) im Myliusschen Original und Himburgschen Nachdruck zu haben, wobei letzterer noch soviel besseren Absatz fand als ersteres, daß das Original liegenblieb und der Nachdruck in drei Jahren drei Auflagen erlebte. Himburg erbot sich dafür, dem Verfasser, wenn er es verlangte, »etwas Berliner Porzellan zu senden«. Goethe antwortete nicht, rächte sich aber im stillen durch einige Verse, welche dem Namen Himburgs eine nicht gerade beneidenswerte Unsterblichkeit sichern.
    Unter den alten und soliden Firmen, welche teils (wie die Vossische, die Haude- und Spenersche, die Ungersche; letztere wenigstens als Druckerei) heute noch fortbestehen, teils (wie die Myliussche) erst jüngst eingegangen sind, nahm »Friedrich Nicolai, Buchhändler auf der Stechbahn« eine hervorragende Stellung ein. Er war ohne Zweifel kraft eigner Initiative der einflußreichste Buchhändler Berlins; und er war es vornehmlich durch seine verlegerische Tätigkeit. »Wenn die Buchhändler zu Berlin«, schreibt ein nicht gerade wohlwollender, aber scharfblickender Beobachter der damaligen Zustände, »ganz allein von ihrem Debit in dieser sonst großen Residenzstadt leben sollten, so würden sie sehr bald zu Grunde gehen. Ihre Hauptsorge ist also, sich gute Verlagsartikel anzuschaffen.« Und dafür war Nicolai der Mann. Der 1. Januar 1759 ist der Tag, an welchem er das Geschäft selbständig übernimmt; und am 4. Januar erscheint das erste Stück der »Briefe, die neueste Literatur betreffend« in den ersten sechs Teilen, bis November 1760 fast ganz das Werk Lessings. Über seinen Laden stellt Nicolai den Homerkopf; und unter demselben Zeichen – einem Homerkopf auf dem Titelblatt – beginnen auch die »Literaturbriefe« ihre sieghafte Laufbahn. Als Gleim in seinem »Tempel der Freundschaft« das Bild Nicolais aufhing, schrieb er darunter: »Wegen seines Kampfs mit bösen Geistern.« Und diesen Kampf hat er tapfer fortgesetzt, auch als Lessing zuerst nach Schlesien ins Hauptquartier und alsdann nach Hamburg ans Theater ging. Die »Literaturbriefe« hörten 1765 auf zu erscheinen; aber sofort, noch in demselben Jahr, ist die »Allgemeine Deutsche Bibliothek« zur Stelle, die, wenn sie nichts mehr von Lessingschem Geist und Feuer in sich hatte, dennoch eine Macht war und mit ihren 268 Bänden und 800 Mitarbeitern auf eine vierzigjährige, gemeinnützige Wirksamkeit zurückblicken konnte,als sie in unserem eigenen Jahrhundert, 1805, geschlossen ward.
    Nicolai war eine nüchterne Natur auch darin, daß er sich keinen Illusionen hingab, weder über den Wert seiner Verlagsartikel noch über das Publikum, das sie kaufen sollte. »Ich sehe die Notwendigkeit«, schrieb er an Lessing, »wenn ich die Unternehmungen meiner Handlung im Ganzen überlege, streng als Kaufmann zu denken; aber es wäre für meinen Verstand und mein Herz ein großes Unglück, wenn ich immer so denken wollte.« Weshalb er sich denn auch hin und wieder den Luxus erlaubte, Schriften zu drucken, die keinen besonderen Absatz verhießen, wie zum Beispiel seines Freundes Lessing »Briefe antiquarischen Inhalts« und »Über die Ahnenbilder der Römer«. Es ist spaßhaft zu sehen, wie dieser Schlaukopf, welcher doch wahrlich seinen Lessing liebte, sich dreht und windet, sobald es sich um dergleichen schwerverkäufliche Ware handelt, und mag sie den Stempel der Klassizität auch gleich mit auf die Welt bringen. »Ein Läufer (wie es die Buchhändler nennen) können die Antiquarischen Briefe niemals werden«,

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