Bitte nicht füttern: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Boden. Mit der völlig irren Scheinwelt des Fernsehens gingen sie offenbar gelassen um, jedenfalls lachten sie andauernd und machten Witze. Als spielten sie Pingpong, hauten sie sich einen Joke nach dem anderen um die Ohren. Und versenkten einen Champagner nach dem anderen.
Rory hießen sie »herzlich willkommen an Bord der MS Wahnsinn« und drückten ihn ehrlich erfreut an sich.
»Gott sei Dank haben sie Stark mit runtergelassener Hose erwischt«, grinste George. »Der Typ ist der absolute Albtraum, wir hatten wirklich nicht die geringste Lust, mit ihm zu arbeiten. Stimmt doch, Tony?«
»Der ist in etwa so appetitlich wie ein Eimer voller nicht mehr ganz frischer Fischköpfe«, pflichtete Tony Trent ihm bei, schnappte sich noch ein Glas Champagner und fuchtelte damit Richtung Rory herum. »Der Typ ist der totale Egomane, von daher bist du uns in unserem Team wirklich sehr willkommen. Hast es ja echt klasse hier, Mann. Klasse Lage, klasse Hütte. Und so ein uneigennütziges Projekt, das gefällt uns. Jugendlichen helfen und so. Vielleicht könnten Georgie Boy und ich ab und zu mal herkommen und ein paar Stunden unterrichten?«
»Ist das euer Ernst?« Rory war begeistert.
»Der sagt nie was, was er nicht ernst meint«, unterstrich George. »Wir mischen hier gerne mit, wenn’s dir recht ist.«
»Wenn’s mir recht ist ...? Ihr macht doch wohl Witze?«
»Super. Dann lass uns demnächst mal ein paar Termine festzurren.« Tony nickte und amüsierte sich königlich über Rorys ungläubige Miene. Dann folgte sein Blick Georges Zeigefinger, der auf die Treppe deutete. »Hände an die Hosennaht! Hört sich ganz so an, als sei der Jahrgang 2013 im Anmarsch!«
»In der Tat, da kommen die Chaoskandidaten«, seufzte George. »Halt deine Kochkluft fest, Rory. Ab jetzt geht’s rund.«
– 12 –
Ähnlich wie Rory hatte auch Diana dem Abend in etwa so entgegengesehen wie einem Besuch beim Zahnarzt, und im Moment versuchte sie sogar, sich zu verstecken.
Gar nicht so einfach in einem Raum voller Leute, wenn man sein bestes kleines Schwarzes hinter einer knallroten Schürze – auf der im Übrigen das ESDS-Logo in Brusthöhe prangte – verbergen musste, mit der man aussah wie eine überdimensionale Maraschinokirsche.
Stundenlang hatte Diana ihren Kleiderschrank durchforstet auf der Suche nach einem Kleid, in dem sie sich einigermaßen wohlfühlen würde (in den meisten entwickelte sie das Bedürfnis, sich mit einer Josh-Hartnett-DVD-Sammlung und jeder Menge Schokolade unter die Bettdecke zu verkriechen), und dann hatte man ihr und allen anderen Kandidaten gleich am Eingang des Trevail diese knallroten ESDS-Schürzen verpasst: eine Uniform, mit der sie sich von den anderen Gästen abheben sollten, statt sich mit ihnen zu vermischen.
Den ganzen Tag schon hatte sie sich gefühlt wie an ihrem ersten Schultag. Diana hatte sogar größeres Lampenfieber als bei einer ihrer Theaterpremieren.
Nicht, dass sie in letzter Zeit so wahnsinnig viel Theater gespielt oder sonst irgendwelche Engagements gehabt hätte.
Aber so war das wohl in dem Business. Alle betonten, wie sehr sie sie als Schauspielerin schätzten – aber unter Vertrag hatte sie dennoch keiner nehmen wollen.
Eigentlich hatte ihr das ruhige Leben in Quinn ganz gut gefallen. Nur waren die anderen acht Kandidaten von England sucht den Superkoch alle so ... angesagt.
Neben ihnen fühlte sich Diana wie von gestern.
Außerdem kannten die anderen sich alle untereinander, weil sie sich schon in anderen Promi-Reality-Shows über den Weg gelaufen waren.
»Promi-Heckenschneiden, Promi-Gummistiefelweitwurf, Promi-Extrembügeln, Promi-Schafwrestling ... Die haben schon überall mitgemacht«, hatte Geraldine gescherzt, um Diana aufzuheitern, nachdem sie sie in die streng geheime, von Freddie gefaxte Liste der Mitstreiter eingeweiht hatte.
Geraldine war nicht mehr sie selbst, seit Peter weg war. Anfangs schien es, als habe sie mühelos akzeptiert, dass ihr Sohn abtrünnig war. Sie hatte ihn einen »verdammten Nichtsnutz« genannt und Diana versichert, sie hätte »Besseres verdient«, und sie solle bloß froh sein, dass sie ihn los sei. Und dann hatte sie ihre Schwiegertochter sogar – für sie völlig untypisch – in den Arm genommen.
Doch als Diana sie später in ihrer Einliegerwohnung im Keller besuchte, die Geraldine ihre Rentnerbude nannte, war die alte Dame gerade dabei, einen uralten Koffer zu packen.
Dianas »Was machst du denn da?« hatte sie zunächst mit einem
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