Blutflecken (Ein Lucy-Guardino-Thriller) (German Edition)
schmiss ihre Sachen auf den Rücksitz.
»Klar.« Jenna hatte den Fahrersitz freigemacht, noch ehe Lucy um den Ford Taurus herumkommen war.
Als sie sich beide angeschnallt hatten und auf das Kontrollhäuschen zufuhren, fragte Jenna: »Was ist die zweite Bedingung?«
»Bevor du Adams Namen irgendwo erwähnst, klärst du es vorher mit mir ab. Der Junge hat es schwer genug gehabt. Wegen eines unglücklichen Schreis nach Aufmerksamkeit will ich nicht sein Leben zerstören.«
»Damit kann ich leben.«
Lucy winkte dem Wachmann im Vorbeifahren zu und bog dann auf die Carson Street. Sie lächelte, als sie es sich im Fahrersitz bequem machte und mühelos durch den morgendlichen Berufsverkehr glitt. Es war noch nicht einmal 9.00 Uhr und sie riskierte ihre Karriere, weil ihr Bauchgefühl ihr sagte, dass sie das Richtige tat. Einem verlorenen Kind zu helfen, das sie brauchte. Genauso wie vor zwei Monaten. Endlich fühlte sich das Leben wieder gut an.
Adam machte sich auf den Weg zu dem Pick-up, den er auf dem Lehrerparkplatz hinter der Schule abgestellt hatte. Perfektes Timing, um einen weiteren Blick auf Marty und Darrin zu werfen. Weil der Bezirk so groß war, mussten die Schulbusse zwei Touren fahren, was den Kindern, die mit der ersten Fuhre ankamen, die Gelegenheit gab, vor dem Schulgong noch ein bisschen zu spielen. Oder auch nicht. Als Adam sich dem Schulhof auf der hinteren Seite des Gebäudes näherte, entdeckte er Marty und Darrin. Die beiden wurden von allen anderen ignoriert. Eine Gruppe von vier Jungs, die um einiges älter waren als sie, drängte sie in eine Ecke. Schulhofschläger. Wie er die hasste. Adam ging an dem hüfthohen Zaun entlang, der den Schulhof begrenzte. Die Jungen drängten sich in einer entlegenen Ecke in der Nähe des Lehrerparkplatzes, allerdings weit entfernt von den Lehrern, die an der Bushaltestelle standen und außerhalb des Blickfeldes der Überwachungskameras. Er duckte sich hinter das Auto, das in der ersten Reihe parkte. Wenn Adam früher tyrannisiert wurde, hatte er einfach alles über sich ergehen lassen, seinen Mund gehalten und so wenig Schmerzen wie möglich gezeigt. Irgendwann langweilte es seine Peiniger, Adam zu foltern, und sie ließen von ihm ab. Aber jetzt war er derjenige mit der Macht. Er war der große Bruder. Und er würde diese dürren, rotznasigen Dreckskerle nicht seine kleinen Brüder quälen lassen.
»Ich hab gesagt, du sollst mir die Uhr geben, du Opfer.« Adam war jetzt nah genug und konnte mithören. Der Junge, der gesprochen hatte, war der Kleinste der Gruppe – er war dünn, auf diese wieselige Art eines hinterhältigen Rabauken – und ganz offensichtlich der Anführer.
»Nein.« Marty ließ sich nicht unterkriegen und schützte seine Armbanduhr, indem er seine rechte Hand mit Nachdruck über sein linkes Handgelenk hielt. Darrin stand hinter ihm. Er hatte ganz offensichtlich Angst, aber er lief nicht weg. Adam spürte eine Woge Stolz. Guter Junge, er blieb bei seinem Freund. Darrin hatte natürlich keine Ahnung, dass Marty sein Bruder war. Der Anführer trat einen halben Schritt zurück, und seine drei größeren Freunde bauten sich im Halbkreis vor den beiden Sechsjährigen auf.
»Ich sag dir mal was. Ich lasse dir die Wahl. Du gibst mir die Uhr …«
»Du kannst das nicht machen. Die Uhr ist von seinem Dad. Du kannst sie ihm nicht wegnehmen.«
Darrin hatte sich eingeschaltet. Vor lauter Angst quietschte seine Stimme. Der Anführer zeigte mit dem Kinn auf Darrin. Zwei der Jungen packten ihn und schubsten ihn gegen die Mauer.
»Wie gesagt. Du hast die Wahl. Die Uhr. Oder wir wollen uns mal anschauen, wie lang es dauert, bis dein Kumpel hier sich in die Hosen pisst.«
Bevor Adam sich bewegen konnte, versetzte der Oberarsch Darrin einen Boxschlag. Der Kleine hatte nicht einmal die Chance gehabt, sich zu verteidigen. Marty schmiss sich auf den Anführer, wurde aber sofort von dem vierten Jungen gepackt. Der vierte Junge war fast so groß wie Adam. Er hob Marty ohne große Mühe in die Luft und hielt ihn so, dass seine Füße in der Luft zappelten.
»Vier gegen zwei.« Adam trat hinter dem Auto hervor. Er stieg so lässig über den Zaun, als existierte er gar nicht für ihn. Sein Bauch zog sich kurz zusammen, denn er hatte höllisches Glück gehabt, dass er nicht gestrauchelt war, aber das wussten diese Arschlöcher ja nicht. Adam näherte sich ohne Hast und gab ihnen Zeit, nachzudenken.
»Vielleicht sollten wir das ein bisschen ausgleichen. Was
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