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Blade 02 - Nachtklinge

Blade 02 - Nachtklinge

Titel: Blade 02 - Nachtklinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Courtenay Grimwood
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aus, ohne Elizavets Verlegenheit zu bemerken, und legte seine Kleidung langsam und sorgfältig an, als vollführe er ein Ritual. Er fragte sich, warum der Regent nach ihm schicken ließ. Erst der Besuch von Giulietta, dann die Nachricht ihres Onkels. Und beide hatten sich zu Tychos Feinden erklärt. Die Dogaressa dagegen hatte nichts von sich hören lassen, seit er Giulietta gestanden hatte, dass er ihr im Auftrag ihrer Tante nachspioniert hatte.
    Seitdem war ein Monat vergangen.
    Zum Schluss legte Tycho den Dolch an und wandte sich zur Tür. Seine Miene war ausdruckslos. Er sah aus wie der Inbegriff eines Kämpfers. Niemand konnte ahnen, dass sich darunter eine Bestie verbarg. Oder der Sklavenjunge, der er einst gewesen war.
    »Sag dem Hauptmann, ich komme gleich.«
    Elizavet eilte gehorsam davon.
    Der Anführer der Wachleute, Sohn eines
cittadino
mit mädchenhaften Zügen, hatte vor einer Stunde herrisch an die Tür geklopft und ungläubig vernommen, dass der Hausherr noch im Bett lag. Die Mitteilung, besagter Hausherr müsse sich für das Treffen mit dem Regenten erst ankleiden, hatte seine Laune nicht verbessert.
    Tycho hatte seit Monaten kein Sonnenlicht gesehen. Auch wenn die Brille des Alchemisten und der Rest der Salbe, die er aufgetragen hatte, ihn schützten, fürchtete er das Tageslicht ebenso sehr, wie er sich danach sehnte.
    Er strich sein Haar glatt und steckte es unter den breitkrempigen Hut. Dann ging er langsam die Treppe hinunter, vorbei an Fenstern mit Jalousien und dicken Vorhängen. Er wollte auf das grelle Licht vorbereitet sein.
    »Aha, da seid Ihr ja end…« Der Anführer entschied, dass die Gerüchte über den sonderbaren Herrn Tycho keineswegs übertrieben waren. »Ihr müsst Eure Waffen ablegen.«
    »Alonzo wünscht mich zu sprechen?«
    Die korrekte Anrede war Seine Durchlaucht. Der Hauptmann war erstaunt, dass ein Mann, der gerade zum Ritter geschlagen worden war, die Etikette einfach missachtete. Seine Miene sprach Bände, und Tycho unterdrückte ein Lächeln.
    »Im Allgemeinen schickt man gerade wegen meiner Waffen nach mir.«
    »Die Gondel wartet bereits.«
    »Ich gehe zu Fuß«, erklärte Tycho. »Begleitet mich oder trefft mich am Dogenpalast.«
    Das Trüppchen machte sich auf den Weg zur Holzbrücke am Rialto. Von dort führten schmale Gassen zum Dogenpalast. Tycho war angespannt. Atilo, sein Lehrer, hatte ihm beigebracht, dass ein Assassine stets unsichtbar blieb, sich in die Schatten zurückzog wie in die Arme einer Liebenden und sie um sich breitete wie einen Umhang. Es war ihm zuwider, gesehen zu werden. Er spürte beinahe die Blicke, die ihm folgten, und hörte das leise geflüsterte
Seht euch den an!,
als er in der Vecchio San Giovanni an Ball spielenden Kindern vorbeikam.
    Glücklicherweise waren die Gassen eng und die Häuser hoch. In die Calle de Madonna fiel kaum Tageslicht, während ihn der Kai an der Riva dei Vin ziemlich nervös machte. Sonnenstrahlen sprenkelten die trägen Fluten des Canal Grande und verwandelten sie in geschmolzenes Silber.
    Am schlimmsten war es, die Rialtobrücke zu überqueren.
    Die größte und einzige Zugbrücke, die den Canalasso überspannte, war geöffnet, ein Schwarm kleiner Boote zog eine behäbige genuesische Kogge hinter sich her. Vielleicht hatte sich Tycho zu ungeduldig durch die wartende Menge gedrängt, denn ein breitschultriger Mann drehte sich ungehalten um. Als er den seltsamen Fremdling bemerkte, entschuldigte er sich sofort, im Weg gestanden zu haben.
    »Jetzt versteht Ihr vielleicht, warum ich das Tageslicht meide.«
    »Erregt Ihr immer solches Aufsehen?«, fragte der Anführer.
    »Mein Aussehen ist sogar für venezianische Verhältnisse ungewöhnlich«, erwiderte Tycho und trat beiseite, um eine Nonne, die hastig das Kreuzzeichen schlug, vorbeizulassen.
    »Wenn Ihr selbst zwischen denen da auffallt, dann …«, der Anführer nickte in Richtung der bunten Menge an der Riva del Ferro, wo Mauren, Mamelucken und Mongolen lautstark ihre Waren tauschten.
    »Genau.«
    In Venedig drehte sich alles um Handel und Tausch, hier wurde verkauft, was anderen fehlte: Informationen, Gewürze, Seide, Jade aus Kathai, Waffen und Rüstungen. Kaufleute schlossen Wetten auf die nächste Ernte der Seldschuken, auf Räuberbanden an der Seidenstraße oder die Entdeckung neuer Minen in Afrika ab. Jeder Hautton, jede Augenform und Haarfarbe kamen hier mehr als einmal vor. Bis auf Tychos eigene.
    * * *
    Graf Roderigo erwartete sie bereits oben an der

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