Blutiges Eis
teilen. Glauben Sie nicht, Sie wären der Einzige, den sie an der Nase herumgeführt haben. Sie haben nicht mal mir Einsicht in die Akten über Shackley gewährt. Wieso war er Code Rot, wollte ich schon mal als Erstes wissen. Niemand wollte mir Auskunft geben, und sie haben auch die Akte nicht rausgerückt – falls sie überhaupt noch existiert. Und deshalb haben sich unsere Wege getrennt.«
»Und Sie sind hergekommen, um sich zu entschuldigen.«
»Und zu helfen, wenn ich kann.«
»Entschuldigung angenommen, Squier, leben Sie wohl.« Cardinal hielt ihm die Tür auf.
»Warten Sie, John. Lassen Sie mich zu Ende bringen, weshalb ich hergekommen bin, und dann werde ich Sie in Ruhe lassen. Sie waren heute bei Sauvé. Ich bin sicher, der ehemalige Korporal war nicht von großer Hilfe für Sie.«
»Sie sind mir doch nicht gefolgt«, sagte Cardinal und machte die Tür wieder zu. »Niemand ist mir gefolgt.«
»Nein, aber Sie denken logisch, und Sauvé war logischerweise die erste Station. Er hat nicht maff gesagt, stimmt’s? Sie haben gegen eine Wand geredet, möchte ich wetten.«
»Mehr oder weniger.«
Squier machte sich auf seinem Palmtop eine Notiz. »Gut.Wir kommen noch auf Sauvé zurück. Wetten, dass Sie auch bei Theroux nicht weit gekommen sind?«
»Wir haben mit seiner Frau geredet. Sie hat sich als äußerst hilfreich erwiesen.«
»Tatsächlich? Hat sie Ihnen auch erzählt, dass ihr Mann Raoul Duquette gar nicht umgebracht hat?«
»Woher wissen Sie das?«
»Schauen Sie in die Akte, John. Sie sagt das, seit Theroux verurteilt wurde.«
»Nicht offiziell. Sie sagt, Yves Grenelle hätte ihn ermordet.«
»Na ja, damit kommt sie allerdings nicht weit. Offiziell hat niemand je von Grenelle gehört. Und bei CAT würde Ihnen jeder sagen, dass es äußerst unwahrscheinlich ist. Yves Grenelle war ganz und gar Häuptling, kein Indianer. Er war kein Mitglied der Chénier-Zelle; er war kein Mitglied der Befreiungszelle. Bestenfalls war er Kontaktmann zwischen beiden. Sie müssen mir nicht glauben; sehen Sie in den Akten nach.«
»Simone konnte sich gut vorstellen, dass Yves Grenelle Duquette umgebracht haben könnte. Soweit sie wusste, war er ein gewalttätiger Rüpel, der die Welt regieren wollte – oder schon mal Quebec.«
»Sie haben also auch mit Simone Rouault geredet. Mann, Sie sollten sehen, was der CSIS alles über sie hat. Diese Frau verdient einen Orden. Wissen Sie, wie viele sie ins Kittchen gebracht hat?«
»Sie nimmt siebenundzwanzig für sich in Anspruch.«
»Das sind alle, von denen sie weiß. Sie wurde über vieles im Unklaren gelassen.«
»Das wurde sie zweifellos«, sagte Cardinal und musste an den Ausdruck in ihrem Gesicht denken, als sie an Lieutenant Fougère dachte.
»Großartige Frau ganz ohne Zweifel, aber nicht in derLage zu entscheiden, wer Raoul Duquette ermordet hat oder nicht.«
»Sie kannte immerhin Miles Shackley.«
»Natürlich. Er und Fougère arbeiteten eng zusammen, und sie tanzte nach Fougères Pfeife. Aber Rouault war eine Informantin an der Basis, John – effizient, aber an der Basis.«
»Demnach hätten sie Informanten in den höheren Rängen gehabt? Wollen Sie mir etwa weismachen, dass Daniel Lemoyne für die CIA arbeitete?«
Squier grinste. »Der alte Fuchs.«
»Soweit ich es beurteilen kann, war Simone Rouault die beste Informantin, die die Mounties je hatten.«
»Sagen wir mal so, sie ist vorläufig die Einzige, die Ihnen helfen kann. Lieutenant Fougère ist tot, und Lemoyne und Theroux wollen nicht reden.«
»Derjenige, mit dem ich wirklich reden muss, ist Yves Grenelle.«
»Yves Grenelle ist seit 1970 wie vom Erdboden verschluckt, und man hat nie mehr von ihm gehört. Arbeiten Sie mit dem, was Sie haben. Sauvé ist Ihr Mann. Er war im CAT-Team. Zum Teufel, er hat CAT praktisch geleitet. Und trotz seiner kriminellen Neigungen weiß er alles, was man über FLQ wissen sollte.«
»Leider ist er auch eine Sphinx.«
»Zeigen Sie ihm das hier.« Squier griff in seine Mappe und zog einen einmal gefalteten braunen Umschlag heraus.
Cardinal nahm ihn und machte ihn auf.
»Ein Video?«
»Ich hab’s als kleines Abschiedsgeschenk beim CSIS mitgehen lassen. Im Unterschied zu denen bin ich nicht der Meinung, dass kein Handlungsbedarf besteht, wenn ein amerikanischer Staatsbürger auf unserem Boden getötet wird. Vielleicht kann Sie das für den Ärger, den Sie mit uns hatten, ein bisschen entschädigen. Jedenfalls denke ich, dass sich unserehemaliger Mountie und
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