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Bilder von dir: Roman (German Edition)

Bilder von dir: Roman (German Edition)

Titel: Bilder von dir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Racculia
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über Musik wusste, über Punk und Rock’n’Roll und New Wave, sie spielte ihm London Calling und die Talking Heads vor und brachte ihm bei, wie ein Verrückter um sich zu schlagen, ohne sich dabei den Hals zu brechen, und sie versprach ihm ein Nasenpiercing mit einer Sicherheitsnadel, wenn er alt genug sei, um das auch wirklich schätzen zu können . Eugene verehrte seine Schwester, womöglich deshalb, weil sie eine jüngere, blondere Version ihres Vaters Astor war, den Eugene, sofern das möglich war, sogar noch mehr verehrte. Aber das lag viele Jahre zurück, bevor der Gedanke an Mädchen im Allgemeinen und seine Schwester im Besonderen gleichermaßen beunruhigend und spannend wurde – und im Fall von Patricia auch ein wenig beängstigend.
    In letzter Zeit hatte Patricias Status als eine Niete mit Highschoolabschluss ihr Verhältnis etwas aufgebrochen. Sie hatten miteinander gesprochen – und dies nicht nur, um wichtige Informationen weiterzugeben, sondern ein richtiges Gespräch geführt. Sie hatte ihn mit in ihr Zimmer geschleift, um ihm ein neues Album vorzuspielen, hatte ihn gefragt, wie er es fand, und schien wirklich Wert auf seine Meinung zu legen. Eugene schob den Gedanken, dass er sich wie ein getretener Hund benahm, der glücklich war, von seinem Herrn, der ihn getreten hatte, ein wenig Freundlichkeit zu erfahren, weit von sich. Denn er war tatsächlich glücklich, und zwar sehr, dass Patricia sich wieder an ihr Lieblingsspielzeug zu erinnern schien, auch wenn sie dieses Spielzeug bereits einmal kaputt gemacht hatte.
    Eugene schlurfte auf nackten Füßen über den dicken Teppich und musste grinsen, als er die blauweiße elektrische Ladung sah, die von seiner Fingerspitze auf den metallenen Türknopf von Patricias Tür übersprang. Er presste seine Wange an die kühle weiße Farbe und hörte ihr Geheul, das sich der Basslinie anpasste.
    Patricias Spiel wurde lauter, und er öffnete die Tür. Sie trug dieselbe rote Trainingshose, die sie immer anhatte, und dazu einen grauen Schlabberpullover, der irgendwann einmal ihrem Vater gehört haben dürfte, als dieser noch dünner war. Sie sang mit ihrem dünnen Vogelstimmchen und nickte ihm auffordernd zu, einzutreten.
    Sie hatte Arme wie biegsame Strohhalme – die hatten sie beide. Die Wendells waren nicht besonders kräftig. Sie sangen sich gemeinsam durch vier Kopfschmerzen, fünf Einsamkeiten, sechs Sorgen, sieben Morgen. »Acht!«, grölte Eugene und lotete die rauen Tiefen seiner Stimme aus. Es überraschte und freute ihn noch immer, wie tief seine Stimme geworden war. Unsinnigerweise hatte er manchmal Angst, sie könnte verschwinden, weil die Götter der Pubertät merkten, dass sie ihm die falsche Kehle verpasst hatten und sie sich zurückholten.
    Patricia übernahm die zweite Stimme für die letzte Zeile – neun, für einen verlorenen Gott –, wobei ihr biegsamer Körper und ihre Stimme schwankten. Dann trafen sich ihre Stimmen punktgenau bei zehn, ten for everything, everything, everything !
    Patricia ließ den Bass teilnahmslos zur Seite gleiten und zeigte ihrem Bruder zur Begrüßung den Mittelfinger. »Was ist los?«, fragte sie und löste den Gurt von ihrem Hals.
    »Nicht viel«, sagte Eugene, der unter der Tür verweilte. »Du bist doch ein Mädchen, oder?«
    Patricia hakte ihre Daumen in den Gummizug ihrer Trainingshose. Sie hatte eine schreckliche Körperhaltung.
    »Als ich das letzte Mal nachgesehen habe, ja. Und du bist ein Junge?«
    »So habe ich das nicht gemeint«, sagte Eugene. Es war ihm unangenehm, aber der einzige Platz, der zum Hinsetzen einlud, war ihr Bett, das war nun wirklich nicht angemessen. Ganz und gar nicht. »Ich habe eine Frage. Es geht um Mädchen.«
    Das verbesserte Patricias Haltung merklich. Sie verschränkte ihre Arme vor der Brust und lehnte sich abschätzig zurück. »Ach du liebe Scheiße«, sagte sie. »Der kleine Wendy ist verknallt. Wer ist es denn? Das musst du mir jetzt sagen, du kannst nicht einfach …«
    »Oneida Jones«, sagte Eugene. Er glaubte, Patricia vertrauen zu können.
    Sie erstarrte und riss die Augen weit auf. »Ach, komm.«
    »Findest du das in Ordnung? Hätte ich dich vielleicht erst fragen sollen?«
    »Es ist nur … mein Gott, Wend, weißt du überhaupt was von ihr? Irgendwas?«
    Jetzt verschränkte auch Eugene die Arme und lehnte sich gegen den Türrahmen. » Du etwa?«, fragte er.
    »Ich weiß, dass sie ein absoluter Freak ist.«
    »Wir etwa nicht?«, erwiderte Eugene. Ihm gefiel die

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