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Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Titel: Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Toten Hosen
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Er infiltrierte die Medien mehr als die ihn, und er verwirrte sie zu seiner eigenen Unterhaltung. Einmal bot er der »Bild am Sonntag« für 50.000 Mark sein Outing als Homosexueller an, um das
    Geld der AIDS-Stiftung zu spenden; ein anderes Mal knutschte er auf einer Ehrung durch die Münchner »AZ« die verdutzte Gattin von Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber als seine Mutti ab - die geschossenen Fotos verschwanden aber wie auf Absprache in den Archiven. Mir dagegen machte es oft nicht viel Freude, ihm bei den Journalisten-Dates zu assistieren. Doch das lag weniger an ihm.
    »Ihr habt als Punkband angefangen und spielt jetzt vor dreizehntausend Leuten in der Westfalenhalle. Wo ist die Grenze zum völligen Kommerz?«
    (»Haben wir weggeschmissen, einfach in den Wald!«)
    »Ihr habt als Band in den letztenjahren mächtig abgeräumt, gehört längst zum Establishment. Seid ihr überhaupt noch richtig hungrig?«
    (»Und wie! Wir hatten gehofft, du lädst uns ein!«)
    »Wie lange, glaubt ihr, könnt ihr das alles überhaupt noch mitmachen?«
    (»Keine Sekunde mehr. Kommt, Jungs, wir gehen!«)
    Windgeräusche. Am Anfang haben wir uns über jeden Verriß mächtig geärgert, waren auf Rache aus. In Bremen haben wir mal den Schreiber einer Stadtillustrierten seine Kritik über uns Satz für Satz laut wiederholen lassen, um ihn dann argumentativ zu zerpflücken. Das war ein rhetorischer Showdown: Wir zielten mit unseren Satzpatronen auf seine Füße, und er mußte tanzen. Handgreiflich wurde es dagegen einmal in Bayreuth, als uns ein Lokalreporter von der Jungen Union wegen unserer »Kommerz-Musik« provozierte. Wir gaben ihm zu verstehen, er habe genau zwei Minuten Zeit, ungeohrfeigt den Backstage-Bereich zu räumen. Aber er wartete die zwei Minuten trotzig ab, kriegte die Ohrfeige und verschwand dann.
    Es ist ja leider fast nie so, daß diese Typen einem offen und frontal die Feindschaft ansagen; das könnte ich problemlos akzeptieren. Und hinterher heißt es immer »Sorry, war doch eigentlich nicht so gemeint!« Aber inzwischen sind wir gelassener. Mit fünf von zehn, die uns den Rekorder vor die Nase halten, macht es Spaß und Sinn - auch wenn aus einem guten Gespräch noch immer ein Scheiß-Beitrag werden kann. Die andere Hälfte ist die Arbeit, das Zugeständnis. Mit denen setzen wir uns zusammen, weil wir unser Zeug unter die Leute bringen wollen.
    Wie korrupt sind wir inzwischen eigentlich, Andrea? Hast du einen Überblick?
    »Ziemlich korrupt. Die Hosen reden nach wie vor mit fast jedem, von der Schülerzeitung bis zum Staatsfunk. Daran kann ich aber nichts Schlechtes finden. Wir kommen mit vielen klar und viele mit uns. Ich bin auch nicht einverstanden mit dieser Quote, nur die Hälfte der Schreiber oder Redakteure sei ganz brauchbar. Ich würde sagen: Höchstens jeder Zehnte ist ein bißchen unbrauchbar.
    Es ist aber nicht so, daß sich jeden Tag Tausende durch das Telefon quetschen oder gleich durch die Tür, um mit den berühmten Stars zu sprechen. Ich muß heute niemandem mehr erklären, wer die Hosen sind, aber für die acht Seiten, die ich gerade mit dem »Playboy« ausgemacht habe, brauche ich schon ein paar Argumente. Solche Leute rufe ich an, mittlerweile seit sechsJahren, bei denen quetsche ich mich durch die Tür. Nur so lassen sich die Dinge in unserem Sinn steuern.
    Ich arbeite offenbar für eine ziemlich gute Band, denn ich habe außer Demo-Bändern und ab und zu Backstage-Pässen nicht viel anzubieten. Ich gebe keine Flugtickets und keine Kurzurlaube nach Ibiza aus und kleide niemand mit Merchandising-Klamotten ein - alles gängige Tricks, die in der Branche ohne Ende laufen. Wir schmieren auch keinen der zweitausend Plattenhändler, die für die Top 100-Listen künftige Chartrunner tippen - wie es die anderen machen. Ich bin nur nett und bleibe angezogen, wer auch immer vor mir steht. Und solange ich nicht mit denen von den Frisörblättchen reden muß, ist das Leben gut zu mir.
    Nur eins nehme ich mir heraus - ich schicke Platten, Fotos und sonstiges Material auch mal an nicht so korrekte Zeitungen, wenn da ein netter Mensch sitzt, der sich für die Hosen wirklich interessiert. Diese Leute wissen, daß sie wohl nie im Leben einen Termin mit denjungs bekommen, aber diejungs wissen auch, daß ich ihnen alles andere besorge. So »korrupt« möchte ich unbedingt weiter sein, sonst würde ich aufhören und auf Neuseeland Schafe züchten.«
    Ist auch völlig egal, ob jeder zehnte oder fünfte oder

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