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Black Rose

Black Rose

Titel: Black Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Black Rose
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aber«, fuhr er mit einem Lachen in der Stimme fort, »ob Mr. Morrison
die Vorzüge einer Verzögerung bedacht hat.«
    »Verzögerung?«, fragte Danielle.
    »Ja, Verzögerung. Sind nicht oft die besten Bücher
diejenigen, um die der Autor jahrelang gekämpft hat? Heute haben die Leute es
alle viel zu eilig und sind nur daran interessiert, berühmt zu werden. Aber ich
glaube nicht, dass es das ist, was Sie wollen, oder, Mr. Morrison? Ich
habe den Verdacht, dass das, was Sie wirklich wollen, eine korrekte Darstellung
ist. Sie wollen sicherstellen, dass die Geschichte stimmt, dass Sie in Ihrem
Eifer, alles zu erzählen, was Sie wissen, nichts Wesentliches ausgelassen
haben. Vielleicht können wir das bei anderer Gelegenheit weiterdiskutieren – sagen
wir morgen beim Lunch? Es wird Sie vielleicht überraschen, aber ich
interessiere mich schon lange für die Frage, was Wahrheit ist und wie man sie
am besten erzählt. Natürlich bin ich selbst kein Schriftsteller, aber wenn ich
es wäre, würde ich wohl niemanden wissen lassen, was ich vorhabe, aus Angst,
die Leute würden mir nicht alles sagen, was sie wissen. Vielleicht ist das der
Grund, weshalb einige der interessantesten Bücher, die ich je gelesen habe,
erst posthum veröffentlicht wurden, lange nach dem Tod des Autors.«
20
    Die Motorbarkasse wartete unterhalb der Treppe
hinter der Villa Igiea. Die glühende Mittagssonne hatte das Meer schmelzen
lassen und in einen glatten, metallischen Spiegel verwandelt, der das Licht
unerträglich machte. Die Luft war schwer und Unheil verkündend; der Horizont
verschwand in einem stickigen Dunst. Überall waren Boote zu sehen, die Marina
war voll davon, doch nirgends bewegte sich etwas. Man hätte meinen können, die
Boote wären alle verlassen worden, ihre Eigner an sicherere Orte geflüchtet,
aus Angst, dass das Meer vielleicht Feuer fing. Die Bucht war stumm und still
wie der Tod. Der einzige Laut kam von dem gedämpften Tuckern des Motors, als
die Barkasse das Wasser durchschnitt und auf die Black Rose zuhielt.
    Morrison setzte seine Sonnenbrille auf und lehnte sich
zurück.
    St. James wartete auf ihn, als er die drei Stufen der
Gangway der Black Rose hinaufkletterte.
    »Heiß heute«, bemerkte St. James mit einer Grimasse. Er
reichte Morrison ein Glas Eistee.
    St. James trug ein kurzärmeliges Hemd und Shorts. Seine
Sandalen machten ein knirschendes Geräusch, als er vor Morrison über das Deck
ging und dann eine Treppe zu einem Oberdeck hinaufstieg, wo unter einer
dunkelblauen Markise ein Tisch zum Lunch gedeckt worden war. Es gab nur zwei
Stühle.
    »Danielle wird nicht dazukommen«, sagte St. James und wies Morrison
seinen Platz an. Für die Abwesenheit Danielles gab es keine Erklärung und keine
Entschuldigung. Nur der Ausdruck in St. James’ Augen ließ erkennen, dass es
sich hier um eine rein geschäftliche Angelegenheit handelte, die nur sie beide
etwas anging.
    »Später vielleicht«, fügte er vage hinzu.
    Ein weißlivrierter Kellner hielt sich unauffällig in ihrer
Nähe. In dem Moment, in dem St. James nach seinem Stuhl griff, war er zur
Stelle und zog ihn hervor. St. James machte eine Bemerkung auf Arabisch zu ihm.
Der Kellner sah Morrison an.
    »Würden Sie gern etwas trinken – ich meine, außer dem
Eistee? Was Sie wollen. Wir haben alles an Bord.«
    »Nein, vielen Dank. Eistee ist in Ordnung.«
    Mit ein paar weiteren Worten auf Arabisch entließ St. James
den Kellner. »Ich habe mir gedacht, dass wir uns vor dem Essen ein wenig
unterhalten könnten. Es sei denn, natürlich, Sie haben großen Hunger, dann
können wir …« Seine Stimme verebbte. Er blickte auf seine Hände hinunter, die
er gefaltet auf dem Schoß hielt. Ein dünnes Lächeln zeigte sich auf seinem
breiten, unregelmäßigen Mund. Es schien, als lachte er über irgendeinen Witz,
der nur für ihn einen Sinn ergab.
    »Sagen Sie mir«, sagte er mit einem forschenden Blick, »warum
genau sind Sie hergekommen? Woher wussten Sie, wo Sie mich finden können?« Er
schüttelte den Kopf und stützte sich mit beiden Händen auf den Tisch. »Vielmehr,
woher wussten Sie, dass ich noch lebe? Hat Danielle eine Bemerkung in die
Richtung gemacht, hat sie sich vielleicht verplappert? Irgendetwas muss Sie doch
zu der Vermutung gebracht haben, dass sie Ihnen vielleicht nicht die ganze
Wahrheit über das erzählt hat, was passiert war? Vielleicht ist ihr was
entschlüpft, als Sie beide im Bett lagen?«
    Sein übereifriger Gesichtsausdruck, die Art und Weise,

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