Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bilder von dir: Roman (German Edition)

Bilder von dir: Roman (German Edition)

Titel: Bilder von dir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Racculia
Vom Netzwerk:
auseinanderbrach. (Arthur hielt es für vernünftiger, in die Mitternachtsvorstellung von Monty Pythons »Ritter der Kokosnuss « anstatt auf eine Bierparty der Studentenverbindung zu gehen, wo man sich noch dazu verpflichten musste, an der Tötung eines Huhns mitzuwirken, was Beatrice allerdings anders sah.) Als er in den Frühjahrssemesterferien sein Portfolio mit nach Hause brachte und sein Vater die Fotos von Beatrices Unterwäsche sah – dazu die Eins plus, die sie seinem Sohn eingebracht hatten –, klopfte er Arthur auf den Rücken. Seine Eltern rahmten zwei davon und keiner hegte je die Vermutung, dass dahinter etwas Schlüpfrigeres stecken könnte als Spannbetttücher. Wenn er schon seine Eltern austricksen konnte und sie ihr Wohnzimmer mit den Fotos der Unterhosen seiner Freundin schmückten, dann hatte er seine Berufung wahrhaft gefunden.
    Was jedoch die Einschätzung, die von vielen seiner Freunde aus der Kunstszene geteilt wurde, nur noch schwerer widerlegen ließ: dass er nämlich absolut verrückt war, nach Hollywood gehen zu wollen – was er aber zweieinhalb Jahre nach seinem Abschluss tat, verrückt oder nicht. Er wusste genauso gut wie sie, dass New York die Metropole ernsthafter Fotokunst war. Wollte er keine ernsthaften Fotos machen, keine ernsthafte Kunst in einer Stadt, die näher war? Und wusste er nicht, dass Los Angeles, die Stadt, die an ihren Paparazzi erstickte, das Todesurteil für gute Fotografie war? Er hatte ihre Fassungslosigkeit mit der Beteuerung abgetan, genau zu wissen, worauf er sich einließ, denn natürlich habe er nicht vor, sein Leben damit zu verbringen, Prominenten hinterherzuhecheln, um einen verschwommenen Schnappschuss zu bekommen, der Geld brachte, sondern wolle ein Porträtfotograf werden wie Dorothea Lange, Diane Arbus, Richard Avedon. Von all den Dingen und Orten, die er sich vorgenommen hatte, faszinierten Arthur Gesichter am meisten, und welche bessere Möglichkeit gab es, den Feinheiten des menschlichen Gesichts zu huldigen, als sich seine Brötchen damit zu verdienen, diese zu fotografieren, und zwar in einer Stadt, wo alle nur damit beschäftigt waren, einander anzuglotzen?
    Außerdem – und das konnte Arthur seinen Freunden und seiner Familie nicht erklären, ohne ihre Gefühle zu verletzen – musste er weg. Er war in und um Boston groß geworden, doch er hatte sich hier nie heimisch gefühlt. Er wusste, dass es mehr gab – oder wenigstens etwas anderes . Sobald er genügend Geld gespart hatte, um davon die Reise, die Miete und sein Leben dort solange bestreiten zu können, bis er einen Job gefunden hatte, ging er weg. Er konnte nicht so weitermachen wie sein Großvater, der sein Geburtshaus in Somerville nie verlassen hatte – der nicht wusste, wie sich der Staub anhörte, wenn er vom Rand des Grand Canyon abbröckelte, der nie Hummus gekostet oder ein Kamel anderswo als im Zoo gesehen hatte, nie gehört hatte, wie der Blues unterhalb der Mason-&-Dixon-Linie gespielt wurde, wo er einfach besser klang. Arthurs Großvater war natürlich vollkommen zufrieden damit zu wissen, dass er nicht alles, was er hätte wissen und sehen können, mitbekommen hatte, aber Arthur war das nicht. Er hätte sich niemals Amys Gesicht vorstellen können – die Art und Weise, wie die harten Linien ihrer Nase und ihres Kiefers zusammen, anstatt gegeneinander arbeiteten –, wenn er es nicht selbst gesehen hätte, er nie den Ort verlassen hätte, an dem er geboren war. Er hätte sich nicht einmal vorstellen können, jemanden genug zu lieben, um ihn zu heiraten, ehe er Amy traf.
    Und jetzt konnte er sich nicht erinnern, wer diese Person gewesen war. Jener Arthur Rook, der einen großen Karton voller Töpfe, Pfannen, Laken, Handtücher und Kissen, von denen seine Mutter überzeugt war, dass er sie haben wollte, da solle er ihr ruhig vertrauen, an der FedEx-Zweigstelle am Harvard Square abgab – der Arthur, dessen Bruder am Samstag vor seinem Flug eine Abschiedsparty mit roten Gelee-Shots und illegalen kubanischen Zigarren gab, zu der als Überraschungsgäste einige seiner Collegefreunde kamen, die er seit zwei Jahren nicht mehr gesehen hatte und sich schon sehr weit von ihm wegentwickelt hatten – der Arthur, dessen Eltern sich beide den Vormittag freinahmen, um ihn zum Flughafen zu fahren, nur um dort neben ihm zu stehen, während er sich auf den Weg machte und ihnen dann von der anderen Seite der Sicherheitskontrolle zuwinkte – jener Arthur Rook hatte fast sieben

Weitere Kostenlose Bücher