Blitz: Die Chroniken von Hara 2
verheimlichen könnte! Und jetzt hilf mir lieber, das Essen zu verteilen!«
Daraufhin sagte Loss kein Wort mehr.
Schweigend öffnete er die Gittertür. Der Giftzahn trat ein und stellte einen Teller mit dünner Brühe sowie einen Krug mit irgendeinem Fruchtsaft auf den Boden der Zelle. Daneben legte er etwas Schwarzbrot und Schafskäse. Ich rührte mich nicht vom Fleck, denn Loss hielt die ganze Zeit über die Armbrust auf mich gerichtet.
Danach gingen die beiden zur anderen Zelle hinüber.
»An die Wand!«, befahl Loss.
»Richte die Armbrust auf ihn!«, verlangte der Kerl mit dem Essen.
»Hab ich«, erklärte Loss und zielte mit der Armbrust ins Dunkel. »Du weißt, wie die Sache läuft, Blasge. Rühr dich nicht vom Fleck, dann hast du nichts zu befürchten.«
»Das war’s«, verkündete der andere. »Gehen wir.«
»Die Herrin hat sich äußerst großzügig gezeigt, das solltet ihr genießen. Wenn’s nach mir ginge, würdet ihr gar nichts zu essen kriegen.«
»Wir wissen unser Gwalükwa zu schätzen.«
»Komm jetzt! Dass du immer so viel quatschen musst!«
»Bei denen ist es ja nicht verboten«, erwiderte Loss, folgte der Aufforderung aber trotzdem und nahm die Laterne vom Haken.
»He! Wie lange soll ich hier noch hocken?«, rief ich ihnen nach.
»Wirst du schon sehen!«, fauchte der Fiesling.
»Lass die Laterne da, du Schwein!«, brüllte ich, aber meine Worte rauschten an dem Kerl vorbei.
»Du kwannst auch im Dunkweln essen«, tröstete mich der Blasge, als die beiden Kerkermeister wieder verschwunden waren.
»Wie heißt du?«
»Ghbabakh. Ghbabakh aus den Östlichen Sümpfen. Und das ist Yumi. Aber er ist zu schüchtern, um mit dir zu reden.«
»Yumi? Ihr seid also zu zweit?«
»Ja.«
»Wenn du nicht immer von
wir
reden würdest, könnte man meinen, du wärst allein.«
»Wie gwesagwat, Yumi ist sehr schüchtern.«
Hat man so was schon gehört?! Ein schüchterner Blasge. Allerdings fragte ich mich, wie sehr sie sich dort zusammenquetschten – wenn ihre Zelle von derselben majestätischen Größe war wie meine.
»Yumi ist ein seltsamer Name für einen Blasgen.«
»Du bist ein Spaßvogwel, Menschlein«, erwiderte der Blasge lachend. »Yumi sagwat, dass er noch nie einen wie dich gwetroffen hat. Er ist kein Blasgwe. Sondern ein Waiya.«
Ein Waiya? Das sagte mir nichts. Das konnte ebenso gut eine kleine grüne Kaulquappe mit Flügeln sein wie auch ein gehörnter Hamster von der Größe eines ausgewachsenen Wolfes.
»Und wie nennen die Menschen Yumis Volk?«, fragte ich.
»Gwenau so. Waiya. Hast du noch nie von ihm gwehört?«
»Nein.«
»Yumi sagwat, das wundert ihn gwar nicht. Es ist ein kwaleines Volkwa. Es lebt da, wo die Bergwe auf den Sumpf treffen. Ihr nennt das den Wald der Erscheinungwen. Hast du wenigwastens davon schon mal gwehört?«
»Ja.«
Damit hatte ich eine annähernde Vorstellung, worum es sich bei Yumi handelte. Der Wald der Erscheinungen zog sich als schmaler Streifen zwischen der südlichen Grenze der Blasgensümpfe und den Buchsbaumbergen dahin. Viele hatten von diesem Ort schon gehört, aber nur wenige waren tatsächlich einmal dort gewesen. Auf der einen Seite gab es nur steile Berge, auf der anderen den endlosen Sumpf. Es war ein trostloser, bedrückender Ort. Und in den Wäldern dort sollten Gerüchten zufolge Wesen hausen … die man besser mied.
Kurz und gut, die Menschen setzten nur selten einen Fuß in den Wald der Erscheinungen, sodass es durchaus möglich war, dass dort diese Waiya lebten – vielleicht sogar in trauter Nachbarschaft mit einer Großmutter aus dem Reich der Tiefe.
»Dann weißt du ja jetzt, wer Yumi ist«, sagte Ghbabakh.
»Wo sind wir hier eigentlich?«
»In einem Gwefängwanis der Menschen. In einem gwaroßen Haus.«
»Was ist das für ein Haus?«
»Kweine Ahnung. Aber hier lebt ein wichtigwer Mann.«
»Was ist mit der Verdammten?«
»Aus, du Hund!«, fiepte es da aus Ghbabakhs Zelle.
»Das ist Yumi«, stellte mir der Blasge seinen Gefährten vor, um dann zu erklären: »Mein Freund kwennt die Sprache der Menschen nicht besonders gwut. Gwenauer gwesagwat, er weiß nur was von einem Hund. Du darfst ihm das also nicht übel nehmen. Yumi sagwat das nicht, um dich zu ärgwern.«
»Aus, du Hund!«, bestätigte Yumi.
»Er sagwat, dass die Vergwifterin der Sümpfe früher nicht hier gwewohnt hat. Sie ist erst gwekwommen, als wir schon hier eingwesperrt worden waren. Früher hat hier bloß der gwaroße Mann gwewohnt. Der züchtet
Weitere Kostenlose Bücher