bK-Gruen, Sara
offenen Tür stand, ging sie ganz unbefangen zum
Bett, nahm der Brünetten den Wodka weg und tat einen tiefen Schluck aus der
Flasche.
«Wir sind
gerade fertig mit Arbeit», sagte die Rothaarige an der Tür. Sie inhalierte tief
und blies John den Rauch ins Gesicht.
«Es ist
bereits nach drei, und ich muss in ein paar Stunden wieder aufstehen.»
«Nicht
mein Problem», antwortete die Frau achselzuckend.
«Wird es
aber, wenn ich mich beim Manager beschwere.»
«Ha!»,
schnaubte sie. «Glaube ich nicht.»
Und dann
schloss sie die Tür. Sie knallte sie nicht zu; sie gab ihr einfach einen Stoß
und wandte sich ab. John konnte gerade noch sehen, wie sie ans Bett trat und
nach dem Wodka griff.
John lag
da, wälzte sich von einer Seite zur anderen und versuchte, das Getöse über
sich auszublenden. Schließlich gab er es auf und machte den Fernseher an. Er
zappte sich durch die Kanäle und blieb bei Affenhaus hängen. Die Bonobos schliefen friedlich in ihren
Deckennestern. Die Regie tat alles Mögliche, um die Szene interessanter zu
machen: Gesichter und bebende Lippen in Großaufnahme und übertriebenes
Schnarchen und Zirpgeräusche auf der Tonspur.
Der Anblick
der schlafenden Bonobos machte John wütend, und er schaltete weiter. Ein
vertrocknetes, etwa neunzig Jahre altes Hutzelmännchen mit Achselhemd
präsentierte einen elektrischen Küchenhelfer in Form einer Dampfmaschine, der,
soweit John es beurteilen konnte, aus Rohkost Saft machen konnte und die Reste
einfach hintenraus schoss. Die etwa achtundachtzigjährige Ehefrau des
Hutzelmännchens schlürfte fröhlich den Saft roher Zwiebeln und Roter Bete und
demonstrierte mit strahlendem Lächeln, dass es auf Erden nichts Besseres geben
konnte. Auf dem nächsten Sender räkelte sich eine Frau in Spitzenunterwäsche
auf dem Bett und gurrte lasziv lächelnd ins Telefon. Singles aus der Gegend,
mit Lust, so richtig einen draufzumachen, seien nur einen Telefonanruf entfernt,
sagte der Sprecher. Tiffany warte schon ... Am unteren Bildschirmrand waren
die Telefonnummern eingeblendet.
Um 05:41
Uhr hatte der Krawall im oberen Stock ein Ende. Ein paar Minuten lang
quietschten noch ab und zu die Bettfedern, bis alle bequem lagen, und dann
herrschte endlich selige, selige Ruhe.
Als um
07:30 Uhr Johns Wecker klingelte, hätte er am liebsten geweint. Amanda hatte
sich soeben zum zweiten Mal in Luft aufgelöst, diesmal im entscheidenden
Augenblick. Er hieb auf die Schlummertaste, onanierte mit ebenso viel
Anstrengung wie Traurigkeit, hieb ein zweites Mal auf die Schlummertaste,
schlug die Decke zurück und ging ins Bad, um sich zu waschen. Er war mürbe vor
Schlafmangel und so müde, dass er beim Rasieren viermal einnickte. Als er zurück
ins Zimmer kam, um sich anzuziehen, war sein Gesicht mit winzigen Fetzen
Klopapier gesprenkelt.
John
hatte bereits die Hand auf dem Türknauf, als er sich nochmal umdrehte. Er stand
am Fußende und ließ nachdenklich den Blick vom Bett zur Decke schweifen. Er
stellte seinen Laptop in die Mitte der Matratze, meldete sich bei iTunes an,
lud We Built This City von Jefferson Starship herunter,
stellte den Mediaplayer auf Repeat, drehte voll auf, sammelte seine
Siebensachen zusammen, knallte die Tür hinter sich zu und ging -
***
Das
Telefon riss Isabel aus dem Tiefschlaf. Sie hatte die Vorhänge zugezogen und
griff verwirrt nach dem Handy. «Hallo?», sagte sie, ehe ihr klarwurde, dass der
Hotelapparat klingelte. Sie stützte sich auf den Ellbogen und tastete nach dem
Lichtschalter. «Hallo?», sagte sie wieder, diesmal in das richtige Telefon.
«Guten
Morgen, Miss Duncan. Hier spricht Mario von der Rezeption. Hier ist eine junge
... für Sie.»
«Rosarote
Haare?»
«Ziemlich
rosarot.»
«Schicken
Sie sie bitte hoch.»
«Sehr
gerne.»
Isabel
ging ins Bad und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Sie nahm die kleinen
Fläschchen auf der Ablage zur Hand, die die gute Fee vom Etagenservice ihr
gestern gebracht hatte, und bewunderte insgeheim die Symmetrie ihrer
Anordnung. Sie stellte die Pröbchen exakt an ihren Platz zurück und überlegte,
ob ihr Zeit blieb, ihren Flanellpyjama auszuziehen, als jemand im Rhythmus von Shave and a Haircut an die
Tür klopfte.
Die
letzten beiden Schläge musste Isabel gar nicht mehr hören. Sie riss die Tür
auf. «Celia!»
Celia
sprang ins Zimmer und umarmte sie. «Lass dich ansehen», sagte sie. «Cooler
Schlafanzug. Dreh dich um.»
Isabel
wandte ihr seufzend den Rücken zu und
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