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Bilder von dir: Roman (German Edition)

Bilder von dir: Roman (German Edition)

Titel: Bilder von dir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Racculia
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uninteressant; eben nicht nur der Ort, an dem sie sich so viele Fantasiegestalten ausgemalt hatte, der Ort, dem sie entkommen musste.
    Arthur holte tief Luft. Es roch nach Heimat. Die Bäume – die Blätter färbten sich.
    Er hatte diese Bäume vermisst.
    Er gab dem Taxifahrer zweihundert Dollar von dem, was er am LaGuardia aus einem Geldautomaten gezogen hatte (er hatte seine Konten so weit geleert, wie der Automat dies zuließ) und freute sich, dass er sich trotz der Eile an den Notgroschen erinnert hatte, den Amy im Gefrierschrank verwahrte. Raffiniert nicht? , hatte sie gesagt, als sie die Fünfziger und Hunderter zu Origamisternen faltete und diese dann in Alufolie wickelte. So sehen sie aus wie Frikadellen .
    Letzte Nacht hatte er sie frisch aus dem Gefrierschrank in die Seitentaschen seines Rucksacks gepackt, wo sie ihre kühlende Wirkung zwischen seinen Schulterblättern entfalteten, während er am Flughafen von L. A. in der Schlange auf ein Ticket für seinen ersten Flug nach Osten wartete, einen Nachtflug in einem halb leeren Flugzeug nach New York. Er hatte den Rucksack – ein unglaublich sperriges Teil, in das Amy eines Abends in betrunkenem Zustand tatsächlich hineingeklettert war – seit seiner Europareise im zweiten Highschooljahr nicht mehr benutzt, als er mit dem Spanischklub nach Spanien gereist war. In seiner Vorstellung sollte dieser ihn von einer atemberaubenden Sehenswürdigkeit zur nächsten, von einer Jugendherberge in die nächste begleiten, doch in Wahrheit hatte er ihn dann doch nur ein Mal in einem Marriott-Hotel in Madrid ausgepackt, was er deprimierend fand. Er war fürs Abenteuer gemacht, für spontane Entschlüsse, für eine Nacht wie die, als Amy starb: eine Nacht, in der Arthur sämtliche Kleidungsstücke, die ihm in die Hände fielen, hineinstopfte. Ein Paar Turnschuhe, zwei Dosen Katzenfutter. Das Buch von Amys Nachttisch, das er ihr geliehen hatte. Den großen pinkfarbenen Schuhkarton, den er im dunklen Schrank entdeckt hatte.
    Als das Taxi in der Einfahrt vor dem Darby-Jones stand, hatte Arthur den Schuhkarton herausgeholt und stattdessen den
Kater in den Rucksack gesetzt. Es war ihm gelungen, Harryhausen in der kleinen Katzenkiste, die Amy sein Winterschlafgehäuse nannte, als Handgepäck mit an Bord des Flugzeugs zu nehmen, aber jetzt war er in Sorge, dass im Darby-Jones Haustiere womöglich unerwünscht waren. Und so holte Arthur Ray Harryhausen aus seinem Gehäuse und setzte ihn oben in seinen Rucksack. Harry schlief tief und fest, was der einzige Grund war, weswegen er sich nicht auf der Stelle auf Arthur stürzte.
    Harry in L. A. zurückzulassen, oder auch nur der Fürsorge von Max und Manny zu überlassen, wäre ihm niemals in den Sinn gekommen. Auch Mona Jones anzurufen wäre ihm niemals eingefallen. Oder überhaupt jemanden anzurufen.
    Er dankte dem Taxifahrer, öffnete die Tür und betrat den Traum, zu dem Amy ihm den Weg gewiesen hatte.
    Arthur stand auf der Veranda des Darby-Jones-Gästehauses – nach allem, was er sehen konnte, eine gewaltige Veranda –,
die das Haus von allen Seiten umgab und voller Schaukelstühle stand, mit einer sich im Wind wiegenden Hängematte an einem Ende. Er zurrte den Rucksack an seinen Schultern fest und hörte seinen pelzigen Passagier seufzen. Den pinkfarbenen Karton hatte er sich unter den Arm geklemmt. Der Gurt seiner Fototasche schnitt ihm in die Schulter.
    Im Fenster hing ein mit ordentlicher Handschrift beschriftetes Schild. ZIMMER ZU VERMIETEN, stand darauf. M. JONES, INHABERIN.
    Er drückte auf den weißen Knopf unter der Hausnummer und hörte, gedämpft durch die geschlossene Tür, einen tiefen Klingelton.
    Mona Jones öffnete die Tür.
    Sie entsprach in keiner Weise Arthurs Erwartungen. Er war davon ausgegangen, dass sie in Amys, in seinem Alter war – um die dreißig –, aber sie sah sehr viel jünger aus, als er sich fühlte. Ihr Haar und ihre Augen waren dunkel und sie trug ein schwarzes T-Shirt, das um die Hüften mit mehligen Handabdrücken bestäubt war. Ihr Gesicht und ihre Arme waren auf ähnliche Weise mit Sommersprossen bestreut. Sie strahlte Wärme aus und duftete nach Vanille, und Arthur konnte sich einfach nicht vorstellen, warum Amy die Postkarte nie abgeschickt hatte. Warum sie nicht in Kontakt geblieben waren. Mona Jones machte ganz den Eindruck einer besten Freundin.
    »Hallo«, sagte sie. Ihre Stimme war tief. »Kommen Sie wegen eines Zimmers?«
    Arthur räusperte sich. »Ja«, sagte er.
    Sein

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