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Bis in den Tod

Bis in den Tod

Titel: Bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
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zurück. »Erzählen Sie, wie war Ihre Hochzeitsreise?«
    Eve leerte mit einem Zug die Hälfte ihres Glases und fühlte sich endlich wieder halbwegs wie ein Mensch. »Sagen Sie, wie lange wird mir Ihrer Meinung nach diese Frage noch gestellt werden?«
    Mira lachte. Sie war eine hübsche Frau mit weichem, aus dem feinen Gesicht zurückgestrichenem, sandfarbenem Haar. In dem für sie typischen, schicken Kostüm wirkte sie adrett und zugleich elegant. Sie war eine der führenden Psychiaterinnen des Landes und wurde regelmäßig von der Polizei als Beraterin bei der Aufklärung der schlimmsten Verbrechen konsultiert.
    Auch wenn sich Eve dessen nicht bewusst war, wurden ihr von Mira starke, mütterliche Gefühle entgegengebracht.
    »Es ist Ihnen peinlich.«
    »Tja, wissen Sie. Hochzeitsreise. Sex. Das sind persönliche Themen für jemanden wie mich.« Eve rollte mit den Augen. »Dumm. Ich schätze, ich bin es einfach noch nicht gewohnt.
    Verheiratet zu sein. Mit Roarke. Und dadurch derart im Rampenlicht zu stehen.«
    »Sie beide lieben einander und machen einander glücklich. Statt sich daran zu gewöhnen, sollten Sie es nur genießen. Schlafen Sie gut in letzter Zeit?«
    »Meistens.« Da Mira über ihre tiefsten, dunkelsten Geheimnisse Bescheid wusste, konnte sie ehrlich sein. »Ich habe immer noch Alpträume, aber nicht mehr so oft. Die Erinnerungen kommen und gehen. Aber das alles ist nun, da ich mich damit auseinander gesetzt habe, nur noch halb so schlimm.«
    »Haben Sie sich damit auseinander gesetzt?«
    »Mein Vater hat mich vergewaltigt, missbraucht, geschlagen«, kam die tonlose Antwort. »Ich habe ihn getötet. Ich war damals ein achtjähriges Kind. Ich habe überlebt. Was auch immer ich war, bevor man mich in einer dunklen Gasse fand, ist vollkommen egal. Ich bin Eve Dallas. Ich bin eine gute Polizistin. Ich habe mich selbst zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin.«
    »Gut.« Doch das ist noch nicht alles, dachte Mira. Traumata wie das, das Eve hatte durchleben müssen, warfen Schatten über einen Menschen, die niemals ganz verblichen. »Nach wie vor stellen Sie die Polizistin an erste Stelle.«
    »Weil ich vor allen anderen Dingen Polizistin bin.«
    »Ja.« Mira bedachte sie mit einem milden Lächeln. »Ich nehme an, das werden Sie bis an Ihr Lebensende sein. Warum bestellen wir nicht unser Essen und dann erzählen Sie mir, was der Grund für Ihren Anruf ist?«

8
    E ve entschied sich für die von Mira empfohlenen Muscheln und gönnte sich dazu ein paar Scheiben des echten Hefebrots, das in einem Silberkorb in der Mitte ihres Tisches lag. Während des Essens gab sie Mira eine Beschreibung von Fitzhugh und den Umständen, unter denen er aus dem Leben geschieden war.
    »Sicher hätten Sie es gerne, wenn ich Ihnen sagen würde, er wäre emotional, das heißt von seiner Psyche her, durchaus in der Lage gewesen, sich selbst das Leben zu nehmen.«
    Eve zog eine Braue in die Höhe. »Ja, genau.«
    »Unglücklicherweise kann ich das nicht tun. Ich kann Ihnen nur sagen, dass unter den passenden Umständen und in dem passenden emotionalen Zustand jeder dazu fähig wäre.«
    »Das glaube ich nicht«, erklärte Eve derart entschieden, dass Mira lächelte.
    »Sie sind eine starke Frau, Eve. Heute. Sie haben sich selbst zu einer starken, rationalen, zähen Frau gemacht. Sie sind ein Mensch, der alles überlebt. Aber Sie erinnern sich auch an die Verzweiflung, die Hilflosigkeit, die Hoffnungslosigkeit, von der ein Mensch gepeinigt werden kann.«
    Tatsächlich erinnerte sich Eve allzu deutlich an derartige Gefühle. Sie rutschte unbehaglich auf ihrem Stuhl herum. »Fitzhugh war alles andere als hilflos.«
    »Hinter der glatten Fassade kann sich alles Mögliche versteckt haben.« Ehe Eve sie unterbrechen konnte, hob Dr. Mira die Hand. »Aber ich stimme Ihnen zu. Angesichts des persönlichen Profils, des persönlichen Hintergrundes, des Lebensstils, den Sie mir beschrieben haben, scheint er mir kein allzu wahrscheinlicher Selbstmordkandidat gewesen zu sein – und ganz sicher keiner, der sich derart impulsiv und derart plötzlich das Leben nimmt.«
    »Es war wirklich plötzlich«, stimmte Eve ihr zu. »Ich hatte erst einen Tag vor seinem Tod noch vor Gericht mit ihm zu tun. Er war nicht weniger selbstgefällig, arrogant und aufgeblasen als gewöhnlich.«
    »Ich bin sicher, dass das stimmt. Ich kann nur sagen, dass einige – nein, sogar viele – Menschen, wenn sie mit irgendeiner Krise, irgendeinem inneren Aufruhr

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