Bismarck 04
Marne-Hindernisses im Rücken fassen. Dieser Entschluß kostete Deutschland den Feldzug und das halbe Dasein. Denn er frevelte gegen das Grundgesetz, daß man nie zwei Dinge gleichzeitig unternehmen und nicht das zweifelhaft Mögliche wagen soll, einfach auf Glück rechnend, mit dem man doch nicht auf intim vertrauten Fuße steht. Mit anderen Worten, der Angriff aus Reims war an sich kein Fehler, der Vorstoß über die Marne war an sich kein Fehler, obschon ziemlich gewagt, aber gleichzeitig mit anderem unternommen wurde es ein entscheidender Fehler. Das Hämmern nach allen Richtungen taugt überhaupt nichts, man muß genau überlegen, einen Hauptangriff und sonst lauter Scheinangriffe, aber nicht ernstlich in zwei divergirenden Richtungen. Der Stoß Ch. Thierry ging südwestlich, der gegen Reims wesentlich südöstlich, es gibt keine fehlerhaftere Operation. Hätte L. sich bei Ch. Thierry–Dormans auf Verteidigung beschränkt und wäre sonst am Nordufer entlang auf Epernay marschiert, so schnitt er die fr. 5. A. bei Reims ab und ihr Abzug nach Südosten würde von A. Einem und Mudra aufgefangen. Das taktische Ergebnis wäre sicher so groß gewesen wie vordem bei den Armeen Hutier und Boehn. Oder aber er unterließ diesen Angriff ganz und ging mit ganzer Kraft der 7. A. über Ch. Thierry vor, dann geriet die Truppenmacht Fochs im allzu nördlichen Vorsprung südlich Villers Cotterets in eine verzweifelte Lage. Aber gleichzeitig unternommen, reichten die Kräfte nicht aus. Natürlich darf L. sagen, daß man mit deutschen Truppen alles wagen könne. Jawohl, aber nicht nach vier Kriegsjahren bei kriegsmüder Stimmung. Indessen wäre eine Verleumdung, wie sie später gangbar und auch von Ludendorff gepflegt wurde, als ob die Truppen schon damals versagt hätten. Sie taten durchweg ihre Pflicht, bis sie erkannten, die O. H. L. stelle sie vor unmögliche Aufgaben. Da freilich ließen sie in bedenklicher Weise nach.
Hochmütige Unterschätzung des Gegners ist niemals angebracht, am wenigsten bei Flußübergängen, das hat man bei Aspern und Katzbach gesehen. Hier hatte dies Unternehmen noch einen besonderen Haken, denn die in den Großwäldern von Compiegne zusammengezogenen Reserven Fochs konnten jeden Augenblick gegen Boehns rechte Flanke vorbrechen, während er die Marne überschritt. Unter allen Umständen mußte L. also, falls er sich für Angriff auf Reims entschied, der A. Boehn eine defensive Haltung rechts und in der Mitte gebieten, nur links über Dormans durfte sie den Angriff Mudras unterstützen. Allerdings schob man die aus Rußland gekommene 9. A. in die 7. ein, doch sind die Befehlsverhältnisse sehr unklar, eine Zeitlang führte Boehn als besondere Gruppe alle Kräfte am rechten Flügel des Kronprinzen, dem eigentlich Hutier abhanden kam, der fortan nur mit Marrwitz zusammenwirkte.
Buats Darstellung, als ob Fochs Gegenangriff am 11. Juni Hutier dauernd festbannte, ist parteilich gefärbt. Das hatte nur vorübergehende Wirkung und sowohl 18. als 2. A. blieben stets Herren ihrer Entschlüsse. Daß trotzdem ihre Vorbewegung seit Anfang April so auffallend stockte, könnte nur damit erklärt werden, daß alle Reserven Fochs dort eingesetzt. Das war aber nicht der Fall, sonst hätte er nicht freie Hand behalten, neue R. Armeen (Mangin, Desgouttes, Mitry) im Marnetal zu bilden. Auch völliges Stocken der 17. A. bedarf der Aufklärung. Der Gegner gegenüber Cambrai, schon durch Dezemberniederlage erschüttert, wurde zunächst sehr rasch zurückgeworfen, man begreift nicht, wie er sich in allen Arrasstellungen halten konnte, die einst so rasch im Oktober 1914 dem bayerischen Andrang erlagen. Die Leistung Belows, eines im Ostkrieg sehr verdienten Generals, war hier unstreitig nicht hervorragend, um so mehr doch Quast die ganze englische Linke bis zur Lys hin über den Haufen warf. Völlig unbegreiflich bleibt, wie Plumer nach Verlust von Dickbusch und Kemmel immer noch den Punkt Ypern halten konnte. Sein Verlust müßte unter solchen Umständen zerschmetternd gewesen sein. Und doch siehe später! Den Deutschen soll es dort an Flugzeugen und Artillerie gefehlt haben. Wir können letzteres nicht verstehen, denn nach den seit 1913 aufgestellten neuen Artillerieregimentern zu schließen nebst den überzähligen Einzelbatterien war die Geschützmasse riesig genug. Daß sie nicht von einem Punkt zum anderen herumwandern konnte für die verschiedensten taktischen Stoßpunkte, ist klar. Daß man aber nach
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